Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. versicherte Tätigkeit. versicherter Weg. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. keine geringfügige Unterbrechung. Richtungswechsel. öffentlicher Verkehrsraum. Verkehrsunfall. Schadensregulierung. Vorbereitungshandlung. gemischte Tätigkeit. Arbeitsunfall. Regulierungsgespräche nach einem Verkehrsunfall
Leitsatz (amtlich)
Zum Ausschluss von Unfallversicherungsschutz im Rahmen von Regulierungsgesprächen nach einem Verkehrsunfall (Anschluss an BSG Urteil vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R = SozR 4-2700 § 8 Nr 32).
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 1, 2 Nrn. 1, 4, § 2 Abs. 1 Nr. 1; StGB § 142; StVO § 34
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. April 2011 aufgehoben.
Die Klagen werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei dem tödlichen Unfall des Ehemannes bzw. Vaters der Kläger vom 7.4.2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Der 1951 geborene G. K., im Folgenden K., wohnte mit seiner Familie (Ehefrau und damals drei Kindern) in F.. Seit 17.3.2008 war er als Assistenzarzt auf Probe im St. M.-Hospital in ... M. angestellt, wo er im Krankenhaus ein Zimmer hatte und während der Woche wohnte. Da K. am Montag, den 7.4.2008 Urlaub hatte, fuhr er am 7.4.2008 gegen 19:00 Uhr von seiner Wohnung in F. los, um am nächsten Morgen, dem 8.4.2008, um 7:30 Uhr seinen Dienst im Krankenhaus anzutreten. Nach Angaben der Klägerin Ziff. 1 hatte K. die Absicht, den Weg in mehreren Etappen mit mehreren Pausen zurückzulegen und am Zielort unmittelbar die Arbeit aufzunehmen.
Auf der dreispurig ausgebauten Autobahn A 5 in Fahrtrichtung Kassel kam es gegen 23:30 Uhr in Höhe der Tank- und Rastanlage R. in der Gemarkung G. zu einer Kollision zwischen dem Fahrzeug des K., einem hellblauen VW Polo, und dem Fahrzeug des A., einem schwarzen Mitsubishi Lancer. K., der den rechten Fahrstreifen befuhr, wollte einen Lkw überholen und übersah dabei den auf dem mittleren Fahrstreifen fahrenden A. Hierbei kam es zu einer seitlichen Berührung beider Fahrzeuge, wobei die Hauptanstoßstelle am VW Polo des K. mittig des Fahrzeugs und beim Mitsubishi des A. an der rechten vorderen Fahrzeugseite lag. Der Mitsubishi geriet durch den Anprall ins Schleudern, stieß in die mittlere Leitplanke, von wo er abgewiesen wurde und kam schräg auf dem rechten Fahrstreifen zum Stillstand, wobei das Fahrzeugheck in den mittleren Fahrstreifen hineinragte. Das Fahrzeug von K. stand auf dem Ausfahrtstreifen der Tank- und Rastanlage äußerst weit rechts. Beide Fahrer hatten ihre Fahrzeuge verlassen. Nach einer kurzen Unterhaltung, bei der sich K. u.a. danach erkundigte, ob es A. gut gehe, machte sich A. auf in Richtung Tankstelle, um die Polizei zu benachrichtigen, während K. am Seitenstreifen/Ausfahrt zur Tankstelle blieb (so die Angaben von A. gegenüber der Polizei am 10.4.2008). Unmittelbar danach - A. hatte erst wenige Meter zurückgelegt - fuhr ein Großraum-Kastenwagen der Marke Fiat, Typ Ducato 120, frontal gegen die rechte hintere Seite des Mitsubishi des A. Dadurch wurde eine abrupte Verdrehung des Transporters ausgelöst und K. von dem herumschleudernden Transporter erfasst und tödlich verletzt. Die Unfallmeldung erfolgte um 23:35 Uhr; die Polizei traf um 23:48 Uhr an der Unfallstelle ein. Der Eintritt des Todes von K. ist mit 0:45 Uhr am 8.4.2008 bescheinigt.
Nachdem die Beklagte zunächst von einer kurzfristigen Unterbrechung des Arbeitsweges und einem weiterbestehenden Unfallversicherungsschutz des K. ausgegangen war, bewilligte sie der Klägerin Ziff. 1 Sterbegeld, das sie an das Sozialamt, das die Bestattungskosten getragen hatte, auszahlte und erstattete der Klägerin Ziff. 1 die Überführungskosten.
Nach Ergehen des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R -, in dem ausgeführt ist, Regulierungsgespräche nach einem Verkehrsunfall stünden nicht im sachlichen Zusammenhang mit dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit, wenn dieser nicht nur geringfügig unterbrochen worden sei, holte die Beklagte eine Auskunft bei A. vom 30.6.2009 ein (der nunmehr angab, der zweite Unfall habe sich noch während des Gesprächs über die Benachrichtigung der Polizei und des ADACs ereignet) und vertrat die Ansicht, bei dem Ereignis vom 7.4.2008 habe es sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt.
Mit fünf getrennten Bescheiden vom 12.8.2009 teilte die Beklagte den Klägern mit, die Ereignisse vom 7.4.2008 seien keine Arbeitsunfälle. Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen bestünden nicht. Zur Begründung führte sie aus, bei der Zeugenvernehmung der Polizei und bei ihrer eigenen Befragung habe A. angegeben, dass er und K. rechts neben seinem PKW gestanden und beratschlagt hätten, ob die Polizei verständigt werden sollte, da bei dem Verkehrsunfall keiner von beiden verletzt worden sei. Noch während dieser Unterredung sei es dann zu dem weiteren Verke...