Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Zwischenbeschäftigung. selbständige Tätigkeit. Aufhebung der Bewilligung. grobe Fahrlässigkeit

 

Orientierungssatz

1. Im Anschluß an eine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erst (wieder) gegeben, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, darunter die Arbeitslosmeldung (vgl BSG vom 23.7.1996 - 7 RAr 14/96 = BSGE 79, 66 = SozR 3-4100 § 105 Nr 4).

2. Dieser für den Fall einer abhängigen Beschäftigung aufgestellte Grundsatz muß aber nach Sinn und Zweck der Arbeitslosmeldung auch für den Fall der zwischenzeitlich erfolgten Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen selbständigen Tätigkeit bzw für den Fall einer zeitlichen Ausdehnung einer selbständigen Tätigkeit auf eine mehr als kurzzeitige gelten, denn insoweit behandelt das Gesetz beide Sachverhalte gleich (vgl § 101 Abs 1 S 2 Nr 1 AFG).

3. Das Außerachtlassen von Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wurde, ist im allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, daß der Betreffende nach seiner Persönlichkeitsstruktur und seinem Bildungsstand die Vorschrift nicht verstanden hat (vergleiche BSG vom 20.9.1977 - 8/12 RKg 8/76 = BSGE 44, 264 = SozR 5870 § 13 Nr 2).

 

Tatbestand

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) - auch - für die Zeit vom 27.10. bis 10.11.1997 und die Erstattung von Alg sowie von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.

Der 1958 geborene Kläger war zuletzt ab 01.06.1995 als Arbeiter bei der D. GmbH in B. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, für das eine Kündigungsfrist von 4 Wochen ohne festes Ende galt, endete durch betriebsbedingte arbeitgeberseitige Kündigung vom 08.01. zum 28.02.1997.

Der Kläger meldete sich am 09.01.1997 bei der Beklagten (Arbeitsamt K., Dienststelle Bruchsal) zum 01.03.1997 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Er erhielt das Merkblatt 1 für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten". Die Frage nach der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verneinte er. Mit Bescheid vom 27.02.1997 bewilligte die Beklagte Alg ab 01.03.1997 für 260 Tage nach einem (gerundeten) Bemessungsentgelt von 960,-- DM in Höhe von 334,20 DM wöchentlich. Ein vom Kläger gegen die Höhe des Bemessungsentgelts beantragtes Zugunstenverfahren blieb erfolglos. Er bezog diese Leistung mit Unterbrechung wegen einer Ortsabwesenheit ab 13.11.1997 und unter Berücksichtigung der zum Jahreswechsel erfolgten Änderung der Leistungsverordnungen bis zur Anspruchserschöpfung am 01.02.1998.

Tatsächlich übte der Kläger bereits seit Februar 1994 eine selbständige Tätigkeit als Pyrotechniker (Aufbau und Abschuß von Feuerwerken) aus, wobei er noch im Januar und Februar 1997, dann aber erst wieder ab Juni 1997 entsprechende Aufträge hatte, was er der Beklagten im Juni 1997 mitteilte und hierbei angab, pro Feuerwerk würden ca. 16 Arbeitsstunden anfallen. Es handle sich je nach Auftragslage um 0 bis 3 Feuerwerke pro Monat, jedoch bisher nie um mehr als 15 pro Jahr. Der Kläger beantwortete Anfragen der Beklagten zu den Einnahmen und Ausgaben im Juni und Juli 1997 im wesentlichen unter Vorlage einer Gewinn- und Verlustberechnung für das Jahr 1996, gab an, er erwarte für das Jahr 1997 keinen bzw. nur einen unwesentlich höheren Gewinn, und teilte in diesem Zusammenhang mit, er könne keine Angaben zum wöchentlichen Nebeneinkommen machen. Deswegen vereinbarte er mit dem zuständigen Sachbearbeiter, die Abrechnung über das erzielte Nebeneinkommen erst zu Beginn des Folgejahres (im Zusammenhang mit der Erstellung der Einkommenssteuererklärung) vorzulegen. In der Folgezeit war der Kläger in der 26., 28. bis 31. und 33. bis 35. Kalenderwoche jeweils zwischen 6 und 16 Stunden tätig. In der 39. bis 43. Kalenderwoche und damit vom 22.09. bis 26.10.1997 war er demgegenüber jeweils über 18 Stunden tätig. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung auf Bl. 31 der Leistungsakte Bezug genommen. Den Umfang seiner selbständigen Tätigkeit teilte der Kläger der Beklagten erst auf deren Aufforderung im Januar 1998 mit, nachdem er - nach einer Vorsprache im August 1997 - erstmals wieder am 11.11.1997 u. a. im Zusammenhang mit einer Veränderungsmitteilung persönlich bei der Beklagten vorgesprochen hatte.

Mit Bescheid vom 20.03.1998 hob die Beklagte - ohne Anhörung - die Entscheidung über die Bewilligung von Alg gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit vom 22.09. bis 10.11.1997 ( und damit unter Berücksichtigung der von der Beklagten als erneute Arbeitslosmeldung angenommenen persönlichen Vorsprache des Klägers am 11.11.1997) auf und forderte gemäß § 50 Abs. 1 SGB X Alg in Höhe von 2.395,10 DM sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 842,12 DM zurück. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 38 der Leistungsakte verwiesen. Mit - bestandskräftigem - Bescheid vom 14.04.1998 nahm sie ferner für den Leistungszeitraum vom 01.07. bis 31.08.1997 eine Anrechnung von Nebeneinkommen vor.

Mit seinem ge...

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