nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Stuttgart (Entscheidung vom 13.03.2002; Aktenzeichen S 6 U 4042/99) |
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. März 2002 und der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. Juli 1996 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, die beim Kläger bestehende Lenden-wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klä-gers als Berufskrankheit (BK 2108) festzustellen und ihm deshalb eine Rente zu gewäh-ren ist.
Der 1942 geborene Kläger machte ab April 1956 eine Lehre als Zimmermann und war nach deren Abschluss bis Ende März 1962 als Zimmermann tätig. Anschließend arbei-tete er - unterbrochen durch die Bundeswehrzeit von Januar 1966 bis Juni 1967 und eine Zeit der Arbeitslosigkeit von 15.05.1986 bis 30.08.1986 - bei verschiedenen Firmen als Estrichlegerhelfer bzw. Estrichleger, zuletzt ab Oktober 1986 bei der E. H. GmbH, B ... Ab Dezember 1993 war er wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig krank; mit Bescheid vom 10.10.1995 bewilligte ihm die Landesversicherungsanstalt Württemberg (LVA) Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.01.1994. Im September 1994 wies die In-nungskrankenkasse Stuttgart (IKK) unter Beifügung eines Schreibens der Gemein-schaftspraxis Dr. W.-G. und Dr. St.-W., W., vom 06.09.1994 und eines vom Kläger aus-gefüllten Fragebogens vom 11.08.1994 darauf hin, dass beim Kläger möglicherweise eine berufsbedingte Bandscheibenerkrankung vorliege. Die Beklagte veranlasste weite-re Angaben des Klägers unter dem 25.01.1995 (Fragebogen). Zusätzlich holte sie von der AOK Rems-Murr den Auszug aus dem Leistungsverzeichnis vom 09.01.1995 ein, aus dem sich ergab, dass der Kläger erstmals vom 05.10. bis 21.10.1964 wegen einer Ischialgie links arbeitsunfähig gewesen war. Bei Dr. W.-G. holte sie den Befundbericht vom 23.01.1995 und bei Dr. U. den Befundbericht vom 30.01.1995 ein. Dr. W.-G. teilte mit, dass sie den Kläger erstmals am 05.10.1964 wegen Kreuzschmerzen mit Ausstrah-lung ins linke Bein behandelt habe. Seit 1964 bestehe eine laufende Progredienz. Sie fügte ihrem Bericht verschiedene Arztbriefe, darunter den Brief des Facharztes für Chi-rurgie, Dr. St. vom 14.10.1964 bei, in dem eine geringe Verschmälerung des Zwi-schenwirbelraumes L2/L3 beschrieben wurde. Die übrige Lendenwirbelsäule sei dage-gen völlig unauffällig. Ebenfalls beigefügt war der Entlassungsbericht der F.-Klinik B. B. vom 26.05.1994, in dem eine chronisch rezidivierende Lumbalgie bei Osteochondrose beschrieben wurde. Der Orthopäde Dr. U. teilte mit, dass er den Kläger seit Oktober 1983 behandle, wegen Wirbelsäulenbeschwerden habe ihn der Kläger erstmals im Feb-ruar 1985 in Anspruch genommen. Er habe über belastungsabhängige Schmerzen im Lumbalbereich geklagt. Der Praxisnachfolger von Dr. St., Dr. Sch., teilte mit, dass ihm keine Unterlagen über den Kläger vorlägen (Schreiben vom Februar 1995). Schließlich zog die Beklagte von der IKK das Leistungsverzeichnis vom 14.03.1995 und von der LVA medizinische Unterlagen aus dem Rentenverfahren bei. Der Technische Auf-sichtsdienst (TAD) der Beklagten verwies in seiner Stellungnahme vom 20.06.1995 für die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Zimmerer und als Helfer/Transporteur bei Est-richlegearbeiten bzw. Estrichleger wegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen einer Berufskrankheit auf die Belastungsdokumentationen Zimmerer so-wie Estrichleger und Helfer.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. W. von der Berufsgenossenschaft-lichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) gemeinsam mit Dr. B. und Dr. K. das Gutachten vom 29.08.1995. Die Gutachter beschrieben beim Kläger ausgeprägte degenerative Verän-derungen der Lendenwirbelsäule mit Höhenminderung der Zwischenwirbelräume, sub-chondrale Sklerosierungen, aber auch Veränderungen im Sinne eines Wirbelgleitens der Segmente L3/L4, sowie ausgeprägte degenerative Veränderungen auch der Hals- und Brustwirbelsäule. Die degenerativen Veränderungen seien über dem Segment L4/L5 ausgeprägter. Die Veränderungen der Wirbelsäule im Sinne einer Osteochondro-se und Osteospondylose seien als schicksalhaft verlaufende degenerative Grunder-krankung anzusehen, die nicht durch beruflich belastende Tätigkeiten ausgelöst werden könne. Den degenerativen Veränderungen und den Beschwerden des Klägers müsse im Zusammenhang mit den auch an anderen Extremitäten auftretenden degenerativen Veränderungen und Beschwerden sowie auch im Zusammenhang mit der hageren Physiognomie des Klägers eine Bindegewebsschwäche als Grunderkrankung zugrunde gelegt werden. Die Entstehung einer Spondylolyse mit Spondylolysthesis, wie sie im Segment L3/L4 in den Funktionsaufnahmen nachgewiesen werden könne, aufgrund beruflicher Belastung sei unwahrscheinlich. Da...