Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialabgabe. Abgabepflicht. Industrie-Designer
Orientierungssatz
Die Tätigkeit eines Designers, sei es Graphik-, Mode-, Textil- oder Industrie-Designer, ist als künstlerische Tätigkeit zu werten und dem Bereich Bildende Kunst zuzuordnen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in diesem Verfahren nur darüber, ob die Klägerin abgabepflichtige Unternehmerin im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) ist.
Die Klägerin war seit 7. August 1991 unter der Nr. 1290 im Handelsregister Abt. B des Amtsgerichts Tübingen eingetragen. Als Gegenstand des Unternehmens war verzeichnet: "Die Ideenfindung für Form- und Raumgestaltung sowie der Realisierung und Vermarktung". Geschäftsführender Alleingesellschafter war bis September 1996 der Designer M H. Durch Gesellschafterbeschluß vom 17. Juni 1996 wurde nach Änderungen im Gesellschafterkreis die Firma von "M H Design GmbH" in "GFR mbH" sowie der Gegenstand des Unternehmens wie folgt geändert: "Die Gestaltung und Planung von Einrichtungsgegenständen und Raumausstattungen sowie der Handel mit einschlägigen Gegenständen".
Die Diplom-Designerin M F (M.F.) war bei der Klägerin bis 30. April 1993 sozialversicherungspflichtig beschäftigt, ab 1. Mai 1993 war sie als selbständige Industrie-Designerin freie Mitarbeiterin der Klägerin und deshalb über die Beklagte gemäß § 1 KSVG renten- und krankenversichert. Aufgrund dieser Anmeldung der M.F. prüfte die Beklagte im Juni 1993 die Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin gemäß § 24 KSVG und holte nach fehlender Reaktion der Klägerin die Auskunft des Finanzamtes Tübingen vom 25. August 1993 ein, das die Gewinn- und Verlustrechnung 1991 übersandte. Auf eine weitere Anfrage vom 11. Oktober 1993 teilte die Klägerin am 20. Oktober 1993 mit, daß sie keine Künstler beschäftige.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 1993 stellte die Beklagte die Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin ab 24. Juni 1991 gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG fest, weil sie als Unternehmerin Werbung für Dritte (einschließlich Öffentlichkeitsarbeit) betreibe, und übersandte Meldebogen für die Jahre 1991 und 1992. Nach Schriftverkehr auch über den Zugang des Bescheides vom 25. Oktober 1993 bei der Klägerin und nochmaliger Übersendung legte die Klägerin unter dem 25. Februar 1994 Widerspruch mit der Begründung ein, sie sei nicht im Bereich der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit tätig. Auch hierauf zielende Vorbereitungshandlungen wie das Erstellen der Werbekonzeption, der Entwurf und die Herstellung des Werbeträgers seien bei ihr nicht gegeben. Auf weitere Anfrage der Beklagten erläuterte die Klägerin ihre Tätigkeit dahingehend, daß sie auf dem Gebiet des "Product-Engineering" im Bereich der Möbelherstellung tätig sei und hierbei Beratungsaufgaben gegenüber dem jeweiligen Möbelhersteller wahrnehme. Hauptaufgabe sei es, in enger Zusammenarbeit mit der Entwurfsabteilung des Kunden die Entwicklung des Prototyps bis zur Markteinführungsreife zu begleiten, hierzu gehöre das Erstellen des konstruktiven Gerüsts sowie die Ausarbeitung von Zeichnungen, Modellen und Werkzeichnungen und insbesondere das Überprüfen und Korrigieren der Entwürfe aus der Entwurfsabteilung des Kunden. Zur Veranschaulichung gegenüber dem Kunden würden Präsentationen vorbereitet; darüber hinaus würden Geschmacksstudien sowie komplette Kollektionsanalysen und Vorschläge erstellt. Was die Designerin M.F. betreffe, so sei diese ausschließlich damit befaßt, Werkzeichnungen nach Vorgaben und unter Anleitung auszuarbeiten, die beim Kunden zur Erstellung der Prototypen benötigt würden. Sie sei also nur bei der Umsetzung bereits fertiger Entwürfe tätig. Nachdem die Klägerin für 1991 bis 1993 keine Entgelte im Bereich Bildende Kunst gemeldet hatte, teilte M.F. nach Anfrage der Beklagten die an sie im Jahre 1993 bezahlten Entgelte seit 1. Mai 1993 mit DM 33.095,05 incl. MWSt. von 15 vom Hundert (v.H.) mit. Die Klägerin beschrieb die Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers H mit 90 v.H. seines zeitlichen Einsatzes mit Managementaufgaben und Kundenbetreuung und lediglich 10 v.H. seines zeitlichen Einsatzes mit dem Erstellen von Entwürfen. Die Rechtsprechung sehe in der Formgebung von Gebrauchsgegenständen im allgemeinen nicht die Erbringung einer künstlerischen Leistung, weshalb eine künstlerische Leistung gegenüber der GmbH nicht erbracht werde. Der Geschäftsführer H sei kein ausgebildeter Designer und werde als Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen seines Anstellungsvertrages, jedoch nicht als selbständiger Künstler tätig.
Mit Bescheid vom 19. September 1994 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuß für den Bereich Bildende Kunst den Widerspruch unter Hinweis auf § 24 Abs. 1 Nr. 7 KSVG und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß von der Klägerin das konstruktive Gerüst (Konzeption) erstellt werde sowie die Ausarbeitung von Zeichnungen, Modellen und Werkszeichnungen erfolge, zurück.
Mit der dagegen am 14. Oktober 1994 erhobenen Klage zum Sozialgericht Reu...