Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Voraussetzung. Zuerkennung. bedarfsabhängiges Zusatzbudget Allergologie
Orientierungssatz
Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Kassenärztliche Vereinigung ein bedarfsabhängiges Zusatzbudget Allergologie (ohne Zusatzbezeichnung) zuerkennen kann.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ein bedarfsabhängiges Zusatzbudget Allergologie (ohne Zusatzbezeichnung) zusteht.
Der Kläger ist seit dem 01.01.1996 als hausärztlicher Internist in X. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er führt nicht die Zusatzbezeichnung Allergologie. In den Quartalen 1/96 bis 2/97 rechnete er Nr. 350 EBM ab (Anzahl/in Fällen): 1/96 - 2/96 0/0; 3/96: 200/10; 4/96: 131/8; 1/97: 260/13; 2/97: 440/22; die Nr. 359 EBM: 1/96 - 3/96: 0/0; 4/96: 4/1; 1/97: 3/1; 2/97: 0/0.
Über die mit Wirkung ab 01.07.1997 eingeführten Praxisbudgets informierte die Beklagte die Ärzte in ihrem Bereich durch die Broschüre "Die Einführung der Praxisbudgets". Zum hier streitigen Zusatzbudget ist dort ausgeführt (Kapitel 5 , S. 32):
3. Allergologie (ohne Zusatzbezeichnung):
Ein allergologischer Versorgungsbedarf, der ein Zusatzbudget rechtfertigt, wird nur dann zuerkannt, wenn sowohl die allergologische Diagnostik (Prick-Testung nach Nr. 350 EBM) und allergologische Therapie (Hyposensibilisierungsbehandlung durch subkutane Allergeninjektion nach Nr. 359 EBM) erbracht wird. Als weiteres Kriterium wurde festgelegt, daß die Prick-Testung nach Nr. 350 EBM in einem Quartal bei mindestens 10 Patienten erbracht worden ist.
Abweichend von vorstehender Regelung ist bei Hautärzten auf die Abrechnung des Epikutan-Testes nach Nrn. 345 und 346 EBM in den Quartalen 3 und 4/96 abzustellen, da die Leistung nach Nr. 346 EBM erst ab 01.07.1996 eingeführt wurde. Die Zuerkennung eines Zusatzbudgets setzt die Erbringung von durchschnittlich mehr als 2000 Leistungen nach Nr. 345 EBM sowie in 80% der Fälle auch Leistungen nach Nr. 346 EBM in den Quartalen 3-4/96 voraus.
Im März 1997 beantragte der Kläger u.a. die Gewährung eines Zusatzbudgets Allergologie. Zur Begründung führte er aus, die Zahl der Allergiker nehme ständig zu. Er führe seit Beginn seiner Tätigkeit regelmäßig allergologische Diagnostik und Therapie durch (z.B. Hyposensibilisierung). Mit Bescheid vom 27.08.1997 lehnte die Beklagte die Zuerkennung des bedarfsabhängigen Zusatzbudgets Allergologie (ohne Zusatzbezeichnung) ab: Dieses sei nur zuzuerkennen, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf bestehe. Diesen Rechtsbegriff habe die Beklagte dahingehend definiert, daß aus den in jedem Zusatzbudget genannten Leistungen eine oder mehrere "Königsleistungen" ausgewählt und mit einem Schwellenwert versehen worden seien, der die Abrechnungshäufigkeit ausdrücke. Bei Überschreiten des Schwellenwertes bestehe Anspruch auf Zuerkennung des jeweiligen Zusatzbudgets. Für das Zusatzbudget Allergologie (ohne Zusatzbezeichnung) bestehe ein besonderer Versorgungsbedarf, wenn sowohl allergologische Diagnostik (Prick-Testung nach Nr. 350 EBM) und allergologische Therapie (Hyposensibilisierungsbehandlung durch subkutane Allergeninjektion nach Nr. 359 EBM) erbracht werde. Als weiteres Kriterium sei festgelegt worden, daß die Prick-Testung nach Nr. 350 EBM in einem Quartal bei mindestens zehn Patienten erbracht worden sei. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht.
Am 11.09.1997 erhob der Kläger Widerspruch: Seit dem Quartal 3/96 führe er schwerpunktmäßig allergologische Untersuchungen durch. Prick-Testungen (Nr. 350 EBM) habe er 3/96 bei zehn Patienten, 4/96 bei acht Patienten, 1/97 bei dreizehn Patienten, 2/97 bei 21 Patienten durchgeführt. Als therapeutische Maßnahme seien Hyposensibilisierungen durchgeführt worden. Neben der klassischen Methode der subkutanen Verabreichung, die in den Quartalen 4/96 und 1/97 nach der Nr. 359 EBM abgerechnet worden seien, habe er orale Hyposensibilisierungen durchgeführt, die dieselbe Erfolgsquote bei geringerer Nebenwirkungsrate habe. Die orale Hyposensibilisierung könne das ganze Jahr durchgeführt werden. Seit dem Quartal 3/96 habe er 23 Patienten oral hyposensibilisiert.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.1998 zurück: Der Vortrag, die orale Hyposensibilisierung sei genauso effektiv und wirksam wie die subkutane Hyposensibilisierung, führe nicht zur Änderung der bekannten Aufgreifkriterien. Die orale und sublinguale Hyposensibilisierung sei noch immer wissenschaftlich umstritten und werde derzeit nicht als Therapie der Wahl angesehen. Im Interesse der Gleichbehandlung aller Ärzte sei es deswegen nicht gerechtfertigt, die gebildeten Aufgreifkriterien aufzuweichen. Auch bei Betrachtung der Quartale 3/96 bis 2/97, dem Umstand Rechnung tragend, daß die Praxis erst seit dem 01.01.1996 bestehe, würden die Kriterien nicht erfüllt.
Am 18.03.1998 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben: Die von der Beklagten gebildeten Kriterien für die Zuerkennung des Zusatzbudgets Al...