Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Zuordnung zur Leistungsgruppe. Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten. Lohnersatzleistung. Erziehungsgeld
Orientierungssatz
Erziehungsgeld ist als lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung iS von § 113 Abs 2 S 3 AFG anzusehen, wenn während seines Bezuges ein zuvor erzielter Arbeitslohn tatsächlich ausfällt (Anschluß an BSG vom 29.4.1992 - 7 RAr 12/91 = SozR 3-4100 § 113 Nr 1).
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes (Alg) für die Zeit vom 01.11.1995 bis 26.10.1996.
Der im März 1966 geborene Kläger ist seit August 1992 verheiratet. Seine Frau gebar am 02.06.1995 ein Kind. Bis März 1995 betrug ihr Arbeitslohn aus der Tätigkeit als Repräsentantin bei der Fa. S M GmbH brutto DM 6.206,--. Vom 12.04. bis 28.07.1995 befand sie sich im Mutterschutz. Im April 1995 erhielt sie von ihrem Arbeitgeber neben dem anteiligen Gehalt (DM 2.236,40) und den vermögenswirksamen Leistungen (DM 52,--) Urlaubsgeld (DM 1.077,--), eine Weihnachtsgratifikation (DM 2.513,--) sowie "Mutterschaftsgeld" (DM 1.622,20). In der Zeit danach zahlte der Arbeitgeber "Mutterschaftsgeld" in Höhe von monatlich DM 2.561,40 bis Juni 1995 und zuletzt im Juli 1995 in Höhe von DM 2.390,--. Während der Mutterschutzzeit erhielt sie daneben von ihrer Krankenkasse "Krankengeld" in Höhe von insgesamt DM 2.700,--. Während des -- durch die Geburt des zweiten Sohnes am 13.12.1996 dann verlängerten -- Erziehungsurlaubes erhielt sie Bundeserziehungsgeld ab dem 2. Lebensmonat des ersten Kindes (im 2. Lebensmonat DM 80,--; vom 3. bis 12. Lebensmonat DM 600,--).
Auf der Lohnsteuerkarte des Klägers für 1995 war ursprünglich die Lohnsteuerklasse IV, ab dem 02.06.1995 ein Kinderfreibetrag und mit Wirkung ab dem 01.08.1995 -- ebenso wie später für das Jahr 1996 -- die Lohnsteuerklasse III eingetragen. Der Kläger verlor zum 31.10.1995 seinen Arbeitsplatz als Steuerfachgehilfe. In den letzten sechs Monaten zuvor hatte er ein gleichbleibendes Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich brutto DM 3.905,-- bezogen (Ausnahme im Juni 1995: DM 5.645,-- wegen darin enthaltenem Urlaubsgeld). Auf seine Arbeitslosmeldung und Antragstellung bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.1995 Alg ab dem 01.11.1995 nach der Leistungsgruppe D, dem erhöhten Leistungssatz und einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von DM 900,-- in Höhe von DM 285,-- je Woche (geändert durch Bescheid vom 01.01.1996 wegen der Anpassung an die neue Leistungsverordnung ab dem 01.01.1996: Leistungssatz wöchentlich DM 273,--). Die Leistungsbewilligung hob die Beklagte wegen Arbeitsaufnahme ab dem 28.10.1996 wieder auf (Bescheid vom 28.10.1996).
In seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.11.1995 machte der Kläger sinngemäß geltend, das Alg müsse sich entsprechend der eingetragenen Steuerklasse III nicht nach der Leistungsgruppe D sondern nach der Leistungsgruppe C richten. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19.12.1995 und der Argumentation zurück, der Kläger habe im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Steuerklassenwechsels ein monatliches Brutto-Entgelt von DM 3.905,--, seine Ehefrau dagegen Erziehungsgeld bezogen. Unmittelbar vor dem Bezug des Erziehungsgeldes habe die Ehefrau aber ein -- hier maßgebendes -- Brutto-Entgelt von DM 6.206,-- gehabt. Dementsprechend sei nicht die Steuerklassenkombination zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau III/V, sondern umgekehrt V/III zweckmäßig gewesen.
Das hiergegen am 16.01.1996 angerufene Sozialgericht Konstanz (SG) hat mit Urteil vom 26.11.1997 den Bescheid vom 27.11.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.12.1995 aufgehoben und die Beklagte zur Gewährung von Alg nach der Leistungsgruppe C verurteilt. Seiner Auffassung nach kann Erziehungsgeld nicht als Lohnersatzleistung gewertet werden, weil es in seiner Höhe unabhängig vom zuvor bezogenen Arbeitsentgelt oder sonstigem beruflichen Einkommen sei. Damit sei es sozial ungerechtfertigt und nicht geboten, Erziehungsgeld als lohnsteuerfreie Ersatzleistung im Sinne des § 113 Abs. 2 Satz 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) anzusehen. Angesichts dessen, daß der Kläger am 01.08.1995 noch in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis gestanden habe, sei der Steuerklassenwechsel zu diesem Zeitpunkt nicht im Hinblick auf seine Arbeitslosigkeit vorgenommen worden und damit die vom Gesetzgeber mit § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG bezweckte Abwehr und Verhinderung von Manipulationen nicht gegeben.
Gegen das ihr am 22.04.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.05.1998 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf einschlägige Rechtsprechungen des Bundessozialgerichtes (BSG) sowie des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß das Erziehungsgeld eine Unterstützung zur Erziehung von Kindern darstellt und ihm nicht generell ein Lohne...