Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht selbständig tätiger Handwerker. Tatbestandswirkung der Eintragung in die Handwerksrolle. kein Prüfungsrecht des Rentenversicherungsträgers. kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Eintragung in die Handwerksrolle der Handwerkskammer genügt als Registerverlautbarung zur Verwirklichung der Normvoraussetzungen des § 2 S 1 Nr 8 SGB 6 und hat somit Tatbestandswirkung (vgl BSG vom 28.1.1970 - 4 RJ 41/66 = SozR Nr 1 zu § 2 HwVG). Ob diese Eintragung zwingend war bzw ob sie zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist, ist für den Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht nicht von Bedeutung. Der Rentenversicherungsträger darf insoweit keine eigene Prüfung anstellen (vgl BSG vom 26.5.1977 - 12/3 RK 29/75 = SozR 5800 § 1 Nr 1 und vom 15.6.2000 - B 12 RJ 4/99 R = SozR 3-2600 § 2 Nr 4).
2. Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sollen hinsichtlich der Rechtsfolge allein Fehler im Verwaltungsablauf mit den der Verwaltung möglichen Mitteln ausgeglichen werden. Eine Fiktion des Bestehens oder Nichtbestehens eines außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses liegenden tatsächlichen Umstandes wie der Eintragung in die Handwerksrolle ist daher keine im Rahmen des Herstellungsanspruchs mögliche Rechtsfolge.
3. Die Regelung des § 2 S 1 Nr 8 SGB 6 verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 25. Oktober 2002 bis 6. August 2006 als selbstständiger Handwerker der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.
Für den ... 1963 geborenen Kläger wurden vom 1. August 1978 bis 13. Oktober 1989 durchgehend Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Im Oktober 1989 nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit auf, die in der Gewerbeanmeldung mit "Betonglätten" angegeben wurde. Eine Eintragung in die Handwerksrolle erfolgte nicht. Ab dem 1. November 1989 entrichtete der Kläger freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe der Mindestbeiträge. Am 14. Februar 1997 wurde der Kläger durch die Handwerkskammer Ulm in das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe (Handwerksnebenrolle) aufgenommen, wobei die ausgeübte Tätigkeit des Betonglättens dem handwerksähnlichen Holz- und Bautenschutzgewerbe zugeordnet wurde.
Mit Bescheid vom 26. August 1999 lehnte die Beklagte (damals LVA Württemberg) einen Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger ab, da eine Versicherungspflicht des Klägers, der regelmäßig und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig werde, nach § 2 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht bestehe.
Zum 1. Februar 2002 zeigte der Kläger gegenüber dem Gewerbeamt u.a. eine Erweiterung der Betriebstätigkeit an. Neben der weiterhin ausgeübten Tätigkeit des Betonglättens wurden als neu ausgeübte Tätigkeiten angegeben: Holz- und Bautenschutz; Handel mit Sport- und Freizeitartikeln (Gewerbeanzeige vom 4. Februar 2002). Im März 2002 wurde der Kläger durch die Handwerkskammer zur Handwerksrollenberichtigung durch Beantragung einer Ausnahmebewilligung nach § 8 Handwerksordnung (HwO) aufgefordert, da das Betonglätten eine wesentliche Tätigkeit des Maurer- und Betonbauer-Handwerks darstelle und somit einer Eintragung in die Handwerksrolle bedürfe. Am 7. Oktober 2002 wurde dem Kläger auf seinen Antrag durch das Regierungspräsidium Tübingen die Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO erteilt. Am 25. Oktober 2002 erfolgte durch die Handwerkskammer Ulm unter Löschung des bisher eingetragenen handwerksähnlichen Betriebes eine Eintragung des Klägers in die Handwerksrolle mit einem handwerklichen Betrieb des Maurer- und Betonbauer-Handwerks, beschränkt auf das Glätten von monolithischen Industriefußböden. Es erfolgte zum selben Tag eine automatische Meldung an den Rentenversicherungsträger.
Mit Schreiben vom 19. November 2002 wies die Beklagte den Kläger auf die grundsätzliche Versicherungspflicht eingetragener Handwerker in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Modalitäten der Beitragsberechnung und Zahlung hin. Für die Zeit vom 25. Oktober bis 30. November 2002 entrichtete der Kläger Pflichtversicherungsbeiträge. Unter dem 12. Dezember 2002 beantragte er die Befreiung von der Versicherungspflicht, da für ihn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom 25. September 2003 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab dem 25. Oktober 2002 aufgrund der Eintragung in die Handwerksrolle nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. Die vom Kläger zu zahlenden Beiträge wurden in Höhe des Regelbeitrages festgesetzt, der aus einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße errechnet word...