nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Karlsruhe (Entscheidung vom 11.04.2002; Aktenzeichen S 14 AL 3485/99)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.10.2004; Aktenzeichen B 11 AL 13/04 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karls-ruhe vom 11.04.2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte im Rahmen der Abzweigung die Leis-tungen des Klägers nach dem Unterhaltsvorschussgesetz außer Acht lassen durfte.

Der Kläger gewährt nach dem Unterhaltsvorschussgesetz Leistungen an das Kind S. H., wel-ches aus der Ehe zwischen dem Leistungsempfänger P. K. H. (Beigeladener zu 1.) und B. H. hervorgegangen ist. Die Eheleute H. leben seit Oktober 1998 getrennt. Der Beigeladene zu 1. kommt seiner Unterhaltspflicht gegenüber seiner Tochter S. nicht nach. Er bezog von der Be-klagten seit dem 01.04.1999 zunächst Arbeitslosengeld, anschließend Arbeitslosenhilfe.

Seit dem 01.07.1999 zweigte die Beklagte auf Antrag des Magistrats der Stadt Wiesbaden (Beigeladene zu 2.), der einem weiteren minderjährigen Kind des Beigeladenen zu 1., P. U. (Beigeladene Nr. 3) Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gewährte, einen Betrag von kalendertäglich 12,92 DM ab. Die Abzweigung endete mit der Volljährigkeit der Beige-ladenen Nr. 1 am 25.07.2000.

Mit Schreiben vom 22.07.1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Abzweigung nach § 48 SGB I, da er seit dem 01.12.1998 Leistungen von (derzeit 230,- DM) pro Monat gewäh-re. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 29.07.1999 mit der Begründung ab, dass der Leistungsberechtigte die laufenden Geldleistungen zur Bestreitung des eigenen Le-bensunterhalts benötige. Deshalb bestünde wegen fehlender Leistungsfähigkeit auch keine Unterhaltspflicht, so dass die Voraussetzungen einer Auszahlung nach § 48 SBG I nicht er-füllt seien.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch: Der Beigeladene zu 1. sei zwei minderjährigen Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet, die im Rahmen der Abzweigung gleichrangig zu berücksichtigen seien. Es widerspreche dem Prinzip des Gleichranges, wenn die Beklagte wie hier geschehen, für ein Kind, für das ein Unterhaltstitel bestehe, vorrangig abzweige. Mit Wi-derspruchsbescheid vom 24.08.1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Die Entscheidung über die Abzweigung stehe in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Liege ein rechtskräftiger und vollstreckungsfähiger Unterhaltstitel vor, sei grundsätzlich bis zur Höhe des Leistungssatzes die im Titel als Unterhaltsbetrag festgesetzte Summe an den berechtigten Dritten auszuzahlen. Bei solchen Sachverhalten stehe ihr hinsichtlich der Höhe der Abzwei-gung kein Ermessen zu. Die Beklagte habe zwar die Gleichrangigkeit der beiden Kinder zu beachten, der Unterschied liege jedoch darin, dass für das eheliche Kind S. H. kein Unter-haltstitel vorliege. Hiergegen hat der Kläger am 16.10.1999 Klage zum Sozialgericht Karlsru-he (SG) erhoben: Die Vorgehensweise der Beklagten widerspreche den gesetzlichen Bestim-mungen. Ein wesentlicher Zweck des § 48 SGB I sei es, dem Unterhaltsberechtigten ohne Umwege über einen Unterhaltsprozess und daran anschließende Pfändungen Geldleistungen zufließen zu lassen. Die Beklagte beachte nicht den Gleichrang der minderjährigen Kinder. Hieran ändere sich auch nichts durch den Unterhaltstitel.

Die Beklagte hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten. Liege ein Unterhaltstitel vor, so sei dessen Inhalt zur gesetzlichen Unterhaltspflicht verbindlich. In diesem Fall sei grundsätzlich nicht mehr zu prüfen, ob überhaupt eine Verpflichtung des Leistungsberechtigten bestehe.

Mit Urteil vom 11.04.2002 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.1999 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu er-teilen. In den Entscheidungsgründen auf die im Übrigen verwiesen wird, hat es unter anderem ausgeführt, die Beklagte habe die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens nicht eingehalten. Der Hinweis, es stehe jedem Unterhaltsgläubiger, der die Abzweigung begehre frei, einen solchen Titel zu erwirken, widerspreche dem Sinn und Zweck der Abzweigungsregelung als einer Art sozialrechtlicher "Soforthilfemaßnahme". Die Erwägungen der Beklagten, sie könne sich nicht im Rahmen der Ermessensausübung über Beschlüsse und Urteile der Zivilgerichte hinwegsetzen, führten zu keinem anderen Ergebnis. Minderjährige Kinder stünden, unabhän-gig davon, ob ihre Unterhaltsansprüche tituliert seien oder nicht, in gleicher Rangfolge hin-sichtlich der Unterhaltsberechtigung (§ 1609 BGB).

Hiergegen richtet sich die am 23.05.2002 eingelegte Berufung der Beklagten: Entgegen der Auffassung des SG sei die Entscheidung der Beklagten lediglich den Unterhaltsanspruch des Kindes mit Unterhaltstitel zu berücksichtigen, nicht ermessensfehlerhaft. Im Rahmen der Er-messensents...

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