Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zurückweisung von Prozessbevollmächtigten. Mangel der Vollmacht. keine Überprüfung bei Rechtsanwalt. Fristsetzung zur Vorlage einer Vollmacht nur bei Rüge
Orientierungssatz
Die Sozialgerichte sollen den Mangel der Vollmacht gem § 73 Abs 6 S 4 idF vom 12.12.2007 bei prozessfähigen Bevollmächtigten nicht mehr von Amts wegen überprüfen, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Übergangsregelungen sind nicht vorgesehen, so dass die Neufassung ab Inkrafttreten anzuwenden ist. Damit ist die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung zur fehlenden Anwendbarkeit des § 88 Abs 2 ZPO überholt (vgl BSG vom 13.12.2000 - B 6 KA 29/00 R = SozR 3-1500 § 73 Nr 9). Eine Fristsetzung zur Vorlage einer Vollmacht iS von § 73 Abs 6 S 2 SGG kommt allenfalls in Betracht, wenn die gegnerische Partei den Mangel der Vollmacht rügt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und eine damit verbundene Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 17.456,73 Euro für den Zeitraum von Januar 2005 bis einschließlich Mai 2006.
Die Kläger sind verheiratet und bewohnen gemeinsam mit ihrem 2004 geborenen Sohn eine Mietwohnung in M. Sie bezogen vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2006 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Bei der ersten Antragstellung im Dezember 2004 verneinte die Klägerin sämtliche Fragen auf dem Zusatzblatt 3 zur Antragstellung zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens und gab lediglich an, über ein Girokonto zu verfügen. Bei den Folgeanträgen wurde jeweils angegeben, dass sich insoweit keine Änderungen ergeben hätten. Im Rahmen eines Datenabgleichs erfuhr die Beklagte im Dezember 2005, dass die Klägerin bei der D. Bank über Konten verfügte. Der Saldo betrug zum 18. April 2006 24.167,81 Euro (Depot) und 2.243,69 Euro (Sparcard).
Im Rahmen einer Anhörung zur beabsichtigten Rücknahme der Bewilligungsbescheide teilten die Kläger bei einer persönlichen Vorsprache im Juni 2006 mit, dass insgesamt ein Vermögen von ca. 32.000,00 Euro vorhanden sei. Nachdem eine angekündigte Aufstellung des Vermögens nicht einging, hörte die Beklagte mit Schreiben vom 21. März 2007 die Klägerin nochmals zur beabsichtigten Rücknahme der Leistungsbewilligungen an. Daraufhin gaben die Kläger Fondsvermögen bei der D. Bank von ca. 25.000,00 Euro, ein Sparbuch des Klägers über 5.000,00 Euro und ein Kontokorrentguthaben bei der Volksbank R.-N. über 6.000,00 Euro an. Insgesamt seien 36.000,00 Euro vorhanden gewesen, welche als Anzahlung für den Erwerb einer Eigentumswohnung dienen sollten. Zu beachten sei, dass von dem Fondsvermögen 15.500,00 Euro der Schwester der Klägerin gehörten. Hierzu gab die Schwester der Klägerin eine eidesstattliche Versicherung ab. Gegenwärtig sei das Vermögen um 9.000,00 Euro gemindert, da die Familie diesen Betrag aufgebraucht habe, um die laufenden Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Ursprünglich habe die Klägerin das Vermögen nicht angegeben, da sie irrtümlicherweise von höheren Freibeträgen ausgegangen sei und Ansparungen für die Eigentumswohnung wie eine Eigentumswohnung angesehen habe, für die eine Anzeigepflicht nicht vorliege.
Mit Bescheiden vom 25. Mai 2007 nahm die Beklagte zum Einen gegenüber der Klägerin und dem Sohn H.-D. und zum Anderen gegenüber dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2006 die Bewilligungsbescheide ganz zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass bereits bei Antragstellung im Dezember 2004 ein Vermögen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft von insgesamt 38.116,43 Euro vorgelegen habe, welches nicht mitgeteilt worden sei. Nach Abzug der Freigrenze in Höhe von 17.200,00 Euro ergebe sich noch ein einzusetzendes Vermögen in Höhe von 20.816,43 Euro. Die festgesetzten Erstattungsbeträge beliefen sich für die Klägerin und ihren Sohn auf insgesamt 11.530,50 Euro und für den Kläger auf 8.578,03 Euro.
Auf die Widersprüche der Kläger änderte die Beklagte die Rücknahme- und Erstattungsbescheide dahingehend ab, dass von der Klägerin 8.123,93 Euro, vom Kläger 7.221,76 Euro und vom Sohn H.-D. 2.111,04 Euro erstattet verlangt wurden (Berücksichtigung der Abweichung der tatsächlich ausgezahlten Leistungen von den bewilligten Leistungen), im Übrigen wurden die Widersprüche zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 29. Februar 2008). Es liege Vermögen weit über den Freibeträgen vor. Der Vortrag der Kläger sei nicht schlüssig und daher nicht glaubhaft. Zum Einen werde darauf hingewiesen, dass das Vermögen von 36.000,00 Euro als Anzahlung für den Erwerb einer Eigentumswohnung dienen solle, auf der anderen Seite versichere die Schwester der Klägerin an Eides Statt, dass ihr 15.500,00 Euro des Vermögens zuzuordnen seien, welches sie für ihre Hochzeit und Wohnungseinrichtung verwenden wolle. Es müsse davon ausgegangen werden, dass das gesamte Vermögen solch...