Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Arbeitsgelegenheit. fehlende Zusätzlichkeit. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Arbeitsleistung ohne Rechtsgrund. Wertersatz. Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Eine Verjährungsfrist von 4 Jahren stellt ein allgemeines Rechtsprinzip im Sozialrecht dar und gilt auch für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.
Orientierungssatz
1. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch gleicht eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage aus und verschafft dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des Erlangten, wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt ist oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen stattgefunden haben (vgl BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R = BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7 und B 14 AS 101/10 R = SozR 4-4200 § 16 Nr 8 sowie vom 27.8.2011 - B 4 AS 1/10 R = BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9).
2. Die Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechen - soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind - denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (§§ 812 ff BGB). Die Erstattung für rechtsgrundlos erbrachte Arbeit ist, da die erlangte Arbeitsleistung selbst nicht herausgegeben werden kann, entsprechend § 818 Abs 2 BGB auf den Ersatz ihres Wertes gerichtet (vgl BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R aaO).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Wertersatz für die in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung bei der W. B.- und Q. m. G. G. (W.) geleistete Arbeit des Klägers.
Der 1952 geborene, verheiratete Kläger, von Juli 2000 bis Dezember 2002 zum IT-System-Kaufmann umgeschult, bezog vom 20. Januar 2003 bis 26. Februar 2004 Arbeitslosengeld sowie anschließend bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe; außerdem erhielt er von der Wohngeldstelle ab 1. April 2004 Wohngeld. Anschließend standen er und die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - seine Ehefrau (geb. 1965) und die beiden gemeinsamen Kinder (geb. 1995 und 2000) - vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 sowie sodann wieder ab dem 10. Mai 2007 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten, der Arbeitsgemeinschaft Landkreis E. (i.F. ebenfalls Beklagter), im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Bereits am 24. November 2004 hatte der Kläger im Rahmen einer Gruppeninformation zu Arbeitsgelegenheiten bei der W. vorgesprochen. Bei der W. handelt es sich um ein Dienstleistungsunternehmen mit verschiedenen Einsatz- und Tätigkeitsfeldern, das im Auftrag des Trägers der Grundsicherung nach dem SGB II unterschiedlichste arbeitsmarktpolitische Maßnahmen umsetzt (vgl. die Selbstdarstellung im Arbeitszeugnis vom 14. November 2006). Dort war der Kläger schließlich in der Zeit ab dem 1. Januar 2005 als Programmentwickler im Betriebsteil Sozialer Dienst tätig. Die monatliche Beschäftigungszeit sollte sich auf insgesamt 100 Stunden belaufen; die Mehraufwandsentschädigung betrug 2,00 Euro pro geleistete Stunde. Die Abberufung erfolgte zum 31. Oktober 2005.
Am 15. November 2005 übernahm die W. den Kläger in ein zunächst auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis als “Bürokraft„ (Schwerpunkt: Verwaltung Sozialer Dienst, Programmierung und Einführung des Programms “DB W.„); bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden belief sich die monatliche Vergütung ausweislich des Arbeitsvertrags vom 15. November 2005 auf 2.016,47 Euro brutto. Das Arbeitsverhältnis endete (nach einer weiteren Befristung) zum 14. November 2006; danach bezog der Kläger bis 14. Mai 2007 Arbeitslosengeld. Im Rahmen eines vor dem Arbeitsgericht Freiburg (4 Ca 66/07) am 20. März 2007 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs verpflichtete sich die W., dem Kläger für die Nutzung des Programms “DB W.„ 1.200,00 Euro als Lizenzgebühr zu zahlen.
Am 30. Dezember 2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren auf Verurteilung des Beklagten auf Wertersatz für die im Rahmen des “Ein-Euro-Verhältnisses„ als Programmentwickler geleistete Arbeit. Ihm stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, weil es der Arbeitstätigkeit am Merkmal der “Zusätzlichkeit„ gefehlt habe. In der Klageschrift hat der Kläger zunächst die Zahlung von 21.427,00 Euro (nebst Zinsen) verlangt, den Betrag der Hauptforderung im Schriftsatz vom 31. Januar 2014 jedoch auf 20.340,00 Euro korrigiert; dieser Betrag ergebe sich aus einer monatlichen Arbeitszeit von 107,50 Stunden (25 Stunden/Woche x 4.3 Wochen) sowie einem Stundensatz von 18,93 Euro (= 2.034,98 Euro/Monat), welcher sich aus dem durchschnittlichen Gehalt eines Softwareentwicklers von mindestens 3.256,00 Euro und einer Vollzeitbeschäftigun...