Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Aufgaben eines Bundesverbandes. Ausgaben für Aufklärungsmaßnahmen iS des § 13 SGB 1. Werbemaßnahmen. Umlagefähigkeit. Mitfinanzierung der Verbandstätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ausgaben für Aufklärungsmaßnahmen iS des § 13 SGB 1 gehören zu den umlagefähigen Kosten der Bundesverbände der Krankenkassen; sie dienen der Erfüllung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben (§ 217 Abs 1 SGB 5).

2. Maßnahmen verlieren ihren Aufklärungscharakter iS des § 13 SGB 1 nicht dadurch, daß sie sich besonderer Mittel werbender Art bedienen, um die Personengruppen, an die sie sich richten, auch tatsächlich zu erreichen.

3. Der Umstand, daß die Mitgliedskassen eines Bundesverbandes einzelne ihnen obliegende Aufgaben auch selbst in eigener Regie durchführen könnten, entbindet sie nicht von der Verpflichtung, den Bundesverband durch die Zahlung des Verbandsbeitrages mit den erforderlichen Mitteln auszustatten, damit dieser in die Lage versetzt wird, seine gesetzlichen bzw satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen (vgl LSG Essen vom 20.1.1998 - L 5 Kr 15/97).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.06.2002; Aktenzeichen B 1 KR 10/01 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Verbandsbeitrags streitig, soweit er für Werbemaßnahmen der Beklagten erhoben wurde.

Die Klägerin war Mitglied des beklagten Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen. Mit Bescheid vom 06. Mai 1997 machte die Beklagte auf der Grundlage der Festsetzungen ihres Verwaltungsrates in seiner Sitzung vom 13./14. November 1996 bei der Klägerin für das Haushaltsjahr 1997 einen Verbandsbeitrag von DM 16,30 je Mitglied, insgesamt DM 8.012.706,30 geltend.

Hiergegen erhob die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage. Sie machte u.a. geltend, der erhobene Beitrag enthalte ausweislich der Niederschrift der genannten Sitzung des Verwaltungsrates der Beklagten einen Anteil von DM 1,96 für eine Öffentlichkeitskampagne der Beklagten. Insoweit sei die Beitragserhebung rechtswidrig, da § 217 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V), der die Aufgaben der Beklagten regele, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit weder im Rahmen der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben in seinem Abs. 1 noch als sogenannte unterstützende Aufgabe in Abs. 2 erwähne. Zwar sei die Aufzählung der unterstützenden Aufgaben in Abs. 2 nicht abschließend, doch könne eine Unterstützung generell nur mit Zustimmung der einzelnen Mitgliedskasse erfolgen. Eine solche sei mit Schreiben vom 07. Februar 1997 jedoch ausdrücklich abgelehnt worden. In seinem Urteil vom 09. Dezember 1986 (8 RK 25/85) habe das Bundessozialgericht (BSG) den Rechtssatz aufgestellt, unter Unterstützungsaufgaben seien nur diejenigen zu verstehen, die auch objektiv als solche zu sehen seien. Gehe man daher davon aus, daß es sich nur dann um eine Unterstützungsaufgabe handele, wenn die Aufgaben für die Kasse objektiv nützlich seien, sei ihre Zahlungspflicht zu verneinen. Denn die Imagekampagne sei lediglich für geöffnete Betriebskrankenkassen (BKK) nützlich, da nur diese Kassen neue Mitglieder durch Werbemaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit gewinnen könnten. Da sie selber nicht geöffnet sei, könne sie aus einer an die Öffentlichkeit gerichteten Werbekampagne keinen Nutzen ziehen. Vielmehr schade ihr diese Werbung dadurch, daß sie ihre Mitglieder veranlasse, Mitglied einer anderen geöffneten BKK zu werden. In dem dargelegten Sinne habe auch das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 14. April 1993 (L 4 KR 151/92) ausgeführt, daß der Verbandsbeitrag eine Gegenleistung für eine verbandliche Unterstützungshandlung darstelle, weshalb Kassen, die hiervon nicht profitierten, keine Zahlungspflicht treffe. Zwar weise die Beklagte zutreffend darauf hin, daß ihr im Rahmen des § 13 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) die Aufklärung der Bevölkerung obliege, doch sei die hier beanstandete Werbekampagne der Beklagten gesondert zu finanzieren. Denn schließlich unterscheide die Beklagte in § 3 ihrer Satzung unter Ziffern 5 und 6 selbst zwischen "Aufklärung der Bevölkerung über ihre Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch" und "Öffentlichkeitsarbeit und Marketing für die betriebliche Krankenversicherung".

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihres Haushaltsplanes 1997 entgegen. Zu ihren Aufgaben gehöre sowohl die Aufklärung nach § 13 SGB I als auch Öffentlichkeitsarbeit und Marketing für die betriebliche Krankenversicherung. Letzteres ergebe sich aus dem satzungsmäßig vorgeschriebenen Ziel, der Förderung und Wahrung der gemeinsamen Interessen der betrieblichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Der Öffentlichkeitskampagne seien im übrigen Aufklärungsaspekte ebenso immanent wie Aspekte der Werbung. Hiervon profitiere letztendlich auch die Klägerin, selbst wenn sie bis 31. Dezember 1997 keine geöffnete Krankenkasse gewesen sei. Soweit sie ausgeführt habe, die Werbemaßnahmen seien für sie ohne Interesse, widerspreche sie damit ihr...

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