Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung der Pflegesätze durch die Schiedsstelle. Überschreitung des Beurteilungsspielraums
Leitsatz (amtlich)
Die Schiedsstelle überschreitet den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum, wenn sie für die Festsetzung der Pflegesätze eines Pflegeheims, das ein nicht tarifgebundener Heimträger betreibt, im externen Vergleich nur die Pflegeheime in den Vergleich mit einbezieht, deren Träger ebenfalls nicht tarifgebunden sind.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. April 2006 aufgehoben und der Schiedsspruch der Beklagten vom 7. September 2004 insoweit aufgehoben, als er die Festsetzung der weitergehenden Beträge der Pflegevergütung und des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung zurückgewiesen hat. Insoweit wird die Beklagte verurteilt, erneut über die Festsetzung der Pflegevergütung und des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung für das Pflegeheim A. für die Zeit vom 1. November 2004 bis 31. Dezember 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird auf 115.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe die Pflegevergütungen sowie das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung für die von der Klägerin erbrachten Leistungen für die Zeit vom 1. November 2004 bis 31. Dezember 2005 festzusetzen sind.
Die Klägerin betreibt das Pflegeheim A. in K., in dem 73 Pflegeplätze vorgehalten werden. Sie verfügt über einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Pflegekassen. Sie ist nicht tarifgebunden.
Mit Schiedsspruch vom 19. März 2002 setzte die Beklagte die Pflegevergütung sowie das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung für die Zeit vom 16. November 2001 bis 31. Dezember 2002 wie folgt pro Berechnungstag fest:
|
Pflegeklasse I |
41,12 € |
Pflegeklasse II |
51,44 € |
Pflegeklasse III |
65,51 € |
Entgelt für Unterkunft und Verpflegung |
17,63 € |
Für den Pflegesatzzeitraum vom 1. März bis 31. Dezember 2003 wurde auf der Grundlage einer Leistungs- und Qualitätsvereinbarung am 25. Februar 2003 eine Pflegevergütungsvereinbarung geschlossen, in deren § 1 folgende Vergütung und folgendes Entgelt vereinbart wurden:
|
Pflegeklasse I |
42,50 € |
Pflegeklasse II |
55,30 € |
Pflegeklasse III |
71,30 € |
Unterkunft und Verpflegung |
18,95 €. |
Der vereinbarten Vergütung lag eine Bewohnerstruktur von 16 Bewohnern in Pflegestufe I, 32 Bewohnern in Pflegestufe II und 25 Bewohnern in Pflegestufe III zugrunde (§ 3). Weiter war folgender Personalschlüssel vereinbart (§ 2):
|
Leitung und Verwaltung |
1:30 |
Hauswirtschaft und Technik |
1:5,9 |
Pflegebereich |
|
Pflegestufe I |
1:3,13 |
Pflegestufe II |
1:2,23 |
Pflegestufe III |
1:1,65 |
Fachkraftquote |
50 von Hundert (v.H.) |
In den Pflegesatzverhandlungen hatte die Klägerin eine prospektive Kalkulation für das Jahr 2003 mit folgenden Kosten vorgelegt:
|
Leitung und Verwaltung |
47.751 € pro 1 Vollzeitkraft (VK) |
Hauswirtschaft und Technik |
30.295 € pro 1 VK |
Pflege und soziale Betreuung |
37.000 € pro 1 VK |
Mit Schreiben vom 23. April 2004 forderte die Klägerin die Beigeladenen zu Verhandlungen über den Abschluss einer neuen Leistungs- und Qualitätsvereinbarung gemäß § 80a des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) sowie über eine neue Pflegesatzvergütung gemäß § 84 SGB XI auf. Sie forderte für den Zeitraum vom 1. Juni 2004 bis 31. Mai 2005 die Vereinbarung folgender Entgelte:
|
Pflegeklasse 0 |
36,79 € |
Pflegeklasse I |
47,94 € |
Pflegeklasse II |
62,95 € |
Pflegeklasse III |
81,30 € |
Unterkunft und Verpflegung |
22,03 € |
Sie legte eine Kalkulation der aus ihrer Sicht zu erwartenden Kosten vor. In dieser Kalkulation beschrieb sie den finanziellen Aufwand als Arbeitgeberin für die Stellen in der Verwaltung, in der Pflege sowie im hauswirtschaftlichen Bereich und ging dabei von folgenden Personaldurchschnittskosten aus:.
|
Leitung und Verwaltung |
46.000 € pro 1 VK |
Hauswirtschaft und Technik |
31.136 € pro 1 VK |
Pflege und soziale Betreuung |
41.000 € pro 1 VK. |
Sie verwies darauf, ihr sei jedenfalls ein Arbeitgeberaufwand beim Personal zuzubilligen, der sich auf die durchschnittlichen tariflichen Aufwendungen belaufe.
In der Pflegesatzverhandlung am 18. Juni 2004 wurde eine Leistungs- und Qualitätsvereinbarung abgeschlossen, in der die Bewohnerstruktur mit 14 Bewohnern in der Pflegestufe I, 33 Bewohnern in der Pflegestufe II und 26 Bewohnern in der Pflegestufe III festgelegt wurde. Die bisherigen Personalschlüssel für Leitung und Verwaltung, Hauswirtschaft und Technik, Pflege und soziale Betreuung sowie die Fachkraftquote wurden unverändert beibehalten. Eine Vergütungsvereinbarung wurde nicht geschlossen.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Pflegevergütung sowie die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung für die Zeit ab dem übernächsten Monat nach der Entscheidung der Beklagten in der be...