Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlust des Unfallversicherungsschutz anes bei Unterbrechung des Heimweges
Leitsatz (redaktionell)
Unterbricht der Unfallversicherte seinen Heimweg, um für das Abendessen einzukaufen, so steht er nicht unter Unfallversicherungsschutz, wenn er seinen für die Heimfahrt benutzten PKW verlässt und zu Fuß eine – wenn auch nur kurze – Strecke in der Gegenrichtung zurücklegt.
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1, § 26 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
SG Karlsruhe (Gerichtsbescheid vom 13.12.2004) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Unfallereignisses vom 19. Dezember 2003.
Der 1961 geborene Kläger fuhr am 19. Dezember 2003 von seinem Arbeitsplatz in S… zu seiner Wohnung in P…. Da die Ortsdurchfahrt seines Wohnorts wegen Bauarbeiten gesperrt war, folgte er der ausgeschilderten Umleitung durch das Industriegebiet. Auf dieser Strecke hielt er an, um bei einem auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehenden Imbisswagen ein Grillhähnchen für das Abendessen zu kaufen. Nach den Angaben der Verkehrspolizei P… gegenüber der Beklagten parkte der Kläger sein Fahrzeug an der ersten verkehrsgerechten Möglichkeit im Bereich des Hähnchenstandes, ging auf dem aus seiner Sicht rechtsseitigen Gehweg ein Stück in Richtung des Hähnchenstandes zurück, um dann in dessen Bereich die Fahrbahn auf dem kürzestem Weg zu überqueren. Beim Überqueren der Fahrbahn wurde er (aus seiner bisherigen Fahrtrichtungen gesehen) von einem aus der Gegenrichtung kommenden Fahrzeug erfasst. Er erlitt schwere Verletzungen (Polytrauma).
Die Beklagte lehnte es ab, das Ereignis vom 19. Dezember 2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren (Bescheid vom 22. April 2004). Der Einkauf des Grillhähnchens für das Abendessen sei aus rein privaten (eigenwirtschaftlichen) Gründen erfolgt. Bei dem Zurückgehen habe der Kläger sich auf einem unversicherten Abweg befunden. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2004). Zur Begründung verwies er auf die Begründung des Bescheides sowie weiter auf das Urteil des BSG vom 9. Dezember 2003 – B 2 U 23/03 R – (= SozR 4-2700 § 8 Nr. 3). Die Behauptung des Klägers, der Versicherungsschutz bestünde schon deswegen, weil der öffentliche Straßenverkehrsraum nicht verlassen worden sei, sei durch das genannte Urteil ausdrücklich aufgegeben worden.
Der Kläger hat am 7. Juli 2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Auch unter Berücksichtigung des genannten Urteils des BSG lösten ganz kurze und geringfügige Unterbrechungen den Zusammenhang des Weges mit der Betriebstätigkeit selbst dann nicht, wenn sie eigenwirtschaftlicher Natur seien. Geringfügig sei eine Unterbrechung, wenn – wie im vorliegenden Fall – die private Besorgung unmittelbar im Bereich der Straße und ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung, also gleichsam “im Vorbeigehen” erledigt werden könne.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2004). Der Versicherungsschutz des Klägers sei im Unfallzeitpunkt unterbrochen gewesen, weil das Verlassen des PKW und der Fußweg zu dem Hähnchenstand eine private Verrichtung dargestellt habe. Das BSG (aaO) gehe von dem Grundsatz aus, dass der Versicherungsschutz unterbrochen werde, sobald der Versicherte allein eigenwirtschaftliche Zwecke verfolge. Dabei spiele es keine Rolle mehr, ob das Fahrzeug in unmittelbarer Nähe oder in relativer größerer Entfernung vor oder hinter dem Geschäft geparkt werde. Ebenso wenig solle es nach dem Urteil des BSG rechtlich bedeutsam sein, ob die eigenwirtschaftliche Verrichtung im Straßenraum selbst oder außerhalb desselben erledigt werden solle.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 20. Dezember 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 31. Dezember 2004 Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, es liege nur eine ganz geringfügige Unterbrechung vor, die auch unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 9. Dezember 2003 den Versicherungsschutz nicht aufgehoben habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Dezember 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 22. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen des Arbeitsunfalls vom 19. Dezember 2003 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Dass der Kläger die Straße habe überqueren müssen, schließe bereits eine geringfügige Unterbrechung für eine “im Vorbeigehen” zu erledigende private Besorgung aus.
Wegen weiterer Einze...