Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Abänderung eines Vergleichsvertrags. Rechtsgrundlage. Voraussetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Abänderung einer durch Vergleichsvertrag anerkannten Verletzungsfolge und Höhe der MdE kann nicht nach § 48 SGB X, sondern nur nach § 59 Abs. 1 Satz1 SGB X erfolgen.
2. Für die danach erforderliche Vertragsanpassung ist erforderlich, dass eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend waren, eingetreten ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zustimmung der Beklagten zur Abänderung eines am 28.03.2007 beim Bayerischen Landessozialgericht geschlossenen Vergleichsvertrages.
Der 1951 in M.-V. geborene Kläger verzog im Jahre 1990 zunächst an den B. und anschließend 1991 nach M., wo er anfänglich als Universalhärter und ab 1997 als Haustechniker in einem Wohnstift bis zur Berentung im Jahr 2008 beschäftigt war.
Mit Durchgangsarztbericht vom 10.07.2001 zeigte der Chirurg Dr. B. bei der Beklagten einen Unfall des Klägers vom selben Tage an. Beim Entleeren einer Mülltonne habe der Kläger beim Hochheben der Tonne nochmals nachfassen müssen und sich dadurch die linke Schulter verletzt. Die durchgeführte röntgenologische Untersuchung der linken Schulter zeigte keine knöcherne Verletzung, jedoch eine deutliche AC-Gelenksarthrose sowie eine beginnende Omarthrose. Dr. B. diagnostizierte eine Distorsion der linken Schulter. Prof. Dr. M. erkannte nach magnetresonanztomographischer Untersuchung vom 25.07.2001 eine AC-Arthrose mit Zeichen der Aktivierung, differentialdiagnostisch bone bruise im Bereich des AC-Gelenkes mit kleiner Infraktion und sekundärem Impingement der Supraspinatussehne, ein Bone bruise im Bereich der Capitas glenoidalis und dem Glenoid ohne eindeutigen Nachweis einer Infraktionslinie, eine diskrete Einblutung in das inferiore anteriore Labrum posttraumatisch, differentialdiagnostisch im Rahmen eines degenerativen Geschehens, eine in der Kontinuität intakte, degenerativ veränderte Supraspinatussehne mit zentraler Signalalteration, z. B. kleiner intratendinöser Einriß, leichte begleitende Bursitis subacromialis und subdeltoidea, osteophytäre Anbauten im Bereich des Tuberculum majus mit umschriebenem bone bruise sowie eine diskrete Tendinitis der Bizepssehne und eine leichte Einblutung im Bereich des Ansatzes am superioren anterioren Labrum (Befundbericht vom 25.07.2001).
Auf Nachfrage gab der Kläger am 27.08.2001 zum Unfallgeschehen an, er müsse beim Entleeren einer Mülltonne diese in einer Höhe von ca. 1,55 Meter, teilweise über seinem Kopf, umsetzen. Da er nur 1,65 Meter groß sei, müsse er hierbei immer nachfassen. Dabei habe er sich verletzt. Die Tonne sei allerdings weder weggerutscht noch umgekippt und er habe sie auch nicht fallengelassen. Er habe sie vielmehr so angehoben, wie er es beabsichtigt habe. Nachdem er die Tonne ausgeschüttet habe, habe er sie festgehalten, da sie sonst in den Presseschacht gefallen wäre. Nach der Leerung habe er die Tonne vom Presseschacht zurückgezogen. Die Tonne sei ihm nicht entglitten, er habe sie noch halten und wegtragen können.
Wie sich aus dem von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis ergibt, war der Kläger vom 14.05. bis 19.05.1998 wegen einer Distorsion des linken Schultergelenks sowie einer Zerrung der paravertebralen Muskeln arbeitsunfähig. Bei einem früheren Arbeitsunfall im Jahr 2000 verletzte sich der Kläger die rechte Schulter.
Zur Klärung der Zusammenhangsfrage beauftragte die Beklagte Prof. Dr. H., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik (BGU) M., mit der Erstellung des chirurgischen Gutachtens vom 04.02.2002. Im Rahmen der hierzu durchgeführten ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung trug der Kläger zum Unfallereignis vor, er habe eine 70 bis 80 kg schwere Mülltonne zu einer Presse bewegt. Diese besitze einen Rand mit einer Höhe von etwa 150 cm. Er habe die Mülltonne hinaufgehoben, um sie in den Schacht auszuleeren. Dabei habe er ein “Ratschen„ in der linken Schulter verspürt. Er habe die Tonne nicht fallen lassen wollen und nachgefasst (Bl. 104 VA). Prof. Dr. H. kam zu dem Ergebnis, der geschilderte Vorgang stelle kein Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar. Beim Kläger hätten zum Unfallzeitpunkt Arthrosezeichen an der linken Schulter bestanden. Die Verschleißerscheinungen seien radiologisch nachgewiesen. Aus der Beschreibung des Unfallereignisses resultiere, dass es sich hier um ein Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit bei einer vorgeschädigten Schulter handele. Der Schmerz sei beim Heben eines schweren Gegenstandes entstanden. Die Plötzlichkeit, die für ein Unfallereignis Voraussetzung sei, fehle hier. Das Nachgreifen habe erst nach dem Schmerz stattgefunden, woraus sich ergebe, dass ...