Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr. Merkzeichen G. GdB-Festsetzung. Bewertungsgrundsätze der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht: AHP. Versorgungsmedizinische Grundsätze: VersMedV
Leitsatz (amtlich)
Ob die an Stelle der AHP am 1.1.2009 in Kraft getretenen Regelungen der VG (j = VersMedV) zum Merkzeichen G mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nichtig sind, kann dahinstehen.
Auch nach dem 1.1.2009 besteht derzeit kein Anlass, von den in ständiger Übung angewandten Bewertungsgrundsätzen zum Merkzeichen G der bis zum 31.12.2008 geltenden AHP abzuweichen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger macht einen höheren Grad der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) und den Nachteilsausgleich G geltend.
Der 1959 geborene Kläger beantragte am 20.03.2003 erstmals die Feststellung des GdB und gab an, die Feststellungen sollen ab 30.04.2001, dem Erkrankungs- bzw. Feststellungszeitpunkt, getroffen werden. Nach medizinischer Sachaufklärung stellte das Versorgungsamt Stuttgart (VA) mit Bescheid vom 03.07.2003 einen GdB von 50 seit 01.12.2002 und einen GdB von 30 für die Zeit vom 24.09.2001 bis 30.11.2002 fest. Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, GL, B, H, aG, Bl und RF wurde mit diesem Bescheid abgelehnt. Dieser Entscheidung lag die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 01.07.2003 zugrunde, in der das beim Kläger vorliegende Kopfschmerzsyndrom (GdB 30), die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Spinalkanalstenose (GdB 20) und die Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (GdB 20) insgesamt mit einem GdB von 50 bewertet worden waren.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 17.07.2003 am 01.09.2003 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2004 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig zurückwies.
Am 31.01.2005 erhob der Kläger Klage (S 17 SB 566/05) zum Sozialgericht Stuttgart (SG) und erklärte, dass sein Schreiben vom 17.07.2003 nicht als Widerspruch zu werten gewesen sei. Vielmehr habe es sich insoweit um einen Neufeststellungsantrag gehandelt. Danach nahm der Kläger die Klage zurück.
Im Rahmen des Neufeststellungsverfahrens machte der Kläger eine Verschlimmerung seiner Leiden geltend und beantragte die Erhöhung des GdB und die Feststellung der Nachteilsausgleiche G, B, aG und RF. Hierzu legte der Kläger verschiedene ärztliche Unterlagen, insbesondere den Bericht vom 11.08.2003 über seine stationäre Behandlung in der Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie der Städtischen Kliniken E. vom 02.07. bis 09.07.2003, die ärztlichen Bescheinigungen der Orthopädin Dr. G. vom 08.03. und 01.07.2004, deren Befundbericht vom 22.12.2004 sowie Bescheinigungen des Nervenarztes Dr. R. und seines Hausarztes J., vor. Das VA ließ sich von dem Facharzt für Allgemeinmedizin J.er die ihm vorliegenden ärztlichen Unterlagen übersenden und holte anschließend die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 27.01.2006 ein. Darin wurde ein GdB von 60 angenommen, die Voraussetzungen der beantragten Nachteilsausgleiche hingegen verneint. Berücksichtigt wurden folgende Funktionsbeeinträchtigungen:
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1. Seelische Störung, Kopfschmerzsyndrom, funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 40) |
2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Spinalkanalstenose, chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 20) |
3. Funktionsbehinderung beider Schultergelenke (Teil-GdB 20) |
4. Arthrose, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Teil-GdB 20) |
5. Arthrose, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (Teil-GdB 10). |
Am 06.02.2006 erließ das nunmehr zuständige Landratsamt E. einen dieser versorgungsärztlichen Äußerung entsprechenden Neufeststellungsbescheid (GdB 60 seit 01.09.2003).
Dagegen legte der Kläger am 23.02.2006 Widerspruch ein und machte einen höheren GdB und die “dazu gehörenden„ Nachteilsausgleiche geltend. Ein GdB von 60 sei angesichts seiner schweren Erkrankungen keineswegs angemessen. Er verwies auf seine starken Kopfschmerzen, die Beeinträchtigungen und Schmerzen im Bereich der Knie- und Hüftgelenke sowie im Bereich beider Schultern und auf sein Wirbelsäulenleiden. Er müsse mit einer Gehhilfe gehen, da er ansonsten keinen Halt habe. Öffentliche Verkehrsmittel könne und dürfe er wegen den dabei auftretenden Erschütterungen usw. auch nicht benutzen. Er benötige Hilfe beim Anziehen, Waschen und Einkaufen. Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 zurück.
Am 26.05.2006 erhob der Kläger Klage zum SG, mit der er einen höheren GdB, die “entsprechenden„ Nachteilsausgleiche und die Feststellung...