Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit. Verweisbarkeit eines Lager- und Materialverwalters. Einstufung. Mehrstufenschema. Leistungsvermögen

 

Orientierungssatz

1. Zur Einstufung der Tätigkeit eines Lager- und Materialverwalters in das Mehrstufenschema und zur Verweisbarkeit eines Lager- und Materialverwalters.

2. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs.

3. Eine Lösung von einem Beruf liegt dann vor, wenn der Versicherte nicht nur vorübergehend eine andere (geringerwertige) Tätigkeit aufnimmt und die Aufgabe der höherwertigen Tätigkeit vom Willen des Versicherten getragen ist, dh wenn der Versicherte einer Berufstätigkeit erkennbar nicht mehr nachgehen will und sich endgültig einer anderen Berufstätigkeit zuwendet (vgl BSG vom 30.10.1985 - 4a RJ 53/84 = SozR 2200 § 1246 Nr 130).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.07.2002; Aktenzeichen B 5 RJ 18/01 R)

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Der ... 1956 geborene Kläger beendete seine am 1. September 1971 begonnene Lehre zum Maschinenschlosser am 4. Februar 1975 ohne Bestehen der schriftlichen Facharbeiterprüfung (Berufsausbildungszeugnis vom 4. Februar 1975) und war danach noch bis 6. April 1979 im Ausbildungsbetrieb als Fräser und Bohrwerksdreher in der Abteilung Teilfertigung für Großdieselmotoren tätig (Zeugnis vom 25. Juni 1979). Ab dem 15. Oktober 1980 war er als Lager- und Materialverwalter bei der Firma A in M beschäftigt und wurde zunächst in der Lohngruppe 8 nach dem Metalltarifvertrag der Metallindustrie in Nord-Württemberg/Nord-Baden (MTV) entlohnt. Nach Ausscheiden des Führers der Hofkolonne übernahm er die Tätigkeit eines Kolonnenführers und wurde daraufhin in der Lohngruppe 9 des MTV entlohnt (Auskunft des Arbeitgebers vom 8. Juli 1998). Seit dem 18. August 1992 ist der Kläger nicht mehr berufstätig. Wegen Arbeitsunfähigkeit bezog er zunächst Gehaltsfortzahlung von seinem Arbeitgeber, danach ab 30. September 1992 Krankengeld und später Leistungen der Arbeitslosenversicherung.

Nachdem bei der kernspintomographischen Untersuchung des Klägers von September 1992 in der Universitätsklinik H eine mediale Bandscheibenprotrusion C 3/4 und C 4/5 festgestellt wurde, begab sich der Kläger zunächst vom 29. September 1992 bis 13. Oktober 1992 in stationäre Behandlung in das DRK-Schmerz-Zentrum M die ausweislich des Befundberichtes vom 12. Oktober 1992 zu einer Linderung seiner Beschwerden führte. Daran anschließend war der Kläger vom 28. Dezember 1992 bis zum 8. Februar 1993 in einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme der A-Klinik in Bad M. Hierbei wurden eine Panalgesie (betont im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule), eine Hyperlipidämie, eine psychogene Überlagerung und eine konversiv neurotische Persönlichkeitsstörung festgestellt. In dem aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit veranlassten Gutachten des MdK vom 28. April 1993 bestätigte Dr. S als maßgebliche Arbeitsunfähigkeitsdiagnose ein chronifiziertes Hals- und Brustwirbelsäulensyndrom bei kernspintomographisch nachgewiesener medialer Bandscheibenprotrusion C 3 bis C 6, degenerative Veränderungen im Brustwirbelsäulenbereich sowie ein somatoformes Schmerzsyndrom.

Am 14. September 1993 beantragte der Kläger deswegen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung gab er an, er halte sich seit September 1992 für erwerbsunfähig. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine nervenärztliche sowie orthopädische Untersuchung und Begutachtung. Prof. F beschrieb in seinem Gutachten vom 5. November 1993 rezidivierende Nervenwurzelreizerscheinungen , ausgehend von der Hals- und Brustwirbelsäule, sowie vasomotorische vertebragene Kopfschmerzen, die aber keine nennenswerte Leistungseinbuße begründeten. Des weiteren liege ein massives psychogenes Fehlverhalten vor, welches aber keinen Krankheitswert habe. Der Kläger könne aus seiner Sicht noch vollschichtig arbeiten. Aus chirurgischer Sicht beschrieb Dr. E in ihrem Gutachten vom 14. November 1993 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und unter Vermeidung von besonderem Zeitdruck, Kälte sowie Nässe und häufigem Bücken. Dem wurden die Diagnosen eines chronischen, unter Belastung und bei Zwangshaltung zunehmenden HWS-Syndroms bei Protrusionen C 3 bis C 6 und funktionell ausreichender Kompensation, rezidivierende generalisierende Rückenbeschwerden bei reaktiver muskulärer Verspannung, rezidivierender lokaler Blockierungen sowie einer intermittierenden Intercostalneuralgie zugrundegelegt. Auf Nachfrage teilte die Firma A mit Schreiben vom 31. Januar 1994 mit, dass der Kläger als Facharbeiter entlohnt worden sei, nachdem er über die dafür erforderlichen praktischen und theoretischen Kenntnisse verfüge. Als stellvertretender Kolonnenführer habe er drei bis vier Mann Arbeiten zugewiesen und diese kontrolliert. Für die von ihm auszuführenden Tätigkeiten sei jedoch nur eine Anlernung von 2-3 Jahren erforderlich ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge