Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Stuttgart vom 17.4.1996 - L 5 Ka 2147/95, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tatbestand

Streitig ist die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers im Primär- und Ersatzkassenbereich im Quartal II/93.

Der Kläger ist als Allgemeinarzt in N. niedergelassen und war im streitbefangenen Quartal zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Quartal II/93 behandelte der Kläger 1.000 Primär- und Ersatzkassenpatienten (Fachgruppe im Durchschnitt 1.053). Der Anteil der Rentner betrug 37,6 % (Fachgruppe 28,3 %). Der Kläger rechnete einen Gesamtfallwert (Leistungsgruppe 1 bis 12) von 1.345,1 Punkten ab, während die Fachgruppe (nach Ausgleich der unterschiedlichen Rentneranteile) durchschnittlich 889,2 Punkte abrechnete. Dies ergab bei einer einfachen Standardabweichung (Sigma) von 224,8 Punkten eine Überschreitung von 2,0 Sigma.

Mit Schreiben vom 15.10.1993 beantragte die Beigeladene Ziff. 1 beim Prüfungsausschuß, die Abrechnung des Klägers daraufhin zu überprüfen, ob die Behandlungsweise dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entspreche.

Der Prüfungsausschuß kürzte mit Bescheid vom 07.03.1994 die Honoraranforderung um 54.990 Punkte. Dieser Betrag ergab sich aus einer Streichung des Gesamtfallwertes bis auf 1,8 Sigma-Überschreitung und einer anteiligen Streichung der Leistungsgruppe 13 in Höhe von 3.730 Punkten.

Hiergegen erhob der Kläger am 25.03.1994 Widerspruch und führte aus, er liege bei den meisten anderen in der Praxis üblichen Gebührenziffern weit unter dem Durchschnitt. Beanstandet würden immer wieder Besuche, Injektionen und Infusionen. Hier liege eine Praxisbesonderheit vor, auf die er schon seit Jahrzehnten hingewiesen habe. Dies werde nicht berücksichtigt.

Durch Bescheid vom 30.06.1994 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, die Honorarabrechnung sei auf der Grundlage des statistischen Vergleichs mit der Fachgruppe geprüft worden. Der Fachgruppe hätten im Quartal II/93 1.450 Ärzte angehört. Diese Zahl sei ebenso ausreichend zur Bildung von Durchschnittswerten wie die Anzahl der vom Kläger abgerechneten Behandlungsfälle. Die Überschreitung von 2 Sigma beim Gesamtfallwert liege im Bereich des offensichtlichen Mißverhältnisses und begründe nach der ständigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit. Die in der Praxis des Klägers betreuten Rentner seien in die Beurteilung miteinbezogen worden, da der überdurchschnittliche Rentneranteil bereits durch eine entsprechende Gewichtung des jeweiligen Fachgruppendurchschnitts in den statistischen Vergleich eingeflossen sei. Im Bereich der Arzneikosten überschreite der Kläger im Quartal II/93 mit durchschnittlich 192,65 DM pro Fall den mit seinem Rentneranteil gewichteten Fallgruppendurchschnitt in Höhe von 129,10 DM um 49,2 %. Einsparungen auf dem Arzneikostensektor seien somit nicht gegeben. Bei der Durchsicht der Behandlungsausweise habe der Beklagte keine Praxisbesonderheiten feststellen können. Die vom Prüfungsausschuß festgelegte Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis von 1,8 Sigma ergebe noch eine Wahrscheinlichkeit von 3,6 %, daß die Abweichung vom Fachgruppendurchschnitt nicht auf Unwirtschaftlichkeit zurückzuführen sei. Diese Wahrscheinlichkeit sei durch eine eingehende Prüfung des Sachverhaltes noch weiter minimiert worden. Daher habe dem Widerspruch des Klägers nicht stattgegeben werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 25.07.1994 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) und beantragte, den Bescheid vom 30.06.1994 aufzuheben, soweit darin seine Honoraranforderung für das Quartal II/93 im Primär- und Ersatzkassenbereich gekürzt wurde, und den Beklagten zu verpflichten, erneut über seinen Widerspruch gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 07.03.1994 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung führte er aus, er halte eine Überprüfung anhand von Durchschnittswerten einer Fachgruppe nicht für zulässig, da jede Praxis speziell ausgerichtet sei und einen speziellen Behandlungsablauf habe. Es könnten daher nur Praxen verglichen werden, in denen ähnlich gearbeitet werde. Er müsse sich auf ein kleines Leistungsspektrum beschränken, da er nicht genug Mitarbeiter habe. Der sehr hohe Rentneranteil in seiner Praxis beanspruche wie auch früher einen hohen Leistungsanteil. Es fehle jedoch, was früher immer der Fall gewesen sei, der sogenannte Verdünnungsfaktor durch die wechselnden Patienten, da der Patientenanteil durch die Vielzahl der Niederlassungen etwas zurückgegangen sei.

Der Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG lud durch Beschluß vom 15.08.1994 die Kassenärztliche Vereinigung Nord-W., die AOK B.-W., die Landesverbände der Primärkassen, die Landwirtschaftliche Krankenkasse W. und die Verbände der Angestellten-Krankenkassen zum Verfahren bei.

Durch Urteil vom 21.06.1995 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen, auf die im übrigen Bezug genommen wird, ...

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