Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Voraussetzungen der integrierten Versorgung. ambulante und stationäre Behandlung durch einen Leistungserbringer. Zusammenarbeit zwischen operierendem Krankenhaus und Rehabilitationseinrichtung keine Leistungssektoren übergreifende Versorgung. Zusammenarbeit zwischen mehreren Leistungserbringern als interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Integrierte Versorgung setzt die Zusammenarbeit mehrerer Leistungserbringer voraus. Wird ein Leistungserbringer (ein Krankenhaus) im Vertrag mit der Krankenkasse dazu ermächtigt, alternativ je nach der konkreten Situation eine Behandlung ambulant oder stationär auszuführen, genügt dies daher den Anforderungen an eine Integrierte Versorgung nicht.
2. Integrierte Versorgung im Sinne einer Leistungssektoren übergreifenden Versorgung setzt die Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern aus den Sektoren "ambulant" und "stationär" voraus. Die Zusammenarbeit zwischen dem operierenden Krankenhaus und der die Anschlussheilbehandlung durchführenden stationären Rehabilitationseinrichtung stellt daher auch keine Leistungssektoren übergreifende Versorgung dar.
3. Eine Zusammenarbeit zwischen mehreren Krankenhäusern verschiedener Fachrichtungen oder zwischen mehreren Fachärzten oder zwischen Hausärzten und Fachärzten stellt zwar jeweils keine Leistungssektoren übergreifende Versorgung jedoch eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung im Sinne der Integrierten Versorgung dar.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Berechtigung der beklagten Krankenkasse im Streit, die der klägerischen Kassenärztlichen Vereinigung zustehenden monatlichen Abschlagszahlungen auf die Gesamtvergütung für die Monate September bis November 2004 um insgesamt 79.001,88 € zu kürzen.
Die Beklagte zahlte im Jahr 2004 aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Landesverband der Angestellten-Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordwürttemberg (Rechtsvorgängerin der Klägerin) monatliche Abschlagszahlungen auf die Gesamtvergütung. Für den Monat September 2004 kürzte sie die Abschlagszahlung zunächst um 63.173,29 €, für die Monate Oktober und November 2004 um jeweils 100.083,17 €.
Ausgangspunkt waren die von der Beklagten geschlossenen folgenden Verträge über integrierte Versorgung (IV):
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Vertragspartner |
Vertragsgegenstand |
Abzugsquote |
Nr.1 : H. Klinik G. |
Knie-, Ellenbogengelenkseingriffe (I18Z) Uteruseingriff (N07Z): ambulant oder stationär mit Fallmanagement und Leitlinienbehandlung |
0,012 % |
Nr.2 : Klinik a. E. G. |
Knie-, Ellenbogengelenkseingriff (I18Z u.w.) einschl. Athroskopie/Uteruseingriff (N07Z u.w.) einschl. Endoskopie : ambulant oder stationär mit Fallmanagement und Leitlinienbehandlung |
0,03 % |
Nr.3 : Klinik a. E. G. / Rehaklinik Bad B. |
Eingriffe am Hüft-/Kniegelenk sowie Wirbelsäule/Wirbelkörper, operativ mit Gelenkersatz sowie ohne: Vernetzung stat. Behandlung/Reha, Patientenschulung, Qualitätssicherung, Garantie |
0,149 % |
Nr.4 : H. Klinik G. / Rehaklinik Bad B. |
Knieprothetik (I04Z): Vernetzung stat. Behandlung/Reha, Patientenschulung, Qualitätssicherung, Garantie |
0,042 % |
Nr.5 : V. Klinik / S. Klinik beide Bad R. |
Hüft- und Knieprothetik : Vernetzung stat . Behandlung/stat. Reha/ ambul . Reha angestrebt, Patientenschulung, Qualitätssicherung, Garantie |
0,289 % |
Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf die Kopien der Verträge in den Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Am 23. Dezember 2004 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben auf Zahlung der einbehaltenen Beträge. Zur Begründung hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte sei nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) gegenüber der Klägerin zur Entrichtung der vertragsärztlichen Gesamtvergütung verpflichtet. Die Klägerin hat ursprünglich insgesamt für die Zeit von Juli 2004 bis November 2004 die Nachzahlung einbehaltener Anteile an der Gesamtvergütung in Höhe von 389.686,21 € geltend gemacht, hinsichtlich der Monate Juli und August 2004 hat sie die Klage wieder zurückgenommen, da insoweit eine Kürzung der Abschlagszahlungen nicht erfolgt sei und bezüglich eines Teilbetrages in Höhe von 184.337,75 € hat die Beklagte am 9. Februar 2005 ein Teilanerkenntnis abgegeben, welches die Klägerin zur Erledigung des Rechtsstreites insoweit angenommen hat. Die Beklagte war hier beim Einbehalten nach ihrer eigenen Einlassung versehentlich von einer zu hohen Basis ausgegangen. Bezogen auf den unstreitig erledigten Teil der Klageforderung haben die Beteiligten wechselseitig auf Kostenanträge verzichtet.
Zur Begründung ihrer Klage im Übrigen hat die Klägerin geltend gemacht, dass hier der Abzug unter ...