Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Tod des Verletzten. Ursachenzusammenhang. wesentliche Teilursache. Konkurrenzursache. unfallunabhängige Erkrankung. unfallbedingte Beschleunigung des Todes um mindestens etwa ein Jahr. hinreichende Wahrscheinlichkeit. unfallbedingte Lungenschwäche. unfallunabhängige Pilzpneumonie. Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente gem § 63 Abs 1 S 2 SGB 7
Leitsatz (amtlich)
Ein Kausalzusammenhang zwischen den Unfallfolgen und dem Tod des Verletzten kann auch dann bestehen, wenn die unfallunabhängige Krankheit zwar auch zum Tod geführt hätte, der Tod jedoch (zB durch eine unfallbedingt verspätete Feststellung der unfallunabhängigen Krankheit) ein Jahr früher eingetreten ist (Anschluss an BSG vom 23.10.1975 - 2 RU 65/75 = BSGE 40, 273 = SozR 2200 § 589 Nr 2; hier verneint für Zusammenhang zwischen langjähriger unfallbedingter Querschnittslähmung und Lungenkrebserkrankung).
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente gem § 63 Abs 1 S 2 SGB 7 mangels Nachweises, dass der Tod des verstorbenen Ehemannes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit infolge der unfallbedingten Gesundheitsstörungen eingetreten ist (hier: kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der unfallbedingten Lungenschwäche und der zum Tode führenden Pneumonie).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Hinterbliebenenrente und Sterbegeld. Die 1953 geborene Klägerin ist die Witwe des am 05.07.1948 geborenen und am 05.12.2016 verstorbenen A. (im Folgenden: Versicherter).
Der Versicherte hatte am 29.11.1989 einen Arbeitsunfall erlitten, als sich im Rahmen von Reparaturarbeiten an einem LKW die hydraulische LKW-Bordwand gelöst hatte und ihm von hinten auf den Rücken gefallen war. Die Beklagte hatte gegenüber dem Versicherten auf der Basis eines Ersten Rentengutachtens vom 06.12.1990 (B. , Rehablilitationskrankenhaus K) mit Bescheid vom 28.01.1991 die folgenden Arbeitsunfallfolgen anerkannt: „Motorisch und sensibel inkomplette Paraplegie unterhalb D 10 sowie komplette Paraplegie unterhalb D 12. Hierdurch besteht die Notwendigkeit für kürzere Wegstrecken dorsale Schienen mit einem reziproken Gehgestell sowie für längere Strecken einen Rollstuhl zu benutzen. Blasen- und Mastdarmlähmung mit Stuhlinkontinenz und der Notwendigkeit, sich selbst intermittierend zu katheterisieren. Starke Ernährungsstörungen und hierdurch erhöhte Druckstellengefahr im Gesäß- und im unteren Gliedmaßenbereich. Beinverkürzung links, röntgenologisch feststellbare, knöchern fest verheilte Rippenfrakturen sowie körpernahe Unterschenkelfraktur links, welche ohne wesentliche Folgen verheilt sind sowie subjektive Beschwerden.“ Keine Folgen dieses Arbeitsunfalls seien eine im Jahr 1976 erlittene Lungen-Tuberkulose im Jahr 1976, eine Oberlappenresektion des linken Lungenflügels im Jahr 1978 und eine distale Fibulafraktur links.
Wegen der Unfallfolgen bezog der Versicherte seit dem 11.05.1990 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H.
Seit 2002 erfolgten in zweijährigem Abstand unter der Kostenträgerschaft der Beklagten Heilverfahren zur Rehabilitation in der Rehaklinik C. an der Ostsee.
Nach zahlreichen erfolglosen ambulanten und stationären Behandlungsversuchen eines Dekubitus IV. Grades über dem Außenknöchel rechts mit freiliegendem oberen Sprunggelenk wurde in der BG-Unfallklinik D. eine Unterschenkelamputation rechts durchgeführt (stationärer Aufenthalt vom 25.03.2013 bis 07.06.2013). Aufgrund eines Gutachtens des E. , F. , vom 10.09.2012 und des Entlassungsberichts der Abteilung für Querschnittsgelähmte und technische Orthopädie der BG-Unfallklinik D. vom 01.07.2013 erkannte die Beklagte am 04.04.2013 eine „Amputation des rechten Unterschenkels“ als mittelbare Unfallfolge an, weil der Krankheitsverlauf einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit durch die unfallbedingte Lähmung der Gliedmaßen ungünstig beeinflusst werde (Schreiben vom 11.11.2013).
Die Anerkennung von Störungen der Sprachmotorik und der Sprachkoordination (Dysarthrie) und eines möglichen ischämischen Insults als weitere Unfallfolgen lehnte die Beklagte, gestützt auf den Entlassungsbericht der Rehaklinik C. vom 25.09.2014 und eine Stellungnahme des Chefarztes der BG-Unfallklinik, G. , vom 26.01.2015, ab (Bescheid vom 04.03.2015, Widerspruchsbescheid vom 21.05.2015).
Stationäre Heilverfahren in der Rehaklinik C. fanden zuletzt vom 01.09. bis zum 29.09.2015 und 23.08. bis zum 20.09.2016 statt (vgl. die Entlassungsberichte vom 06.10.2015 und vom 20.09.2016).
Im Rahmen einer stationären Behandlung des Versicherten in der Neurologischen Klinik des H. -Klinikums I. im Dezember 2015 wegen der progredienten Dysarthrie diagnostizierten die dortigen Ärzte als Gesundheitsstörung u.a. eine unklare ka...