Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Berufung. Zulassungsbedürftigkeit. Nichtübersteigung eines Beschwerdewertes in Höhe von 750 Euro. Klage gegen die Feststellung der Erledigung eines Rechtsstreits. Maßgeblichkeit des Streitgegenstands des ursprünglichen Verfahrens. wiederkehrende oder laufende Leistungen. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Berufung, die sich gegen die Feststellung des SG, ein Verfahren sei erledigt, wendet und auf die Fortsetzung eines infolge Klagerücknahmefiktion beendeten Verfahrens gerichtet ist, bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens (Anschluss an BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R = juris RdNr 12).

2. Auf mehrere Bewilligungszeiträume entfallende Leistungen nach dem SGB II sind keine "wiederkehrenden oder laufenden Leistungen" im Sinne von § 144 Abs 1 S 2 SGG (Anschluss an BSG vom 22.7.2010 - B 4 AS 77/10 B = juris RdNr 7 und LSG München vom 18.3.2015 - L 11 AS 761/14 = juris RdNr 15 ff). Das gilt auch nach Verbindung mehrerer ursprünglich gesondert erhobener Klagen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30.08.2018 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Klageverfahren S 12 AS 512/17 im Wege der Fiktion einer Klagerücknahme (§ 102 Abs. 2 SGG) beendet worden ist.

Die Klägerin bezog laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten. Für die von ihr bewohnte Mietwohnung schuldete sie dem Vermieter monatlich insgesamt 450 € (330 € Kaltmiete zzgl. 120 € Nebenkosten). Der Beklagte bewilligte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 05.09.2013 für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.03.2014 i.H.v. 755 € monatlich (345 € Regelbedarf, 410 € Kosten für Unterkunft und Heizung [KdU]), mit Bescheid vom 06.03.2014 für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.09.2014 i.H.v. 773 € monatlich (353 € Regelbedarf, 420 € KdU) und mit Bescheid vom 09.09.2014 für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.03.2015 i.H.v. 773 € monatlich (353 € Regelbedarf, 420 € KdU). Gegen diese Bewilligungsbescheide hat die Klägerin nicht Widerspruch eingelegt.

Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 21.04.2015 wurde die Überprüfung der drei oben genannten Bewilligungsbescheide gemäß § 44 SGB X beantragt und geltend gemacht, der Beklagte hätte der mit ihrem Ehemann nicht in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden Klägerin einen Regelbedarf i.H.v. 391 € sowie einen Mehrbedarf wegen der für regelmäßige Fahrten zu ihrem Ehemann anfallenden Kosten gewähren müssen und außerdem habe der Beklagte „die Kosten der Unterkunft nicht in der rechtmäßigen Höhe berücksichtigt“.

Über diese Anträge nach § 44 SGB X entschied der Beklagte wie folgt:

Mit Bescheiden vom 29.04.2015 gewährte der Beklagte der Klägerin monatlich höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs i.H.v. 391 € monatlich und ab 01.01.2015 i.H.v. 399 € monatlich und lehnte mit weiterem Bescheid vom 29.04.2015 die Gewährung eines Mehrbedarfs ab. Die hiergegen eingelegten Widersprüche vom 28.05.2015 führte der Beklagte unter den Az. W 1170/15, W 1171/15 und W 1172/15 und wies sie durch drei Widerspruchsbescheide vom 19.01.2017 jeweils als unbegründet zurück. Die hiergegen am 20.02.2017 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klagen (S 12 AS 513/17, S 12 AS 515/17 und S 12 AS 518/17) wurden nach Verbindung unter einem gemeinsamen Aktenzeichen durch Gerichtsbescheid vom 11.03.2019 abgewiesen und die hiergegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung (L 3 AS 1516/19) wurde am 18.12.2019 durch gerichtlichen Vergleich erledigt.

Betreffend die Bedarfe für Unterkunft und Heizung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2015 die Überprüfungsanträge (§ 44 SGB X) betreffend die Bescheide vom 05.09.2013, 06.03.2014 und 09.09.2014 ab, da bei deren Erlass das Recht nicht falsch angewandt und von der Klägerin kein neuer Sachverhalt dargelegt worden sei. Die hiergegen mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 28.05.2015 eingelegten Widersprüche führte der Beklagte unter den Aktenzeichen W 1163/15, W 1165/15 und W 1166/15 und wies diese mit einem Widerspruchsbescheid vom 19.01.2017 als unbegründet zurück, da die Klägerin im August 2009 ohne Zusicherung umgezogen sei und seither stets nur die angemessenen Wohnkosten erhalte.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid vom 19.01.2017 hat die Klägerin am 20.02.2017 beim SG drei Klagen (je eine Klage für jeden Bewilligungszeitraum) erhoben. Das SG hat diese zunächst unter den getrennten Aktenzeichen S 12 AS 512/17, S 12 514/17 und S 12 AS 516/17 geführt und durch Beschluss vom 12.09.2017 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 12 AS 512/17 verbunden. Mit Verfügung vom 12.09.2017 hat das SG die Klägerin aufgefordert, substantiiert vorzutrag...

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