Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Bestattungskosten. erforderliche Kosten. Individualisierung der Grabstätte. Zumutbarkeit der Kostentragung. Verweis auf Ausgleichsansprüche gegen Dritte
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den angemessenen Bestattungskosten zählt zwar auch eine Individualisierung der Grabstätte, in der Regel ist hierfür jedoch ein Holzkreuz oder ein ähnliches Denkmal, nicht aber ein Grabstein erforderlich. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, was ortsüblich ist.
2. Soweit ein Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII geltend gemacht wird kann es dem Antragsteller auch zumutbar sein, zur Tragung der Bestattungskosten etwaige Ansprüche gegen Dritte (hier die Schwester) geltend zu machen, durchzusetzen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass dies endgültig gescheitert ist.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Mai 2019 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. August 2017 teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger weitere Bestattungskosten in Höhe von 95,78 Euro zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme von Bestattungskosten.
Der 1958 geborene, verheiratete Kläger ist der Sohn der am 1936 geborenen und am 2017 verstorbenen T (im Folgenden T.). T. war zu diesem Zeitpunkt verwitwet. Sie hatte zwei weitere Kinder, die Töchter H (im Folgenden H.) und L (im Folgenden L.).
Der Kläger veranlasste daraufhin die Bestattung seiner Mutter. Ausweislich der vorlegten Rechnungen sind hierfür folgende Kosten entstanden: 2.558,91 Euro für das Bestattungsinstitut P D (vgl. Rechnung vom 18.04.2017), 7.508,06 Euro für den Grabstein (vgl. Rechnung der G GmbH vom 09.05.2017) sowie Bestattungsgebühren in Höhe von 2.364,00 Euro (vgl. Gebührenbescheid des Wirtschaftsbetriebes der Stadt L1 vom 08.06.2017), insgesamt also 12.430,97 Euro.
T. hatte zu Lebzeiten eine Sterbegeldversicherung bei der B Sterbekasse VVaG abgeschlossen. Diese überwies dem Kläger nach dem Tod der Mutter das Sterbegeld in Höhe von 3.790,29 Euro.
Der Kläger beantragte am 20.04.2017 bei der Beklagten die Übernahme der Bestattungskosten. Er gab hierbei u.a. an, dass er selbst über keinerlei Einkünfte verfüge und seine Ehefrau nur einen geringen Arbeitsverdienst erhalte (Auszahlbetrag im Januar 2017: 1.414,55 Euro).
Die Beklagte übernahm daraufhin mit Bescheid vom 12.07.2017 Bestattungskosten in Höhe von 247,54 Euro. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass, da der Kläger zwei Schwestern habe, sich die Übernahme der Bestattungskosten grds. nach Kopfteilen bemesse und daher vorliegend nur ein Drittel der Kosten berücksichtigt werden könnten. Insgesamt nicht berücksichtigt werden könnten die Kosten für den Grabstein und das Sargdeckelbukett i.H.v. 300,00 Euro (stattdessen berücksichtige man Kosten für einen einfachen Sargschmuck in Höhe von 60,00 Euro), da im Rahmen des § 74 Sozialgesetzbuch (SGB XII) nur die erforderlichen Kosten einer einfachen und würdigen Beerdigung berücksichtigt werde könnten. Die übrigen Positionen auf der Rechnung sowie die Gebühren der Stadt L1 könnten jedoch in vollem Umfang berücksichtigt werden. Erstattungsfähig seien daher insgesamt 4.532,91 Euro. Abzüglich der Sterbegeldversicherung sowie der auf die Schwestern entfallenden Kopfteile verbleibe es bei der genannten Summe.
Hiergegen erhob der nun anwaltlich vertretene Kläger am 07.08.2017 Widerspruch und trug vor, dass die Sterbegeldversicherung für die Bestattungskosten aufgewandt worden sei. Sie könne deshalb nicht angerechnet werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2018 als unbegründet zurück. Der Sohn der verstorbenen T. sei, wie seine beiden Schwestern grds. zur Tragung der Kosten der Bestattung verpflichtet. § 74 SGB XII unterliege als Bestandteil des SGB XII dem sog. Nachranggrundsatz, so dass zunächst alle vorrangigen Leistungen einzusetzen seien. Die Berücksichtigung der Sterbegeldversicherung sei daher nicht zu beanstanden. Darüber hinaus sei es dem Kläger auch zumutbar, sich zunächst an seine beiden Schwestern zu halten, damit diese ihren Anteil an den Kosten übernähmen.
Hiergegen ist zunächst am 16.04.2018 Klage zum Sozialgericht (SG) Speyer erhoben worden. Dieses hat den Rechtsstreit nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 17.05.2018 an das örtlich zuständige SG Mannheim verwiesen.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage sodann u.a. vorgetragen, dass er die Übernahme von Kosten in Höhe von 8.640,68 Euro begehre. Aus der Sterbegeldversicherung allein habe er nur den Gebührenbescheid der Stadt L1 bezahlen können. Die Bestattung selbst sowie der Grabstein seien mit dem Geld nicht zu bezahlen gewesen. Mit dem Bestattungsunternehmen habe er eine Ratenzahlung vereinbart. Es könne nicht sein, dass die Beklagte keine Kosten übernehme. Die b...