Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Betriebsprüfung. Rechtsmäßigkeit der Beitragsnacherhebung. keine Störung des Äquivalenz- bzw Versicherungsprinzips, auch wenn Versicherter in Unkenntnis des Eintritts der Versicherungspflicht keine Leistungen in Anspruch genommen hat
Leitsatz (amtlich)
Das Versicherungsprinzip bzw Äquivalenzprinzip steht der Nacherhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung beim Arbeitgeber auch dann nicht entgegen, wenn der Versicherte in Unkenntnis einer Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse keine Leistungen in Anspruch genommen hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.09.2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 27.089,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist (GmbH & Co KG). Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von computergesteuerten Prozessrechnern. Die Firma ist im Handelsregister A des Amtsgerichts F. unter der Nummer HRA ... eingetragen.
Der Beigeladene zu 2) war schon vor dem 01.01.2003 bis zu seinem Ausscheiden zum 30.06.2007 als abhängig Beschäftigter bei der Klägerin angestellt. Für ihn wurden keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt. Er war privat kranken- und pflegeversichert. Bis zum 31.12.2003 bestand für ihn wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Das laufende Gehalt des Beigeladenen zu 2) betrug nach Abzug der steuer- und sozialversicherungsfreien Aufwendungen für die Altersvorsorge vom 01.01.2004 bis 30.06.2007 monatlich gleichbleibend 3.142,00 €. Im Jahr 2004 erhielt der Beigeladene zu 2) folgendes Jahresgehalt:
|
Festgehalt |
monatlich 3.142, 00 € * 12 |
37.704,00 € |
Urlaubsgeld |
Juni 2004 |
205,15 € |
Urlaubsgeld |
Dezember 2004 |
818,70 € |
Weihnachtsgeld |
November 2004 |
1.023,95 € |
Zwischensumme |
|
39.751,80 € |
Überstundenvergütung |
Februar 2004 |
1.889,00 € |
Überstundenvergütung |
September 2004 |
1.889,00 € |
Gesamt |
|
43.529,80 € |
Im Jahr 2005 erhielt er ein Jahresgehalt (Festgehalt plus Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld) iHv 39.546,70 € und im Jahr 2006 iHv 39.751,90 €. Die Überstundenvergütungen im Jahr 2004 wurden zwar in einem Betrag ausbezahlt, aber in den Monaten zuvor erarbeitet. In den Jahren 2005 und 2006 sind keine Überstundenvergütungen angefallen.
Auch der Beigeladene zu 3) war schon vor dem 01.01.2003 als abhängig Beschäftigter bei der Klägerin angestellt. Bis zum 31.12.2002 bestand für ihn wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Er war privat kranken- und pflegeversichert. Für ihn wurden bis zum 31.12.2003 keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt. Ab dem 01.01.2004 wurde bei ihm Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung angenommen. Das laufende Gehalt des Beigeladenen zu 3) betrug ab dem 01.01.2003 monatlich gleichbleibend 2788,00 €. Im Jahr 2003 erhielt der Beigeladene zu 2) folgendes Jahresgehalt:
|
Festgehalt |
monatlich 2.788, 00 € * 12 |
33.456,00 € |
Urlaubsgeld |
Juni 2003 |
690,30 € |
Urlaubsgeld |
Dezember 2003 |
690,30 € |
Weihnachtsgeld |
November 2003 |
1.380,50 € |
Zwischensumme |
|
36.217,10 € |
Überstundenvergütung |
Februar 2003 |
1.593,00 € |
Überstundenvergütung |
April 2003 |
1.593,00 € |
|
Juni 2003 |
1.593,00 € |
Gesamt |
|
40.996,10 € |
Im Jahr 2004 erhielt er ein Jahresgehalt (Festgehalt plus Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld) iHv 36.217,00 € und im Jahr 2005 iHv 35.527,00 €. Die Überstundenvergütungen wurden zwar in einem Betrag ausbezahlt, aber in den Monaten zuvor erarbeitet. Im Jahr 2004 sind keine Überstundenvergütungen angefallen. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 8 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wurde nicht ausgesprochen; die Beigeladenen zu 2) und 3) haben dies auch nicht beantragt.
Die Beigeladene zu 1) ist die zuständige Einzugsstelle für die Beigeladenen zu 2) und 3).
Vom 24.09.2007 bis zum 08.04.2008 führte der beklagte Rentenversicherungsträger bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch, die den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2006 umfasste. Nach einer Anhörung der Klägerin erließ die Beklagte den Bescheid vom 07.05.2008, mit dem sie von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge für mehrere Mitarbeiter der Klägerin, darunter die Beigeladenen zu 2) und 3), in Höhe von insgesamt 30.771,11 € nachforderte. Säumniszuschläge wurden nicht erhoben. Auf die Beigeladen...