Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Zuordnung zur Leistungsgruppe. Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten. Lohnersatzleistung. Erziehungsgeld

 

Orientierungssatz

Erziehungsgeld ist als lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung iS von § 113 Abs 2 S 3 AFG anzusehen, wenn während seines Bezugs ein zuvor erzielter Arbeitslohn tatsächlich ausfällt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes (Alg) im Zusammenhang mit einem Wechsel der Lohnsteuerklasse.

Der 1963 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger, im Besitz einer unbefristeten Arbeitserlaubnis und verheiratet. Sein jüngstes Kind wurde 1996 geboren. Seine Ehefrau erzielte vor Beginn dieser Mutterschaft ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 4.000,-- DM. Sie erhielt vom 11.03. bis 10.06.1996 Mutterschaftsgeld und danach vom 11.06.1996 bis 14.04.1998 Bundeserziehungsgeld in Höhe von 600,-- DM monatlich.

Der Kläger absolvierte von 1987 bis 1989 eine knapp zweijährige Ausbildung zum Werkzeugmacher und war danach mit kurzen Unterbrechungen bis Mai 1993 in diesem Beruf tätig. Ende März 1993 meldete er sich arbeitslos und beantragte Alg, das ihm nach einem Bemessungsentgelt von 860,-- DM bewilligt wurde (bindender Bescheid vom 18.10.1993). Von Mai 1994 bis Juni 1996 erhielt er wegen einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme (Umschulung zum Industrieelektroniker, Fachrichtung Gerätetechnik) Übergangsgeld und bis 24.07.1996 Anschluß-Übergangsgeld. Auf seine erneute Arbeitslosmeldung und Antragstellung am 13.06.1996 bewilligte die Beklagte zunächst vorläufig in Höhe von wöchentlich 241,80 DM und mit Bescheid vom 30.08.1996 endgültig Alg ab dem 25.07.1996 nach dem bisherigen Bemessungsentgelt von 860,-- DM, der Leistungsgruppe A und dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von wöchentlich 350,40 DM (angepaßt an die neue Leistungsverordnung ab dem 01.01.1997 durch Bescheid vom 09.01.1997, wöchentlicher Leistungssatz 344,40 DM).

Auf der Lohnsteuerkarte des Klägers bzw. seiner Ehefrau war zu Jahresbeginn 1996 die Steuerklasse IV/IV eingetragen. Mit Wirkung ab dem 01.09.1996 wechselten die Eheleute die Steuerklasse in III beim Kläger und V bei der Ehefrau. Dies machte der Kläger in seinem Widerspruch gegen die Höhe der Leistungsbewilligung geltend und begehrte Alg nach der Leistungsgruppe C. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.1996, dem Kläger am 06.12.1996 zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf den Charakter des Erziehungsgeldes als Lohnersatzleistung zurück.

Das hiergegen am 07.01.1997 angerufene Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat die Klage mit Urteil vom 07.08.1997 unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 06.05.1997 die Leistungsbewilligung wegen Arbeitsaufnahme ab dem 05.05.1997 aufgehoben.

Gegen das ihm am 04.11.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.12.1997 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die vom BSG vorgenommene Anwendung des § 113 Abs. 2 Satz 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) verbiete sich wegen dessen eindeutigem Wortlaut. Erziehungsgeld habe keinen durch Lohnausfall begründeten Charakter. Auch von einer ungerechtfertigten Manipulation könne nicht die Rede sein, wenn gesetzliche Möglichkeiten in Anspruch genommen würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07. August 1997 aufzuheben und den Bescheid vom 30. August 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Dezember 1996 sowie den Bescheid vom 09. Januar 1997 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, dem Erziehungsgeld könne nicht jeglicher Lohnersatzcharakter abgesprochen werden, da es nur solchen Antragstellern zustehe, die in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozeßakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist die Beschwerdesumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von 1.000,-- DM überschritten. Denn der Kläger begehrt für mehr als 200 Tage zusätzliche Leistungen in Höhe der Differenz zwischen Leistungsgruppe C und Leistungsgruppe A, die bei einem Bemessungsentgelt von 860,-- DM in den Jahren 1996 und 1997 täglich 12,90 DM ausmachte.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 30.08.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1996 und der gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des Klagverfahrens gewordene Bescheid vom 09.01.1997, soweit darin die Höhe des Alg geregelt ist.

Ebenso wie die Beklagte bejaht auch der Senat die Anspruchsvoraussetzungen für die dem Kläger zuerkannte Leistung, insbesondere war der Kläger während des streitige...

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