Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildungsbeihilfeanspruch. Förderungsfähigkeit der erstmaligen Ausbildung. Ausschluss der Zweitausbildung. staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. eigener Berufsabschluss. keine Stufenausbildung

 

Leitsatz (amtlich)

"Erstmalige Ausbildung" iSd § 60 Abs 2 S 1 SGB 3 ist jede Ausbildung, für die nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften (hier: Verordnung des Kultusministeriums des Landes Baden-Württemberg über die Ausbildung und Prüfung am Berufskolleg für Formgebung - Schmuck und Gerät vom 27.6.1995, GBl S 539) eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Ob es sich dabei um einen anerkannten Ausbildungsberuf iSd § 60 Abs 1 SGB 3 handelt, ist unerheblich (Anschluss an LSG Schleswig vom 22.7.2005 - L 3 AL 92/04).

 

Orientierungssatz

Dass die Ausbildung zur Designerin für Schmuck und Gerät in schulischer Form (Berufsfachschule) erfolgt ist, führt ebenfalls nicht zur Förderungsfähigkeit der (verkürzten) Ausbildung zur Goldschmiedin. Die Auffassung, wonach es sich bei dem Besuch des Berufskollegs und zur praktischen Ausbildung bei einem Goldschmied um eine einheitliche Ausbildung handelt, berücksichtigt nicht, dass der Besuch des dreijährigen Berufskollegs zu einem eigenen Berufsabschluss führt. Nur wenn diese Ausbildung noch mit keinem Berufsabschluss verbunden gewesen wäre, käme unter dem Gesichtspunkt der "Stufenausbildung" eine andere Betrachtungsweise in Frage.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.01.2008; Aktenzeichen B 7/7a AL 68/06 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe hat.

Die am ...1984 geborene Klägerin besuchte nach dem Realschulabschluss im Jahre 2000 das dreijährige Berufskolleg für Formgebung (Design) - Schmuck und Gerät - an der Gewerblichen Schule S. G., das sie im Juli 2003 mit der Abschlussprüfung erfolgreich beendete. Nach dem Abschlusszeugnis vom 18.07.2003 ist sie berechtigt, die Berufsbezeichnung “Staatlich geprüfte Designerin für Schmuck und Gerät„ zu führen. Vom 01.09.2003 bis zum 31.08.2004 absolvierte die Klägerin in U. eine Ausbildung zur Goldschmiedin, die sie erfolgreich abschloss.

Bereits am 15.05.2003 hatte die Klägerin beim Arbeitsamt Aalen (AA) einen Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe gestellt und angegeben, sie werde am 01.09.2003 eine bis 28.02.2005 dauernde Berufsausbildung zur Goldschmiedin in einem Betrieb in U. beginnen. Sie wohne während der Ausbildung in U. zur Miete (320,00 € monatlich für zwei Personen); ihre monatliche Ausbildungsvergütung betrage 330,00 €. Nach Vorlage von Unterlagen zu den (aktuellen) Einkommensverhältnissen der (geschiedenen) Eltern der Klägerin und Einholung einer Auskunft der Berufsberatung beim AA lehnte das AA den Antrag mit Bescheid vom 26.08.2003 ab. Die Ausbildung könne nicht gefördert werden, weil bereits eine Ausbildung abgeschlossen worden sei. Die Klägerin habe ihre Ausbildung zur staatlich geprüften Designerin für Schmuck und Gerät nach dem Besuch eines dreijährigen Berufskollegs abgeschlossen. Die zweite Ausbildung zur Goldschmiedin könne daher nicht gefördert werden.

Dagegen legte die Klägerin am 09.09.2003 Widerspruch ein und machte geltend, es handle sich bei ihrer Ausbildung zur Goldschmiedin nicht um eine zweite Ausbildung. Den Beruf des Goldschmieds könne man sowohl durch eine dreijährige Ausbildungszeit in einem anerkannten Ausbildungsbetrieb als auch durch die Absolvierung des dreijährigen Berufskollegs und einer praktischen Anschlussausbildung in einem anerkannten Ausbildungsbetrieb, die in diesem Fall eineinhalb Jahre kürzer, aber vorgeschrieben sei, erlernen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2003 wies das AA den Widerspruch der Klägerin zurück.

Am 01.10.2003 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit ihrer praktischen Ausbildung als Goldschmiedin geltend gemacht. Unter Hinweis auf Auskünfte des Berufskollegs für Schmuck und Gerät und des Berufsinformationszentrums des AA hat sie zur Begründung vorgebracht, um beruflich als Goldschmiedin tätig werden zu können, benötige sie im Anschluss an das Berufskolleg eine eineinhalbjährige praktische Anschlussausbildung bei einem Goldschmied. Für die jetzt angetretene Ausbildung erhalte sie eine monatliche Ausbildungsvergütung von 250 €. Die Ausbildung am Berufskolleg bereite nur auf eine berufliche Tätigkeit vor und bilde die Basis für eine weiterführende betriebliche oder schulische Ausbildung. Die Anschlusslehre bei einem Goldschmied sei daher keine Zweitausbildung, sondern Teil der Ausbildung zur Goldschmiedin, da ohne dieses anschließende Praktikum nach dem Besuch des Berufskollegs und der abgelegten Gesellenprüfung kein (handwerklich) anerkannter Berufsabschluss vorlieg...

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