Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung des tatsächlichen Zuverdienstes bei der Neuberechnung einer vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommenen Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ausschluss von Vertrauensschutzgesichtspunkten in § 34 Abs 3f SGB 6 idF vom 8.12.2016. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anrechnung des tatsächlichen Zuverdienstes bei der Neuberechnung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte unter Ausschluss von Vertrauensschutzregelungen nach § 34 SGB VI (idF bis 31.12.2022) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Januar 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Rentenleistungen nach Neufeststellung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte aufgrund der Berücksichtigung tatsächlichen Hinzuverdienstes.

Der 1954 geborenen Klägerin, die die Regelaltersgrenze im Juni 2020 vollendete, bewilligte die Beklagte auf deren am 20.02.2018 gestellten Antrag mit Bescheid vom 25.07.2018 ab dem 01.03.2018 Altersrente für besonders langjährig Versicherte (im Folgenden: Altersrente) als Teilrente wegen eines anzurechnenden Hinzuverdienstes. Mit dem Rentenantrag und in der Erklärung zum Hinzuverdienst bei Altersrente war seitens der Klägerin für den Zeitraum 01.03.2018 bis 31.12.2018 der voraussichtliche Bezug von Arbeitsentgelt in Höhe von 19.033,33 € und vom 01.01.2019 bis 30.09.2019 der voraussichtliche Bezug von Arbeitsentgelt in Höhe von 17.130 € angegeben worden. Der Vordruck enthielt einen Hinweis auf eine Erstattungspflicht im Falle einer Überzahlung. Im Rentenbescheid vom 25.07.2018 war der Zahlbetrag der Altersrente (286,19 € nach Abzug der Beitragsanteile des Rentners zur Sozialversicherung) u.a. unter Berücksichtigung des mitgeteilten Hinzuverdienstes für 2018 (19.033,33 €) errechnet worden.

Mit Bescheid vom 13.12.2018 hob die Beklagte den Bescheid vom 25.07.2018 mit Wirkung ab dem 01.01.2019 auf. Ab dem 01.01.2019 werde ein geänderter voraussichtlicher kalenderjährlicher Hinzuverdienst berücksichtigt. Aus dem mitgeteilten Hinzuverdienst für 2019 (17.130 €) errechnete die Beklagte einen Zahlbetrag nach Abzug der Beitragsanteile des Rentners zur Sozialversicherung in Höhe von 466,63 € (Rentenanspruch in Höhe von 1.174,13 €, Anrechnung aus Hinzuverdienst 651,02 €).

Unter dem 16.02.2019 erfolgte eine Neuberechnung der Altersrente ab 01.03.2019, weil ein geänderter Zusatzbeitragssatz für die Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung zugrunde zu legen war (Zahlbetrag nunmehr 467,15 €). Die Höhe anzurechnenden Hinzuverdienstes änderte sich hierdurch nicht.

Mit einem weiteren Bescheid vom 03.04.2019 erhöhte sich der Zahlbetrag der Rente auf 495,75 € aufgrund der ab 01.01.2019 zu berücksichtigenden sog. Mütterrente (Zuschlag von persönlichen Entgeltpunkten). Auch insoweit ergaben sich keine Änderungen am anzurechnenden Hinzuverdienst.

Mit Bescheid vom 26.06.2019 berechnete die Beklagte nach Eingang einer Bescheinigung des Arbeitgebers über das 2018 tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (18.732,35 €) die Rente ab dem 01.03.2018 neu. Ab 01.07.2019 errechnete sie einen monatlichen Zahlbetrag von 467,15 €. Für die Zeit vom 01.03.2018 bis 30.06.2019 ergab sich eine Nachzahlung von 52,38 €. Dabei berücksichtigte die Beklagte für die Zeit vom 01.03.2018 bis 31.12.2018 den sich aus dem tatsächlichen Hinzuverdienst anzurechnenden Betrag, für die Zeit ab 01.07.2018 unter Berücksichtigung des sich nach Rentenanpassung ergebenden Rentenanspruchs. Für die Zeit ab dem 01.01.2019 legte sie auch weiterhin einen voraussichtlichen Hinzuverdienst von 17.130 € zugrunde. Eine Änderung berücksichtigte sie nur insoweit, als ab dem 01.07.2019 ein höherer Rentenanspruch aufgrund einer Rentenanpassung zu berücksichtigen war.

Mit Schreiben vom 05.09.2019 teilte die Klägerin mit, der Hinzuverdienst falle zum 01.10.2019 weg, ihr stehe damit ab dem 01.10.2019 ein Anspruch auf die Vollrente zu. Zugleich beantragte die durch einen Rentenberater vertretene Klägerin die Gewährung eines Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung sei beantragt worden. Mit einer am 07.11.2019 eingegangenen Erklärung zu dem Hinzuverdienst erklärte die Klägerin, für die Zeit vom 01.01.2019 bis 31.12.2019 voraussichtlich ein Brutto-Arbeitsentgelt (einschließlich Einmalzahlungen) in Höhe von insgesamt 16.000 € zu erhalten.

Eine Klage vom 18.12.2019 auf Zahlung von Vollrente ab 01.10.2019 blieb ohne Erfolg (Klage unzulässig, vgl. Gerichtsbescheid des SG vom 15.07.2020 - S 11 R 5258/19 -, Urteil LSG B.W. vom 20.12.2022 - L 13 R 2365/20 -).

Mit Bescheid vom 27.11.2019 lehnte die Beklagte die Neuberechnung der Rente ab. Eine Neuberechnung könne nur erfolgen, wenn der geänderte voraussichtlich...

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