Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Prüfgremien. Bildung engerer Vergleichsgruppen bei Doppelzulassung. Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise. offensichtliches Mißverhältnis. Praxisbesonderheiten

 

Orientierungssatz

1. Die Prüfgremien sind nicht verpflichtet, engere Vergleichsgruppen zu bilden, auch nicht im Hinblick darauf, daß ein Vertragsarzt eine Doppelzulassung als Internist und Radiologe hat.

2. Die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise muß sowohl insgesamt als auch in jedem Teilbereich gegeben sein, also sowohl beim Gesamtfallwert als auch in jeder einzelnen Sparte und bei jeder Einzelleistung (vgl BSG vom 5.11.1997 - 6 RKa 1/97 = SozR 3-2500 § 106 Nr 42).

3. Die Annahme, wann die Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis überschritten ist, hängt vom Einzelfall ab und obliegt der Beurteilung der Prüfgremien. In ständiger Rechtsprechung hat das BSG die Grenzziehung bei Überschreitungen um "50 %", bei Einzelleistungen aber auch höher gebilligt (vgl ua BSG vom 18.6.1997 - 6 RKa 52/96 = SozR 3-2500 § 106 Nr 41).

4. Bei Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten müssen die Auswirkungen von kostenerhöhenden Praxisbesonderheiten, die bekannt sind oder anhand von Behandlungsausweisen oder Angaben des Arztes erkennbar sind, bestimmt werden, ehe sich auf der Grundlage der statistischen Abweichung eine verlässliche Aussage über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit der Behandlungs- oder Verordnungsweise treffen läßt. Zu diesem Zweck ist regelmäßig der auf die festgestellte Praxisbesonderheit entfallende Kostenanteil von dem Gesamtfallwert abzuziehen und - ausgehend von dem danach verbleibenden Fallwert - die jeweilige Überschreitung im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt zu ermitteln.

5. Als Praxisbesonderheiten des geprüften Vertragsarztes kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen sind. Dass bestimmte Leistungen erbracht werden, reicht für sich allein nicht aus, um eine Praxisbesonderheit annehmen zu können (vgl BSG vom 21.6.1995 - 6 RKa 35/94 = SozR 3-2500 § 106 Nr 27).

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Kürzung ihrer Honoraranforderungen der Quartale 1/96 und 2/96 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.

Die Klägerin ist als Internistin zur vertragsärztlichen Versorgung in R zugelassen. Sie ist berechtigt, die Zusatzbezeichnung "Endokrinologie" zu führen. Der Kläger ist als Internist und Radiologe zur vertragsärztlichen Versorgung in R zugelassen. Die Kläger üben ihre vertragsärztliche Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis aus.

Im Quartal 1/96 behandelten die Kläger 2043 Primär- und Ersatzkassenpatienten, davon 583 Rentnerversicherte (Fachgruppe der hausärztlich tätigen Internisten im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 917 Primär- und Ersatzkassenpatienten, davon 313 Rentnerversicherte). Die Honoraranforderung je Fall betrug 1859 Punkte (Fachgruppe der hausärztlich tätigen Internisten im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 1430 Punkte). Die hausärztliche Grundvergütung wurde den Klägern in 1129 Fällen gezahlt.

Mit Schreiben vom 02.09.1996 beantragte die Beigeladene Nr. 1 die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Quartales 1/96 nach Durchschnittswerten. In einer Stellungnahme zum Prüfantrag (Schreiben vom 23.09.1996) verwiesen die Kläger darauf, dass es für ihre internistisch-radiologische Gemeinschaftspraxis an ausreichenden Vergleichspraxen gleicher Praxiskonstruktion mangele. Der erhöhte Ansatz der Geb.-Nr. 5 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) werde durch die seit 10 Jahren durchgeführte regelmäßige Samstagssprechstunde erklärt. Die Röntgenleistungen seien im Rahmen früherer Prüfungen ausgiebig analysiert und im wesentlichen für gerechtfertigt erklärt worden.

Der Prüfungsausschuss beschloss eine Honorarkürzung an der Geb.-Nr. 5 EBM in Höhe von 25 %, eine Umwandlung der Geb.-Nr. 5054 EBM in die Geb.-Nr. 5053 EBM in Höhe von 20 % und eine Beratung zum Ansatz der Geb.-Nrn. 5011, 5092 und 5300 EBM (Beschluss vom 26.11.1996/Bescheid vom 20.01.1997). Die Kürzung entspricht einem Betrag von DM 10.376,43. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger am 19.02.1997 Widerspruch.

Im Quartal 2/96 behandelten die Kläger 2020 Primär- und Ersatzkassenpatienten, davon 592 Rentnerversicherte (Fachgruppe der hausärztlich tätigen Internisten im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 859 Primär- und Ersatzkassenpatienten, davon 314 Rentnerversicherte). Die Honoraranforderung je Fall betrug 1962 Punkte (Fachgruppe der hausärztlich tätigen Internisten im Bereich der Beigeladenen Nr. 1: 1399 Punkte). Die hausärztliche Grundvergütung wurde den Klägern in 1198 Fällen gezahlt. Die Beigeladene Nr. 1 beantragte mit Schreiben vom 29.11.1996 die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Quartales 2/96 nach Durchschnittswerten. In einer Stellungnahme zum Prüfantrag (Schreib...

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