Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kostenerstattung für Leistungen im Frauenhaus. Kosten der psychosozialen Betreuung. Wirksamkeit der Rückübertragung der Aufgabe auf den Träger. Anforderungen gem § 17 Abs 2 SGB 2 an die Vereinbarung. Wirksamkeit der Vereinbarung. Vergütungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Rückübertragung von Aufgaben durch die Trägerversammlung auf die Träger nach § 44b Abs 4 SGB 2 bedarf zu ihrer Wirksamkeit keiner Bekanntmachung.

2. An den Mindestinhalt von Vereinbarungen nach § 17 Abs 2 SGB 2 dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.

 

Orientierungssatz

§ 17 SGB 2, der nähere Bestimmungen zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit durch Dritte trifft, ist auch für Fälle der Leistungen zur psychosozialen Betreuung gem § 16a Nr 3 SGB 2 anwendbar.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts H. vom 23.04.2014 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 25.052,50 € zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird auf 25.052,50 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Kosten in Höhe von 25.052,50 €, die entstanden sind, weil sich eine Hilfebedürftige aus dem Bezirk des Beklagten in einem Frauenhaus im Bezirk des Klägers aufgehalten hatte.

Die 1955 geborene, erwerbsfähige und hilfebedürftige rumänische Staatsangehörige K. wohnte bis 20.12.2010 im Landkreis F. Am 20.12.2010 floh sie vor ihrem alkoholabhängigen und gewalttätigen Ehemann in das Frauen- und Kinderschutzhaus (Frauenhaus) in H. Der Ehemann hatte sie misshandelt und eingesperrt. K. hielt sich bis einschließlich 30.09.2011 im Frauenhaus in H. auf und wurde in diesem Zeitraum von Mitarbeiterinnen des Frauenhauses psychosozial betreut. Träger des Frauenhauses H. ist das Diakonische Werk für den Stadt- und Landkreis H.

Der Träger des Frauenhauses auf der einen Seite sowie die Stadt H. und der Landkreis H. auf der anderen Seite schlossen am 30.12.2002 eine Vereinbarung über die Leistungen im Frauenhaus. Diese enthält u.a. folgende Bestimmungen:

Ҥ 1 Zweck

Das Diakonische Werk für den Stadt- und Landkreis H., Kreisdiakonieverband, ist Träger eines Frauen- und Kinderschutzhauses in H.

Den von physischer und psychischer Gewalt bedrohten Frauen und Kindern wird gemäß der Konzeption des Trägers in einem geschützten Raum ermöglicht, sich mit ihrer aktuellen Situation auseinander zu setzen und sich über die eigenen Bedürfnisse und Lebensalternativen bewusst zu werden.

Dabei hilft das Frauen- und Kinderschutzhaus den betroffenen Frauen, die durch Beratungsgespräche Erfahrungen in der Partnerschaft zu verarbeiten, Informationen in rechtlichen und sozialen Angelegenheiten zu erlangen, Fragen der Kinderbetreuung und Kindererziehung zu klären und Orientierungshilfen im Hinblick auf die künftige Lebensgestaltung zu erhalten.

§ 3 Finanzierung

Auf der Basis der gemeinsamen Modellrechnung des Stadt- und Landkreises H. wurde die Finanzierung des Frauen- und Kinderschutzhauses umgestellt. Die ambulante Beratung, Prävention und Beratung werden institutionell, der Aufenthalt im Frauen- und Kinderschutzhaus bis zum Auszug dagegen über Tagessätze finanziert. Der errechnete Tagessatz beträgt zur Zeit 61,00 € pro Person bzw. Belegeinheit (Zimmer); darin sind 12,00 € Unterkunftskosten pro Person bzw. Belegeinheit enthalten. Angefangene Tage gelten als ganze Tage. Sofern sich durch Änderung der kalkulatorischen Grundlagen der Tagessatz um mehr als 10 % rechnerisch verändert, kann über den Tagessatz für die Zukunft neu verhandelt werden. Eine erste Anpassung kann frühestens zum 01.04.2004 erfolgen.

§ 6 Informationsrechte, Pflichten

Der Träger des Frauen- und Kinderschutzhauses informiert die anderen Vereinbarungspartner einmal jährlich über die Arbeit des Frauen- und Kinderschutzhauses und legt seine Einnahmen- und Ausgabenrechnung des Vorjahres bei. Auf Verlangen des Sozialhilfeträgers sind diesem die Einnahmen- und Ausgabenrechnung zugrunde liegenden Originalbelege vorzulegen. Der Träger des Frauen- und Kinderschutzhauses verpflichtet sich, die Verweildauer im Frauen- und Kinderschutzhaus möglichst kurz zu halten. Die Verweildauer im Frauen- und Kinderschutzhaus orientiert sich am Einzelfall.

§ 13 Sozialbericht

Der Sozialbericht ist direkt beim Frauen- und Kinderschutzhaus anzufordern. In diesem Bericht müssen mindestens die folgenden Angaben enthalten sein:

- Schilderung und Situation der Betroffenen

- Entwicklung und Perspektiven

- Notwendigkeit der Aufnahme und Betreuung im Frauen- und Kinderschutzhaus.

Hierbei ist zu unterscheiden:

1. Wohnsitz vor Aufnahme im Stadt- oder Landkreis H.: Der Bericht kann vom Sachbearbeiter bei Bedarf angefordert werden.

2. Wohnsitz vor Aufnahme außerhalb des Stadt- oder Landkreises H.: Spätestens nach drei Monaten ist vom Frauen- und Kinderschutzhaus unaufgefordert ein Sozialbericht zu erstellen. Bei Bedarf kann vom Sozialhilfeträger der Sozialberic...

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