Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Arbeitslosengeldes. Nichtberücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Krankentaggeld aus einer Kollektivtaggeldversicherung in der Schweiz. kein Arbeitsentgelt. Abgeltung der Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers

 

Orientierungssatz

Ein für 2 Jahre gezahltes Krankentaggeld eines Kollektivversicherers in der Schweiz, mit dem die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers nach schweizerischem Obligationsrecht vollumfänglich abgegolten ist, stellt kein Arbeitsentgelt iS von § 151 Abs 1 S 1 SGB 3 dar, sondern ist mehr mit der Zahlung von Krankengeld vergleichbar.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt zuletzt noch die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes (Alg) unter Bemessung nach seinem in der Schweiz erzielten Einkommen.

Der Kläger ist gelernter Malergeselle und war in S., Deutschland, wohnhaft als Grenzgänger ab 18. November 1984 bis zum Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit am 21. Oktober 2013 als Maurer bei der AG (AGin) in Schweiz, beschäftigt. Ab 21. Oktober 2013 bis 21. Oktober 2015 zahlte die AGin dem Kläger, der seinen Angaben zufolge davor monatlich 5.780,00 SFR brutto erhalten hatte, ein Krankentaggeld in Höhe von 186,35 SFR täglich (gemäß den Angaben des Klägers durchschnittlich entsprechend ca. 5.590,50 SFR monatlich) aus, wobei bei der schweizerischen Versicherung ÖKK W. eine kollektive Erwerbsausfallversicherung bestand, die für den Kläger ab 21. Oktober 2013 Krankentaggeld leistete. Die ÖKK W. teilte in einem Schreiben an die AGin vom 2. September 2015 mit, die Leistungsdauer von 730 Tagen sei am 21. Oktober 2015 aufgebraucht. Die AGin kündigte mit zwei Schreiben vom 29. September 2015 das Arbeitsverhältnis sowohl zum 30. April 2016 als auch zum 31. Januar 2016 und sprach mit Schreiben vom 27. April 2016 eine weitere ordentliche Kündigung (ohne genaue Frist) aus, falls das Arbeitsverhältnis noch nicht aufgelöst sei.

Auf Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg - zunächst ab 12. Mai 2016 - mit Bescheiden vom 1. und 4. Juli 2016 für 540 Tage in Höhe von täglich 20,16 € (fiktive Bemessung nach der Qualifikationsstufe 4). Auf den Widerspruch, mit welchem ein früherer Beginn und ein höheres Alg unter Zugrundelegung des letzten Gehaltsanspruchs in der Schweiz in Höhe von 5.780,00 SFR geltend gemacht wurde, bewilligte die Beklagte - nach Feststellung eines vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen (sozialmedizinische gutachterliche Stellungnahme vom 1. August 2016) und Zugrundelegung einer möglichen Vermittlung in Tätigkeiten als Hausmeister, Verkäufer/Berater in Bau- und Heimwerkermärkten sowie auch als Fachhändler für Bedarf von Handwerksbetrieben im Baubereich - mit Änderungsbescheid vom 31. August 2016 und Widerspruchsbescheid vom 7. September 2016 Alg in Höhe von 25,60 € täglich (nunmehr unter Zugrundelegung der Qualifikationsstufe 3, Bemessungsentgelt 77,47 € täglich) sowie nachfolgend - nach Geburt eines Kindes am 11. Juni 2016 - mit Änderungsbescheid vom 16. September 2016 ab 1. Juni 2016 in Höhe von 28,59 € täglich (Bemessungsentgelt weiter 77,47 € täglich).

Grundlage der Bewilligung waren u.a. die vorgelegte „Arbeitgeberbescheinigung international“ vom 14. Juni 2016 (das Arbeitsverhältnis habe bis zum 31. Oktober 2015 gedauert, Lohnfortzahlung sei über Krankentaggeld bis zum 31. Oktober 2015 erfolgt) und eine Bescheinigung der SVA Schaffhausen vom 14. Juli 2016 im PDU 1 (versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers bis 31. Oktober 2015) sowie als Verdienstbescheinigung Lohnblätter, in denen die Zahlungen als „Versicherungsleistungen“ und nicht als Lohn ausgewiesen waren (bei einer 41-Stundenwoche für das Jahr 2014 mit 68.328,55 SFR und für das (Teil-)Jahr 2015 mit 56.650,40 SFR).

Auf die am 4. Oktober 2016 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2017 ein vom Kläger angenommenes Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass Alg ab dem 1. Mai 2016 bewilligt werde.

Hinsichtlich der Höhe des Alg hat der Kläger die Klage weiterverfolgt und ab 1. Mai 2016 Leistungen unter Zugrundelegung eines höheren Bemessungsentgelts begehrt. Das Alg sei nicht nach fiktivem Einkommen zu berechnen. Er sei auf dem Arbeitsmarkt 100% einsatzfähig. Die Beklagte könne sich bei der Arbeitslosenkasse in der Schweiz schadlos halten. Die Bemessung des Alg habe anhand des vormaligen Monatsverdienstes von 5.780,00 CHF zu erfolgen. Bei der Zahlung des Krankentaggelds handle es sich nicht um die Zahlung eines Lohnanspruchs, sondern um eine Krankenversicherungsleistung, die lediglich über das Konto der AGin abgewickelt worden sei. Wenn davon auszugehen sei, dass er zuletzt kein Arbeitsentgelt bezogen habe, müsse das Alg zumindest anhand des Krankent...

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