Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherung. Festsetzung der Pflegesätze eines Pflegeheims durch die Schiedsstelle. Ermittlung der Höhe der leistungsgerechten Vergütung durch externen Vergleich
Orientierungssatz
1. Die Höhe der leistungsgerechten Vergütung iS von §§ 82 Abs 1 S 2, 84 Abs 2 S 1 SGB 9 ist über die Feststellung von Marktpreisen zu bestimmen. Die Methode der Wahl für die Ermittlung des Marktpreises ist der externe Vergleich (vgl BSG vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R = SozR 3-3300 § 85 Nr 1). Die Gründe für den Übergang auf eine andere Vergleichsmethode sind in der Begründung darzulegen.
2. Für die Vergleichbarkeit kann davon ausgegangen werden, dass alle Pflegeheime, die über einen nicht gekündigten Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen verfügen, die gesetzlichen Voraussetzungen gleichermaßen erfüllen und die nach dem SGB 11 geforderte Qualität der Leistungen der stationären Pflege erbringen.
3. Eine unterschiedlich hohe Platzzahl der jeweiligen Heime und eine unterschiedliche Anzahl von Heimbewohnern in den jeweiligen Pflegestufen stellen die Vergleichbarkeit nicht in Frage.
4. Einem externen Vergleich steht nicht entgegen, dass keine umfassenden Daten über vergleichbare Heime zur Verfügung gestellt werden.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. März 2005 aufgehoben und der Schiedsspruch der Beklagten vom 19. März 2002 insoweit aufgehoben, als er die Festsetzung der weitergehenden Beträge der Pflegevergütung und des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung zurückgewiesen hat. Insoweit wird die Beklagte verurteilt, erneut über die Festsetzung der Pflegevergütung und des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung für die Seniorenresidenz S für die Zeit vom 10. Januar bis 31. Dezember 2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf € 62.500,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Festsetzung höherer Pflegesätze für die Zeit vom 10. Januar bis 31. Dezember 2002.
Die Klägerin betreibt seit 1996 das Altenpflegeheim Seniorenresidenz S in C. Zwischen der Klägerin und den Landesverbänden der Pflegekassen besteht ein Versorgungsvertrag. Das Pflegeheim verfügte im streitigen Zeitraum über 63 Pflegeplätze, einschließlich dreier Kurzzeitpflegeplätze. Die durchschnittliche Auslastung lag bei 97 vom Hundert (v. H.). Den Bewohnern standen sieben Einzelzimmer und 28 Doppelzimmer zur Verfügung. Jedem Zimmer war eine Nasszelle zugeordnet. Zum damaligen Zeitpunkt waren acht Bewohner nicht erheblich pflegebedürftig, 27 Bewohner in die Pflegestufe I, 24 Bewohner in die Pflegestufe II und vier Bewohner in die Pflegestufe III eingruppiert. Für den pflegerischen und sozialen Betreuungsdienst standen 13,55 Fachkräfte als Vollzeitkräfte und 11,75 Pflegehilfskräfte zur Verfügung. Der Personalschlüssel betrug 1:2,49, die Pflegekennziffer lag bei 114,10. Die Vergütung der Beschäftigten erfolgte in Anlehnung an den BAT. Die durchschnittlichen Personalkosten im Bereich der Klägerin lagen bei DM 70.000,00. Zuletzt beliefen sich die mit den Beigeladenen in einer Vereinbarung festgesetzten täglichen Vergütungssätze ab dem 1. Februar 1999 sowie nach einer zum 1. August 2000 von der Klägerin in Anspruch genommenen allgemeinen Erhöhung jeweils auf:
Pflegeklasse I
€ 35,39 (DM 69,22)
Pflegeklasse II
€ 44,24 (DM 86,53)
Pflegeklasse III
€ 60,90 (DM 119,11)
Unterkunft und Verpflegung
€ 17,07 (DM 33,39).
Unter Vorlage einer Entgeltkalkulation vom 7. August 2001 forderte die Klägerin die Beigeladenen zu Verhandlungen über eine neue Vergütungsvereinbarung auf. Die Pflegesatzverhandlung fand am 1. Oktober 2001 statt. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden, wobei zuletzt folgende täglichen Entgelte die Klägerin forderte und die Beigeladenen anboten:
Forderung
Angebot
Pflegeklasse I
€ 40,19 (DM 78,61)
€ 36,71 (DM 71,80)
Pflegeklasse II
€ 50,21 (DM 98,21)
€ 46,99 (DM 91,90)
Pflegeklasse III
€ 63,54 (DM 124,27)
€ 61,36 (DM 120,00)
Unterkunft und Verpflegung
€ 17,08 (DM 33,40)
€ 17,13. (DM 33,50)
Nach dem Scheitern der Verhandlungen beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 bei der Beklagten die Festsetzung von Entgelten für die stationäre Pflege und die Festsetzung des Pflegezeitraums, beginnend ab dem Tag der Anrufung. Mit Schreiben vom 7. Januar 2002 (Eingang 10. Januar 2002) präzisierte sie ihren Antrag dahin, für die Zeit vom 4. Oktober 2001 bis 31. Dezember 2002 die täglichen Entgelte wie folgt festzusetzen:
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Pflegeklasse I |
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€ 43,24 (DM 84,57) |
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Pflegeklasse II |
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€ 54,05 (DM 105,71) |
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Pflegeklasse III |
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€ 67,02 (DM 131,08) |
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Unterkunft und Verpflegung |
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€ 18,05 (DM 35,30). |
Zur Begründung ihres Antrags führte sie aus, die bisher vereinbarten Entgelte hätten zur Kostendeckung nicht ausgereicht. Es seien insbesondere in den Jahren 2000 und 200...