Leitsatz (amtlich)
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Stuttgart vom 13.12.2006 - L 5 KA 758/06, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Beklagten, monatliche Abschlagszahlungen an die Klägerin für Oktober und November 2004 um insgesamt 6.800 € zu kürzen.
Am 23.12.2004 hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Kassenärztliche Vereinigung Nord-Württemberg, beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben. Sie hat von der Beklagten die vollständige Entrichtung der Abschlagszahlungen auf die vertragsärztliche Gesamtvergütung in den Monaten Oktober und November 2004 beansprucht. Für diese Monate habe die Beklagte unter Berufung auf § 140d Abs. 1 SGB V die Abschlagszahlung nach vorheriger Ankündigung um jeweils 3.400 €, zusammen 6.800 € gekürzt. Die Beklagte habe den Abzug unter Hinweis auf § 140d Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gerechtfertigt, wonach zur Förderung der integrierten Versorgung (IV) jede Krankenkasse in den Jahren 2004 bis 2006 jeweils Mittel bis zu 1 Prozent von der nach § 85 Abs. 2 SGB V an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichtenden Gesamtvergütung sowie von den Rechnungen der einzelnen Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Versorgung einbehalten könne, soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b SGB V geschlossenen Verträgen erforderlich seien.
Nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V komme ein Abzug nur in Betracht, wenn ein Vertrag im Rahmen der IV abgeschlossen worden sei. Unter IV verstehe man nach § 140a Abs. 1 SGB V eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung. Verträge, die dieses Anforderungsprofil erfüllten, seien von der Beklagten weder vorgelegt worden noch habe die Beklagte substantiiert dargelegt, dass die von ihr abgeschlossenen Verträge solche im Rahmen der IV seien noch die Abzugsquote begründet. Der vorgelegte Vertrag (Bl. 42 ff. SG-Akte) sei ausschließlich mit stationären Einrichtungen geschlossen und habe nach dessen § 2 die komplette stationäre Krankenhausleistung gemäß § 39 SGB V, die notwendigen Transporte gemäß § 60 SGB V und die stationäre Rehabilitation gemäß § 40 SGB V zum Gegenstand. Verträge, die ausschließlich stationäre Leistungen beträfen und den ambulanten Bereich nicht einbezögen, berechtigten nicht zum Abzug von der vertragsärztlichen Gesamtvergütung. Dies folge aus § 140d Abs. 1 Satz 3 SGB V (wonach die einbehaltenen Mittel ausschließlich zur Finanzierung der vereinbarten Vergütungen zu verwenden seien) in Verbindung mit § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V (Erforderlichkeitsmerkmal). Auch § 140d Abs. 2 SGB V, der eine Bereinigung der Gesamtvergütung für den Fall vorsehe, dass die zur Förderung der IV verwandten Mittel die eingehaltenen Mittel überstiegen, spreche dafür, nur solche Integrationsverträge zur Kürzung der Gesamtvergütung als berechtigt anzusehen, die den vertragsärztlichen Leistungen zu Gute kämen. Denn die Bereinigung nach § 140d Abs. 2 SGB V habe entsprechend der Zahl und der Risikostruktur der an der IV teilnehmenden Versicherten sowie nach dem im Integrationsvertrag vereinbarten Versorgungsauftrag zu erfolgen.
Die Abzugsberechtigung lasse sich nicht mit der Rechtsauffassung aus dem Beschluss des LSG Brandenburg vom 01.11.2004 (L 5 B 105/04 KA-ER) rechtfertigen. In dieser Entscheidung habe das Gericht ausgeführt, dass die Krankenkassen unabhängig vom Abschluss konkreter integrierter Versorgungsverträge einen einprozentigen Abzug von der Gesamtvergütung vornehmen könnten. Dies folge aus § 140d Abs. 1 Satz 5 SGB V, wonach die nicht für die integrierten Versorgungsverträge verwendeten Mittel von den Krankenkassen nach drei Jahren auszuzahlen seien. Das LSG Brandenburg habe jedoch übersehen, dass § 140d Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V mit der Formulierung “soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b geschlossenen Verträgen erforderlich sind„ erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt und diese Ergänzung mit folgender amtlicher Begründung (BT-Drucks. 15/1600, S. 14) versehen worden sei: “Mit dieser Regelung ... sichergestellt werden (soll), dass die vorgesehene Anschubfinanzierung nicht als zusätzliche Finanzreserve zeitweise einbehalten, sondern tatsächlich zur Förderung der integrierten Versorgung verwendet wird.„ Hieraus werde ersichtlich, dass ausschließlich der Abschluss eines integrierten Versorgungsvertrages, der das Anforderungsprofil nach § 140b SGB V erfülle, einen Abzug von der vertragsärztlichen Gesamtvergütung rechtfertige. Statt dessen sei auf den Beschluss des Sozialgerichts für das Saarland vom 14.12.2004 (S 2 ER 89/04 KA) hinzuweisen (vgl. Bl. 103 ff. SG-Akte).
Die ursprüng...