Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Vorrangigkeit des Horizontalvergleichs. Bildung einer engeren Vergleichsgruppe. apparative Praxisausstattung. Praxisbesonderheit

 

Orientierungssatz

1. Der Horizontalvergleich hat Vorrang vor anderen Prüfmethoden (vgl BSG vom 15.11.1995 - 6 RKa 43/94 = BSGE 77, 53 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 und BSG vom 9.9.1998 - B 6 KA 50/97 R = SozR 3-2500 § 106 Nr 45).

2. Ein zwingender Grund, die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht anhand des Horizontalvergleiches vorzunehmen, liegt immer dann vor, wenn der Prüfung nach Durchschnittswerten iS des Horizontalvergleiches die Grundlage entzogen ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Vermutung, dass der Durchschnitt einer Fachgruppe wirtschaftlich handelt, sich nicht als zutreffend erweist (vgl BSG vom 9.6.1999 - B 6 KA 21/98 R = BSGE 84, 95 = SozR 3-2500 § 106 Nr 47).

3. Wegen Besonderheiten oder Schwerpunkten des zu prüfenden Arztes sind die Prüfgremien nicht von vornherein verpflichtet, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden. Die Prüfgremien können sich damit begnügen, unterschiedliche Leistungsangebote und Behandlungsweisen eines Vertragsarztes bei späteren Prüfungsschritten zu berücksichtigen.

4. Eine apparative Praxisausstattung kann nur dann eine Praxisbesonderheit sein, wenn etwa zur Durchführung bestimmter apparativer Untersuchungen Überweisungen eingehen (vgl BSG vom 9.5.1985 - 6 RKa 31/84 = SozR 2200 § 368n Nr 39).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.09.2002; Aktenzeichen B 6 KA 41/01 R)

BSG (Beschluss vom 07.06.2002; Aktenzeichen B 6 KA 103/01 B)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung der Honorarabrechnungen der Quartale 2/95 bis 4/95.

Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin in R zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er besitzt eine abgeschlossene Weiterbildung als Radiologe. Die Beigeladene Nr. 1 erteilte ihm die Genehmigung zur Erbringung der gesamten Röntgendiagnostik einschließlich der Nasennebenhöhlen. Seine vertragsärztliche Tätigkeit übte er in den streitigen Quartalen in Gemeinschaftspraxis mit dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. U aus. Die Gemeinschaftspraxis wurde zum 31.12.1995 aufgelöst. Seitdem besteht eine Praxisgemeinschaft. Dr. U ist ebenfalls als Arzt für Allgemeinmedizin in R zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er besitzt eine Weiterbildung von insgesamt zweieinhalb Jahren in Chirurgie und dreieinviertel Jahren in Orthopädie und war vor seiner Zulassung als Vertragsarzt zwei Jahre als Oberarzt an einer orthopädischen Rehabilitationsklinik tätig. Er führt die Zusatzbezeichnungen "Chirotherapie" und "Sportmedizin" und hat u.a. die Genehmigung zur Erbringung der Röntgendiagnostik des gesamten Skeletts sowie die komplette dopplersonographische Genehmigung.

Die Gemeinschaftspraxis behandelte im Quartal 2/95 1472 Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, davon 421 Rentnerversicherte (Fachgruppe der Allgemeinärzte/praktischen Ärzte im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 854 Versicherte, davon 233 Rentnerversicherte), im Quartal 3/95 1445 Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, davon 407 Rentnerversicherte (Fachgruppe der Allgemeinärzte/praktischen Ärzte im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 864 Versicherte, davon 236 Rentnerversicherte) und im Quartal 4/95 1431 Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, davon 398 Rentnerversicherte (Fachgruppe der Allgemeinärzte/praktischen Ärzte im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 867 Versicherte, davon 232 Rentnerversicherte). Die Honorarforderung je Fall betrug im Quartal 2/95 1622 Punkte (Fachgruppe der Allgemeinärzte/praktischen Ärzte im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 856 Punkte), im Quartal 3/95 1502 Punkte (Fachgruppe der Allgemeinärzte/praktischen Ärzte im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 837 Punkte) und im Quartal 4/95 1610 Punkte (Fachgruppe der Allgemeinärzte/praktischen Ärzte im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 921 Punkte). Die Beigeladene Nr. 1 beantragte die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Gemeinschaftspraxis (Schreiben vom 20.11.1995, 20.2.1996 und 20.5.1996).

Der Prüfungsausschuss kürzte im Quartal 2/95 die Honorarforderung um DM 14.098,70, was einer Kürzung der Leistungsgruppe Sonderleistungen um 20% entspricht (Beschluss vom 25.1.1996/Bescheid vom 1.4.1996), im Quartal 3/95 um DM 6.178,80, was einer Kürzung der Leistungsgruppe Sonderleistungen um 10% entspricht, und erteilte eine Beratung bezüglich der radiologischen Leistungen (Beschluss vom 13.6.1996/Bescheid vom 9.7.1996) sowie im Quartal 4/95 um DM 16.910,97, was einer Kürzung der Leistungsgruppe Sonderleistungen um 20%, der Geb.-Nrn. 5011 und 5030 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) um 50% und der Geb.-Nrn. 5023 und 5053 EBM um 20% entspricht (Beschluss vom 8.7.1996/Bescheid vom 22.8.1996).

Der Kläger und Dr. U erhoben gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses jeweils Widerspruch. Sie verwiesen auf die vorangegangenen Quartale und hielten Praxisbesonderheiten (überdurchschnittliche, umfangreiche Son...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge