nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfall der Erledigungsgebühr im Widerspruchsverfahren nach dem RVG
Leitsatz (redaktionell)
1. Durch die Regelungen in Nrn. 1002, 1005 VV zum RVG wird die zuvor bereits maßgebliche, nach der BRAGO bestehende Rechtslage fortgeschrieben.
2. Die für das Entstehen der Erledigungsgebühr erforderliche anwaltliche Mitwirkung setzt mehr als bloße Erfolgskausalität voraus. Verlangt wird eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts. Die Vornahme allein der Widerspruchsbegründung genügt nicht.
Normenkette
SGB X § 63 Abs. 2; RVG § 3 Abs. 2, 1 S. 1, § 2 Abs. 2; VV Nrn. 1005, 1002; BRAGO § 24
Verfahrensgang
SG Mannheim (Urteil vom 07.02.2006; Aktenzeichen S 9 KR 3218/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist noch, ob im Widerspruchsverfahren eine Erledigungsgebühr und damit ein höherer Erstattungsbetrag angefallen ist.
Die 1948 geborene, seit 01.10.2002 arbeitslose Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert.
Mit Bescheid vom 18.04.2005 teilte die Beklagte der Klägerin gestützt auf eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit, dass sie ab 21.04.2005 wieder arbeitsfähig bzw. für das Arbeitsamt vermittlungsfähig sei und Krankengeld (Krg) nur bis zum 20.04.2005 bezahlt werde.
Dagegen legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie sei nach wie vor arbeitsunfähig und verwies insoweit auf die der Beklagten vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere den vorläufigen Entlassungsbericht der V.-Klinik in Bad R. und den Entlassungsbericht des Universitätsklinikums W., die sie noch einmal beifügte.
Die Beklagte schaltete daraufhin erneut den MDK ein. Dieser kam auf der Grundlage einer weiteren Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig sei, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.2005 mitteilte, dass sie ab dem 21.04.2005 bis auf weiteres die Krg-Zahlung wieder aufnehme. Das Schreiben vom 18.04.2005 sei als gegenstandslos anzusehen.
Mit Kostenrechnung vom 20.06.2005 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten eine Geschäftsgebühr und eine Erledigungsgebühr in Höhe von jeweils 280,– EUR, eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,– EUR und Mehrwertsteuer in Höhe von 92,80 EUR und damit insgesamt einen Betrag in Höhe von 672,80 EUR in Rechnung.
Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 01.07.2005 kürzte die Beklagte den Betrag für die Geschäftsgebühr auf 240,– EUR, da sich der vorliegende Sachverhalt im Vorverfahren befunden habe und die Bemühungen nicht über das Maß des „Normalen” hinausgegangen seien. Die Erledigungsgebühr wurde gestrichen. Um Zusendung einer korrigierten Rechnung wurde gebeten.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, ihr stehe nach der Neuregelung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) eine Erledigungsgebühr zu. Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG entstehe, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledige (Satz 1). Das Gleiche gelte, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledige (Satz 2). Nr. 1002 VV RVG greife in Satz 2 die Formulierung des früher geltenden § 24 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) auf und enthalte in Satz 2 eine darüber hinausgehende Regelung, die bisher von Rechtsprechung und Literatur anerkannt gewesen sei. Bereits früher sei über den Wortlaut des § 24 BRAGO hinausgehend die Erledigungsgebühr auch dann zuerkannt worden, wenn sich eine Verwaltungsangelegenheit durch den Erlass eines früher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt habe. Notwendig, aber auch ausreichend sei gewesen, dass die Verwaltungsbehörde bereits einen bestimmten, dem Auftraggeber des Rechtsanwalts ungünstigen Standpunkt eingenommen – nicht lediglich Bedenken geäußert – habe und dass es der Tätigkeit des Rechtsanwalts gelungen sei, diesen Standpunkt zugunsten seines Auftraggebers zu ändern. Die Erledigungsgebühr entstehe deshalb auch dann, wenn der Rechtsanwalt gegen einen Ablehnungsbescheid Widerspruch einlege und auf tatsächliche Umstände oder rechtliche Aspekte hinweise und die Behörde daraufhin ihren Standpunkt aufgebe und den begehrten Bewilligungsbescheid erlasse. Die Erledigungsgebühr sei (auch) eine Erfolgsgebühr. Sie wolle die außergerichtliche Erledigung von Streitfällen, die durch eine anwaltliche Tätigkeit bewirkt worden sei, belohnen. Die ursprüngliche Gesamtforderung bleibe in voller Höhe bestehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurü...