Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Einkommenseinsatz. Absetzung von Beiträgen zu einer Sterbegeldversicherung. Angemessenheit der Versicherung. Zweckbindung
Leitsatz (amtlich)
Für eine Angemessenheit der Beiträge zu einer Versicherung als Sterbegeldversicherung nach § 82 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB XII ist dem Grunde nach maßgeblich darauf abzustellen, ob die Erreichung des aus Mitteln der Sozialhilfe zu fördernden Zwecks auch sichergestellt ist. Hierzu ist erforderlich, dass der angesparte Vermögenswert tatsächlich für die Bestattungskosten oder die Grabpflege verwendet wird. Dies ist dann der Fall, wenn der Hilfebedürftige die für die Bestattung vorgesehenen Mittel aus seinem übrigen Vermögen ausgeschieden und mit einer entsprechenden Zweckbindung verbindlich festgelegt hat.
Normenkette
SGB XII § 19 Abs. 2 S. 1, § 28 Anl, § 30 Abs. 5, § 33 Abs. 2, § 35 Abs. 1 S. 1, § 41 Abs. 1 S. 1, § 42 Nrn. 1, 4 Buchst. a, § 42a Abs. 1, §§ 43, 74, 82 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 90 Abs. 3 S. 1; VO zu § 82; SGB XII § 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 14; SGG §§ 86, 96, 144 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Januar 2021 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für den Monat Januar 2017 weitere 39,00 EUR, für den Monat Februar 2017 weitere 150,58 EUR, für den Monat Januar 2018 weitere 39,00 EUR und für den Monat Februar 2018 weitere 152,02 EUR Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Beiträgen zu einer Sterbegeldversicherung im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) streitig.
Die 1940 geborene Klägerin wohnt in einer ihrer Töchter (I) gehörenden Wohnung, für die ihr ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt ist. An diese Tochter zahlt sie Vorauszahlungen auf Heiz- und Nebenkosten in Höhe von monatlich 280,00 EUR (einschließlich 40,00 EUR für eine Garage). Sie bezieht von der Deutschen Rentenversicherung B eine Regelaltersrente (Zahlbetrag ab 1. Juli 2016: 465,79 EUR, ab 1. Januar 2017: 464,75 EUR, ab 1. Juli 2017: 473,59 EUR). Ab dem 1. Dezember 2016 wurde ihr Pflegegeld nach der Pflegestufe II, ab dem 1. Januar 2017 nach Pflegegrad 3 zuerkannt.
Am 6. Dezember 2016 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dazu gab sie an, sie habe bereits im März 2013 einen Antrag stellen wollen. Es sei ihr jedoch schwergefallen, auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Sie habe nun seit dreieinhalb Jahren mit sich gehadert und versucht, über die Runden zu kommen, was ohne die Hilfe ihrer Tochter (I) aber gar nicht möglich gewesen sei. Sie reichte ein entsprechendes Antragsformular ein, auf dem als Tag der Antragstellung der 14. März 2013 angegeben war. Als Einkommen gab sie eine Regelaltersrente in Höhe von 465,79 EUR an; als besondere Belastungen machte sie neben Kosten für eine Hausratversicherung (Jahresbeitrag für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Januar 2018, fällig am 1. Februar 2017: 97,43 EUR, für die Zeit vom 1. Februar 2018 bis 31. Januar 2019, fällig am 1. Februar 2018: 98,87 EUR), eine Haftpflichtversicherung (Jahresbeitrag für 2017, fällig am 1. Januar 2017: 57,85 EUR) und eine Mitgliedschaft im S e.V. (Jahresbeitrag fällig jeweils im Februar: 72,00 EUR) insbesondere Beiträge für eine Sterbegeldversicherung in Höhe von 53,68 EUR monatlich geltend.
Sie legte einen Versicherungsschein über die Versicherung „I1 SterbeGeld“ vor, welcher einen Versicherungsbeginn am 1. September 2015, eine Beitragszahlungsdauer von 10 Jahren und eine Versicherungssumme von 4.000,00 EUR ausweist. Bei Unfalltod werde die doppelte Versicherungssumme gezahlt. Der Beitrag betrage 53,68 EUR monatlich. Der Versicherungsnehmer habe widerruflich für den Todesfall ein Bezugsrecht für I zu 100 Prozent verfügt.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 31. Dezember 2016 in Höhe von 237,46 EUR monatlich, für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 30. Juni 2017 in Höhe von 244,00 EUR monatlich, für die Zeit vom 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017 in Höhe von 235,16 EUR monatlich und für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2018 in Höhe von 242,86 EUR monatlich. Ab 1. Juli 2018 werde der Beklagte die Leistung zunächst bis zum Erlass eines neuen Bescheides vorläufig als Vorschuss in Höhe des in dem Bescheid genannten Betrages zahlen. Die Beitragshöhe für die Sterbegeldversicherung in Höhe von mon...