Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. betriebsunübliche Bedingung. häufiger Toilettengang und Selbstkatheterisierung
Leitsatz (amtlich)
Die Notwendigkeit, alle zwei bis drei Stunden eine Toilette aufsuchen zu müssen, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Versicherte nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann. Auch das Erfordernis, sich (maximal) zweimal am Tag selbst zu katheterisieren, schränkt die berufliche Leistungsfähigkeit nicht ein, da dies außerhalb der täglichen Arbeitszeit erfolgen kann.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18.09.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung im Streit.
Die 1966 geborene Klägerin machte - ihren eigenen Angaben nach (Bl. 1 VA-ÄT) - von Oktober 1983 bis Juni 1985 eine Ausbildung zur Verkäuferin im Textilbereich und war (zuletzt) von ca. 2009 bis 03.01.2014 als Produktionshelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist sie arbeitsunfähig, respektive arbeitslos (s. u.a. Bl. 85 VA-ÄT) mit Bezug von Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld und seit 01.08.2016 von Arbeitslosengeld II. Hinsichtlich der Einzelheiten der zurückgelegten versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 14.09.2021 (Bl. 158 ff. Senatsakte) Bezug genommen.
Bereits im Jahr 2004 wurde der Klägerin wegen einer Harninkontinenz - die Klägerin hat drei Kinder geboren - ein TVT-Band gelegt und wegen Blutungsstörungen und Hypermenorrhoen im Oktober 2009 die Gebärmutter entfernt (Bl. 29 VA-ÄT). Jedenfalls seit September 2014 kam es zu einem Harnträufeln.
Im April 2013 wurde bei ihr eine offene subacromiale Dekompression und Bursektomie im Bereich der rechten Schulter durchgeführt (Bl. 11 f. VA-ÄT).
Seit Januar 2014 klagt die Klägerin über Drehschwindelattacken (s. Bl. 15 ff. VA-ÄT), wegen denen sie sich auch vom 03.03.2014 bis 05.03.2014 zur stationären Abklärung in den Kliniken S in A befand (Bl. 25 ff. VA-ÄT). Dort zeigte sich weder ein klinisch-neurologisches Defizit, noch war - auch unter Lagerungsprobe - ein Schwindel auslösbar. Eine Ursache der geschilderten Schwindelsymptomatik konnte nicht objektiviert werden, weshalb differentialdiagnostisch eine Vestibularisparoxysmie diagnostiziert wurde. Im November 2015 schloss der W u.a. eine Hörstörung aus und äußerte den Verdacht auf (V.a.) einen psychovegetativen Schwindel (Bl. 121 VA-ÄT).
Vom 18.02.2015 bis 25.03.2015 befand sich die Klägerin zur Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik K (Bl. 39 ff. VA-ÄT), aus der sie zwar (noch) arbeitsunfähig, jedoch mit einem sechsstündigen Leistungsvermögen sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Produktionshelferin als auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde (Diagnosen: Vertigo, Gonarthralgie links, einfache Migräne, Adipositas).
Bereits vom 08.06.2015 bis 07.07.2015 befand sie sich erneut in stationärer medizinischer Rehabilitation, diesmal in der K Klinik Ü am B, einer Klinik für ernährungsabhängige Krankheiten, Innere Medizin und Diabetologie (Bl. 127 ff. VA-ÄT, Diagnosen: Adipositas Grad I - BMI 34,0 kg/m² -, Harninkontinenz, Gonarthrose links bei bekannter Bakerzyste, rezidivierende Migräneattacken, chronischer Drehschwindel), aus der sie arbeitsfähig und mit einem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - wiederum unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, ständig im Sitzen, ohne psychomentale Funktionen) - entlassen wurde. Im Entlassungsbericht wurde auf einen sekundärer Krankheitsgewinn und ein Rentenbegehren der Klägerin hingewiesen (Bl. 131 VA-ÄT).
U.a. im September 2015 wurde aufgrund eines degenerativen Innenmeniskushinterhornrisses links und einer ausgeprägten Chondromalazie retropatellar (IV. Grades) und medialem Kompartiment eine Arthroskopie im linken Kniegelenk durchgeführt (Bl. 53 f. VA-ÄT).
Am 27.04.2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (Bl. 55 VA) und begründete diesen mit ständigem Schwindel, Migräne, Knie- und Schultergelenkschmerzen sowie einer Wirbelsäulenverkrümmung (Bl. 5 VA-ÄT). Sie halte sich seit dem 03.01.2014 für erwerbsgemindert.
Die Beklagte ließ sie sodann von E begutachten (Bl. 83 ff. VA-ÄT, Untersuchungstag: 17.05.2016). Sie diagnostizierte u.a. ein chronisches Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren, rezidivierende Drehschwindelepisoden unklarer Ursache, Gonalgien links bei fortgeschrittener Chondromalazie, Innenmeniskusläsion, rezidivierende Lendenwirbelsäulen(LWS)- und Halswirbelsäulen(HWS)-Syndrome, eine Belastbarkeitseinschränkung im Berei...