Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammentreffen von Einkommen und Altersrente. Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung. keine atypische Fallgestaltung. Aufhebung einer Rentenbewilligung. Wesentliche Änderung in den Verhältnissen. Vormonatsprinzip. Grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze bei Bezug einer Rente wegen Alters (§ 34 SGB 6) stellt eine wesentliche Änderung iSd § 48 SGB 10 dar. Die Reduzierung des Rentenanspruchs und die Härte der Rückzahlung allein bedingen keine atypische Fallgestaltung.

 

Normenkette

SGB VI § 34 Abs. 2-3; SGB X § 48 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 2, § 50 Abs. 1; SGB IV § 8

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.02.2012 insoweit abgeändert, als der Bescheid der Beklagten vom 12.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.09.2009 aufgehoben wird, soweit die Rentenbewilligung für die Zeit vom 01.04. bis 31.05.2003 teilweise aufgehoben und eine Rückzahlung von mehr als 13.720,65 € gefordert wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Teilaufhebung der ihr bewilligten Altersrente für Frauen für die Zeit vom 01.04.2003 bis 31.12.2007 wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze und eine daraus resultierende Reduzierung der Rente auf eine Teilrente von 2/3 einer Vollrente sowie die Rückforderung überzahlter Rentenleistungen für diesen Zeitraum iHv 14.256,11 €.

Die 1942 geborene Klägerin war als Erzieherin bis Ende 2002 versicherungspflichtig beschäftigt. Daneben war sie seit 1995 bei der E. GmbH in S. geringfügig beschäftigt. Zuletzt verdiente sie dort bis 31.03.2003 monatlich 325 € und ab 01.04.2003 fortlaufend 400 €.

Am 07.08.2002 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Altersrente für Frauen. Im Antragsformular verneinte sie die Frage nach der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung (Ziffer 6.2). Unter Ziffer 10.4 gab sie an, dass sie versicherungspflichtig bzw geringfügig beschäftigt sei, verneinte jedoch die Frage, ob sie ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt oder steuerrechtlichen Gewinn erzielen werde. Im Oktober 2002 legte die Klägerin die Entgeltvorausbescheinigung (Formular R 250) vor, aus der sich allein eine versicherungspflichtige Tätigkeit bei der Landeshauptstadt S. ergab.

Mit Bescheid vom 05.11.2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen ab 01.01.2003 iHv monatlich 798,23 €. Der Bescheid enthält auf Seite 3 den Hinweis: “Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten; die Altersrente kann sich bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese beträgt monatlich 325 €. Daher besteht bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, uns die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen.„ Zusätzlich waren in der Anlage 19 zum Bescheid die konkreten Hinzuverdienstgrenzen für die Rente wegen Alters in Höhe der Vollrente (325 €), von 2/3 der Vollrente (755,41 €), der Hälfte der Vollrente (1.129,88 €) und von 1/3 der Vollrente (1.504,36 €) nochmals ausführlich dargestellt.

Am 16.05.2008 beantragte die Klägerin die Umwandlung der bisher gezahlten Altersrente für Frauen in eine Regelaltersrente. Im Antragsformular verneinte sie die Frage, ob sie versicherungspflichtig bzw geringfügig beschäftigt sei, legte jedoch eine Bestätigung der E. GmbH vom 19.05.2008 über eine geringfügige Beschäftigung mit einer Entlohnung von maximal 400 € im Monat vor. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin der Klägerin am 01.08.2008 telefonisch mit, das Einkommen der Klägerin habe ab 01.01.2003 monatlich 400 € betragen.

Mit Bescheid vom 19.06.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Regelaltersrente ab, da nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters nach § 34 Abs 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) idF ab 01.01.2008 ausgeschlossen sei.

Mit Schreiben vom 14.11.2008 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung der Altersrente und Rückforderung wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze für die Zeit ab 01.01.2003 an. Zudem sei für die Zeit vom 01.01.2001 bis 31.12.2002 die Beschäftigung bei der E. GmbH als Zweitbeitragszeit im Versicherungskonto zu berücksichtigen. Es sei daher beabsichtigt, den Bescheid vom 05.11.2002 mit Wirkung ab 01.01.2003 zurückzunehmen, die richtig berechnete Rente iHv 838,14 € ab 01.01.2009 laufend zu zahlen und die Überzahlung für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2007 iHv 15.662,48 € zurückzufordern. Die Klägerin teilte mit, dass sie bis 31.03.2003 die damalige Hinzuverdienstgrenz...

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