Entscheidungsstichwort (Thema)
Psychotherapeutische Versorgung. bedarfsunabhängige Zulassung. Zeitfenster. Mindestbehandlungsstunden. Behandlung in eigener Praxis auf Krankenkassenkosten. Verfassungsmäßigkeit. Übergangs- und Stichtagsregelung. unterschiedliche Behandlung zu Ärztlichen Psychotherapeuten
Orientierungssatz
1. Für die Frage der Teilnahme iS des § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5 ist der Nachweis, eine bestimmte Anzahl von Behandlungsstunden erbracht zu haben, nicht erforderlich.
2. Im Sinne des § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5 hat nur der psychologische Psychotherapeut an der Versorgung Versicherter "teilgenommen", der schon vor dem maßgeblichen Stichtag mit einem gewissen Mindestumfang kraft förmlicher Entscheidung nach Maßgabe des bis zur Einführung des PsychThG geltenden Rechts gesetzliche Krankenversicherte in eigener Praxis auf Kosten der Krankenkassen psychotherapeutisch behandelt hat.
3. Es liegt kein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG vor, dass auch bei den Psychologischen Psychotherapeuten grundsätzlich eine bedarfsabhängige Zulassung eingeführt worden ist.
4. Der Gesetzgeber ist nicht nur zur Fixierung neuer Berufsbilder befugt. Er darf darüber hinaus Berufsbilder auch vereinheitlichen und ist durch Art 12 Abs 1 GG insbesondere nicht gezwungen, Berufe mit (teil)identischen Tätigkeitsbereichen, aber unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen auf Dauer nebeneinander bestehen zu lassen (vgl BVerfG vom 5.5.1987 - 1 BvR 724/81 = BVerfGE 75, 246.
5. Die Übergangsregelung des § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5 ist verfassungsgemäß. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber mit der Stichtagsregelung des § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5 auf das Datum der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Deutschen Bundestag abgestellt hat.
6. Es verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, dass psychologische Psychotherapeuten durch die Stichtagsregelung anders behandelt werden als Ärztliche Psychotherapeuten, weil für diese eine Stichtagsregelung wie die des § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5 nicht entsprechend eingeführt worden ist.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Psychologische Psychotherapeutin in F.
Die ....1958 geborene Klägerin absolvierte von 1983 bis 1990 das Studium der Psychologie. Von Juli 1990 bis Januar 1994 war sie zunächst in der B-Klinik in D, anschließend ab Februar 1994 in der Psychiatrischen Universitätsklinik F als Diplom-Psychologin beschäftigt. Seit Januar 1995 war sie in der Institutsambulanz der Psychiatrischen Universitätsklinik F tätig. Ab April 1997 befand sie sich im Mutterschutz, ihr Sohn wurde ....1997 geboren. Seit Oktober 1997 arbeitet sie in freier Praxis. Die Beigeladene Nr. 1 erteilte ihr mit Schreiben vom 26.08.1993 und erneut mit Schreiben vom 18.09.1997 die Berechtigung zur Teilnahme am Delegationsverfahren.
Mit einem am 19.10.1998 beim Zulassungsausschuss eingegangenen Antrag vom 07.10.1998 beantragte die Klägerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Psychologische Psychotherapeutin in ... F. Die Beigeladene Nr. 1 teilte der Klägerin im Schreiben vom 03.12.1998 mit, aufgrund der Erteilung der Berechtigung zur Durchführung der Verhaltenstherapie bei Erwachsenen in Einzel- und Gruppenbehandlung im Delegationsverfahren vom 26.08.1993 habe sie den Fachkundenachweis nach Übergangsvorschriften erbracht. Einen Nachweis der schutzwürdigen Vortätigkeit in der Zeit vom 25.06.1994 bis 24.06.1997 könne allerdings nicht ausgestellt werden, da keinerlei abgerechnete Fälle in diesem Zeitraum bekannt seien. Die Klägerin machte geltend, die Ablehnung ihres Zulassungsantrags stelle für sie eine unbillige Härte dar, und übersandte eine Aufstellung über von ihr durchgeführte verhaltenstherapeutische Behandlungsstunden in der Zeit von 1994 bis 1997 sowie eine Bescheinigung des Prof. Dr. B, Ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik und des Dr. B, Oberarzt an dieser Klinik, vom 18.12.1998, wonach sie die (in der vorgelegten Aufstellung) genannten Leistungen im Rahmen ihrer ambulanten Tätigkeit an der Universitätsklinik F, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie, selbst durchgeführt habe. Die verhaltenstherapeutische Ermächtigungsambulanz sei eine Einrichtung der ambulanten kassenärztlichen Versorgung. Die Leistungen seien aus abrechnungstechnischen Gründen über die KV-Nummer der Institutsambulanz abgerechnet worden. Die Klägerin habe zugunsten dieser Abrechnungsmodalitäten ihre persönliche KV-Nummer im Zeitraum von 1994 bis 1997 stillgelegt. In diesem Zeitraum sei die Klägerin bei den von ihr durchgeführten ambulanten Verhaltenstherapien explizit als Therapeutin zur Behandlung im Delegationsverfahren bei der Beigeladenen Nr. 1 benannt worden. Durch ihre ambulante Tätigkeit habe sie nicht nur an der Regelversorgung teilgenommen, sondern habe sich durch die erbrachten Leistungen indirekt auch ihre Angestelltentätigkeit finanziert. Eine potenzielle Benachteiligung bei der bedarfsunabhängigen Zulassung gegenüber freien Praxen erscheine ...