Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegezulage. Blinder. Mindestpflegezulage. Pflegestufe. weitere Gesundheitsstörung. Nierenentfernung. Nierenerkrankung. gesteigerte Hilflosigkeit
Orientierungssatz
Treten bei einem Blinden zu einer gemäß § 35 Abs 1 S 5 BVG mindestens gewährten Pflegezulage nach Stufe 3 schädigungsunabhängige Nachschäden auf, führt dies auch bei unveränderten Schädigungsfolgen zur Bejahung einer höheren Pflegezulage, wenn der Zustand der erhöhten Hilflosigkeit von den Schädigungsfolgen zumindest mitverursacht wird im Sinne der im sozialen Entschädigungsrecht herrschenden Kausalitätstheorie.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer höheren Pflegezulage in einem Verfahren gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X).
Bei dem 1930 geborenen Kläger anerkannte das Versorgungsamt K (VA) durch Neufeststellungsbescheid vom 18.09.1984 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100% als Schädigungsfolgen:
"Verlust des linken Auges, Linsenlosigkeit und Nachstar mit Sehverschlechterung sowie röhrenförmiger Gesichtsfeldeinengung am rechten Auge, Einlagerungen von Fremdkörpern und Narben in der Hornhaut des rechten Auges, Weichteilstecksplitter im Bereich der rechten Gesichtsseite sowie der Stirn- und Scheitelgegend rechts".
Das VA stellte außerdem fest, daß der Kläger einem Blinden gleichzustellen ist und gewährte Pflegezulage nach Stufe III und Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe I.
Mit Schreiben vom 30.03.1988 teilte der Kläger mit, daß ihm am 24.02.1988 die linke Niere wegen eines bösartigen Tumors entfernt worden sei. Er befinde sich nunmehr im Stadium der Heilungsbewährung und beantrage für die Dauer von fünf Jahren eine Pflegezulage nach Stufe V. Zu den hierauf vom VA beigezogenen ärztlichen Unterlagen wird in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.11.1988 ausgeführt, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Nierenerkrankung und den anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht erkennbar. Aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergebe sich kein Hinweis auf eine eingeschränkte Nierenfunktion; offensichtlich habe die verbliebene Niere den Ausfall der entfernten Niere kompensieren können. Aus dem Verlust der linken Niere könne ein erhöhtes Pflegebedürfnis nicht abgeleitet werden.
Mit Bescheid vom 24.11.1988 lehnte das VA die Gewährung einer höheren Pflegezulage ab, weil durch den schädigungsunabhängigen Verlust der linken Niere bei unauffälliger Funktion der rechten Niere eine Erhöhung des Ausmaßes der bereits infolge der Blindheit bestehenden Hilflosigkeit nicht eingetreten sei. Dem Widerspruch des Klägers gab der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.1989 nicht statt.
Seine hiergegen zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 2 V 2020/89, verbunden mit dem Verfahren S 2 V 2019/89) begründete der Kläger damit, daß er infolge der schädigungsunabhängigen Nierenerkrankung vermehrt auf fremde Hilfe angewiesen sei. So müsse er vermehrt und kontrolliert Getränke zu sich nehmen, eine Diät einhalten, Medikamente einnehmen und wegen der Nachsorge häufiger seinen Arzt aufsuchen.
Das SG hörte den Hausarzt des Klägers, Dr. V, als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte mit, die Restniere habe die Funktion der entfernten Niere nicht voll kompensieren können. Dadurch bedingt sei eine Erhöhung des Pflegebedürfnisses (Diät, eingeschränkte Leistungsbreite). Die Ehefrau des Klägers äußerte sich als Zeugin schriftlich.
Der Beklagte legte eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Medizinaldirektor Dr. W vor. Darin wird ausgeführt, es sei nicht erkennbar, daß die mäßige Funktionseinschränkung der Restniere vermehrt fremde Hilfe bei den regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens bedinge.
Mit Urteil vom 10.12.1991 wies das SG die Klage ab mit der Begründung, daß aufgrund der schädigungsunabhängigen Nierenerkrankung ein erhöhter Pflegeaufwand nicht erwiesen sei.
Die hiergegen eingelegte Berufung (L 11 V 190/92) verwarf der erkennende Senat mit Urteil vom 15.02.1993 bezüglich der Pflegezulage als unzulässig. Seine Nichtzulassungsbeschwerde (9 BV 63/93) nahm der Kläger zurück.
Mit Schreiben vom 29.06.1993 beantragte der Kläger erneut eine Erhöhung der Pflegezulage mit der Begründung, daß der frühere Bescheid falsch gewesen sei, da die Stufe IV der Pflegezulage für einen Blinden lediglich "weitere das Pflegebedürfnis erhöhende anerkannte Gesundheitsstörungen" voraussetze.
Mit Bescheid vom 11.08.1993 lehnte das VA diesen Antrag ab, weil der Kläger keine neuen Gesichtspunkte oder rechtserhebliche Tatsachen vorgebracht habe, welche die frühere Entscheidung widerlegen könnten. Dem Widerspruch des Klägers gab der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.1995 nicht statt.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum SG, die er mit falscher Rechtsanwendung seitens der Versorgungsverwaltung begründete.
Mit Urteil vom 10.11.1998, an den Kläger als Übergabe-Einschreiben zur Post gegeben am 19.11....