Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers nach § 128 AFG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen von § 128 AFG ist die BA zum Erlaß von die Erstattungspflicht dem Grunde nach feststellenden Teilregelungen befugt.

2. Ermittlungen zum Bestehen anderer Sozialleistungen iS von § 128 Abs 1 S 2 AFG sind nur anzustellen, wenn im Einzelfall für die anderweitige Sozialleistungsberechtigung ein hinreichender Anhalt besteht; bloße sich z. B. aus allgemeinen Rentenzugangsstatistiken ergebende Vermutungen genügen insoweit nicht.

3. Die den Arbeitgeber treffende Pflicht zur Darlegung von Tatbeständen zum Ausschluß oder Wegfall der Erstattungspflicht wird nur erfüllt, wenn diese Tatbestände substantiiert begründet werden.

4. Aufhebungsverträge fallen, ohne daß hierdurch Verfassungsrecht verletzt wird, nicht unter § 128 Abs 1 S 2 Nr 4 AFG.

5. Die Erstattungsforderung bemißt sich nicht nach den tatsächlichen Aufwendungen der BA, sondern danach, was diese aufgrund von Rechtsvorschriften zu erbringen hatte.

6. Bei Abfindungen ist das während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdiente Arbeitsentgelt in der Weise zu ermitteln, daß hierfür jeder Monat nicht mit dreißig, sondern mit den tatsächlichen Kalendertagen in Ansatz gebracht wird.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Klägerin der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA) nach § 128 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) für die Zeit vom 10. November bis 31. Dezember 1993 Arbeitslosengeld (Alg) und die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu erstatten hat (insgesamt DM 7.046,10).

Der am 22. Mai 1935 geborene H W war bei der Klägerin vom 1. Juli 1961 bis 31. Dezember 1992 als Entwicklungsingenieur beschäftigt. Am 10. Dezember 1992 schloß sie mit jenem einen Aufhebungsvertrag, aufgrund dessen das Arbeitsverhältnis vereinbarungsgemäß zum 31. Dezember 1992 gegen Zahlung einer Abfindung von DM 242.000,-- beendet wurde. Zu diesem Zeitpunkt konnte H.W. gemäß § 4 Nr. 4.4 des seinerzeit gültigen Manteltarifvertrags für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 5. Mai 1990 nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden.

Am 11. Dezember 1992 meldete sich H.W., auf dessen Lohnsteuerkarte für das Jahr 1993 die Steuerklasse III eingetragen war, mit Wirkung zum 1. Januar 1993 beim Arbeitsamt (ArbA) arbeitslos und beantragte Alg. In dem am 15. Januar 1993 unterzeichneten Antragsvordruck verneinte er die unter den Ziffern 4b, 5a sowie 8a und b gestellten Fragen, ob er vom Arzt arbeitsunfähig krank geschrieben sei, ob ihm die letzte Tätigkeit zu schwer gewesen sei oder er eine solche Tätigkeit aus anderen Gründen nicht mehr verrichten wolle, ob er (im einzelnen aufgeführte) Leistungen beziehe und ob er einen Antrag auf solche Leistungen gestellt habe. Die Klägerin teilte in der Arbeitsbescheinigung vom 11. Januar 1993 mit, in den letzten sieben Jahren des Beschäftigungsverhältnisses seien keine Unterbrechungen der Zahlung von Arbeitsentgelt eingetreten, die im Einzelfall vier Wochen überschritten hätten; das Bruttoarbeitsentgelt habe in den bereits abgerechneten Lohnabrechnungszeiträumen mit mindestens 60 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt (Oktober, November und Dezember 1992) monatlich gleichbleibend DM 7.602,-- bei einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 37.0 Stunden betragen; der von H.W. nicht mehr genommene und deswegen abgegoltene Urlaub hätte, wenn er im Anschluß an das Arbeitsverhältnis genommen worden wäre, bis einschließlich 27. Januar 1993 gedauert. H.W. gab am 15. Januar 1993 als Grund für die Lösung des Arbeitsverhältnisses an, daß er im Bereich Luftfahrt und Verteidigung beschäftigt gewesen sei; wegen der in diesem Bereich stark zurückgegangenen Entwicklungsaufträge sei er von der Personalabteilung der Klägerin seit März 1991 wiederholt auf seine Bereitschaft zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes angesprochen worden; er habe deshalb vor der Alternative gestanden, daß er entweder die Firma gegen eine Abfindung verlasse oder aber daß einem jüngeren (noch kündbaren) Mitarbeiter gekündigt werde. Mit Bescheid vom 3. September 1993 bewilligte das ArbA H.W. Alg ab 10. November 1993 (ausgehend von der Leistungsgruppe C/Kindermerkmal 0) nach einem Bemessungsentgelt von DM 1.680,-- in Höhe von wöchentlich DM 681,60 für eine vorläufige Anspruchsdauer von 760 Tagen; die Leistung wurde zu diesem Betrag bis 31. Dezember 1993 gezahlt und erhöhte sich in der Folgezeit jeweils zu Jahresbeginn. Eine Leistungsgewährung für die Zeit bis 9. November 1993 lehnte das ArbA -dagegen mit Bescheid vom 20. Januar 1993 wegen der erhaltenen Abfindung in Höhe von DM 242.000,-- ab; bei der Berechnung des Ruhenszeitraums hatte es den in der Arbeitsbescheinigung der Klägerin mitgeteilten abgegoltenen Urlaub mit berücksichtigt. Mit einem weiteren Bescheid vom 20. Januar 1993 lehnte es ferner eine Alg-Gewährung auch wegen einer im Zeitraum vom 1....

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