Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Bundesverbände. Ausgaben für TV-Werbekampagnen. umlagefähige Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

Ausgaben für TV-Werbekampagnen gehören zu den umlagefähigen Kosten der Bundesverbände der Krankenkassen; sie dienen der Erfüllung der nach § 217 Abs 1 SGB 5 idF bis 31.12.2008 zugewiesenen Aufgaben.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 4. September 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten der Berufungsinstanz.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 747.279,51 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der beklagte Bundesverband berechtigt war, eine nationale TV-Dachkampagne durchzuführen und über den Verbandsbeitrag von den Landesverbänden finanzieren zu lassen und nunmehr dazu verpflichtet ist, den von dem klagenden Landesverband gezahlten Anteil an diesen zurückzuerstatten.

Mit seiner am 13. Februar 2004 beim Sozialgericht Lübeck eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die vom damaligen IKK-Bundesverband (Beklagter) durchgeführte bundesweite TV-Dachkampagne gewandt. Dazu hat er vorgetragen, der Beklagte habe sich mit knapper Mehrheit gegen die Mehrheit der Vorstände der Landesverbände für die Durchführung einer nationalen TV-Kampagne 2004 mit Gesamtkosten in Höhe von über 5 Millionen Euro allein für das Haushaltsjahr 2004 ausgesprochen. Die Finanzierung habe durch eine Umlage über den Verbandsbeitrag aller Mitglieder erfolgen sollen. Ein entsprechender Beitragsbescheid des Beklagten sei am 13. Januar 2004 ergangen. Darin sei für 2004 der Beitrag je Mitglied mit 6,97 EUR zuzüglich Sonderumlage von 0,59 EUR enthalten. Der Bescheid ist mit einer Rechtsmittelbelehrung (innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht Köln) versehen. Der Beklagte sei nicht befugt, die beabsichtigte TV-Dachkampagne durchzuführen. Er dürfe nur die Aufgaben erfüllen, zu denen er gesetzlich berechtigt sei. § 217 Abs. 2 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der Fassung bis 2008 (a. F.) sehe die Werbung nicht als Aufgabe der Bundesverbände vor. Wegen der Dispositionsfreiheit der Kassen in Fragen der Werbung dürften die Verbände den Innungskrankenkassen nicht ungefragt Unterstützung aufdrängen. Auch aus § 3 Nr. 13 der Satzung des Beklagten, der die Unterstützung der Landesverbände auf dem Gebiet Öffentlichkeitsarbeit und Marketing für die handwerkliche Krankenversicherung regle, lasse sich eine Zuständigkeit des Beklagten nicht herleiten. Dies werde daran deutlich, dass bei einer Unterstützung der Mitgliedskasse durch den Landesverband diese nach Einschaltung Träger der Aufgaben bleibe. Er, der Kläger, betreibe Marketing in eigener Regie und mit sehr großem Erfolg. Einen Unterstützungsbedarf gebe es nicht. Zudem könne Werbung wesentlich kosteneffektiver und sinnvoller gestaltet werden, wenn sie von den Kassen selbst mit ihren regionalen Unterschieden durchgeführt werde. Bundeseinheitliche Werbung sei nur dann unproblematisch, wenn sich das gesamte IKK-System für deren Durchführung ausspreche. Das Votum der Vorstände der Landesverbände sei jedoch deutlich anders ausgefallen. Nur bei Verlangen eines Mitglieds oder bei offensichtlichem Unterstützungsbedarf dürfe der Beklagte seine Mitglieder bei deren Aufgabenerfüllung unterstützen. Die Werbekampagne sei als reine Imagekampagne ausgerichtet und weise keinen sachlichen Informationsgehalt über den Auftrag der gesetzlichen Krankenversicherung auf. Insbesondere der Werbeslogan “Hauptsache schnell wieder gesund„ sei problematisch. Gerade mit der Einführung des GMG/SGB V steige die Eigenverantwortung der Versicherten vor allem in finanzieller Form. In einem solchen Fall könne ein solcher Appell auch so verstanden werden, im Krankheitsfalle schnell wieder gesund zu werden, um der Krankenkasse Kosten zu ersparen. Zudem seien die angefallenen Kosten den Versicherten und Arbeitgebern schwer zu erklären. Auch die Sozialversicherung unterliege dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 69 des Vierten Sozialgesetzbuches. Er, der Kläger, bzw. die Mitgliedskassen müssten für das Haushaltsjahr 2004 insgesamt 157.881,94 EUR für die TV-Dachkampagne aufwenden. Der Beitragsbescheid vom 13. Januar 2004 sei schon deswegen unwirksam, weil eine Anhörung nicht vorgenommen worden sei.

Der Beklagte hat zunächst erwidert, zwischenzeitlich sei der Beitragsbescheid bestandskräftig geworden. Zwar müsse der Kläger nach der Rechtsprechung des BSG gegen etwaige Aufgabenüberschreitung im Wege der Unterlassungsklage vorgehen. Dies stelle der Kläger auch richtig fest, wende sich dann jedoch im Weiteren gegen die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides. Im Übrigen verkenne der Kläger, dass es sich bei den Werbemaßnahmen um solche nach § 217 Abs. 2 Nr. 1 SGB V a. F. in Verbindung mit § 3 Nr. 13 der Satzung des Beklagten sei. Dies habe das LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 16. März 2001 (L 4 KR 2313/99) entschieden. Das BSG habe festgestellt, dass es bei der Durch...

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