Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. abschließende Entscheidung nach vorläufiger Leistungsbewilligung. Pflicht zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen. Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung
Leitsatz (amtlich)
Rechtsfolgenbelehrungen, die nicht über die primäre und spezifische Rechtsfolge des § 41a Abs 3 S 3 und 4 SGB II belehren, sind jedenfalls dann unschädlich, wenn sie die Hinweis- und Warnfunktion einer zutreffenden Belehrung über die primären und spezifischen Rechtsfolgen des § 41a Abs 3 S 3 und 4 SGB II nicht berühren.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die abschließende Entscheidung über Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 31.12.2018 und vom 01.01.2019 bis zum 30.06.2019 sowie die Erstattung der für diese Zeiträume erbrachten Leistungen streitig.
Der 1966 geborene Kläger ging in dem streitigen Zeitraum verschiedenen selbstständigen Erwerbstätigkeiten nach. So führte er statistische Erhebungen durch, bot Dienstleistungen und Handel im EDV-Bereich an und war als Betreuer tätig. Zudem bezog er im streitigen Zeitraum ergänzend Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Am 01.07.2018 beantragte er bei dem Beklagten die Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit ab 01.07.2018. Dem Antrag fügte er die Anlage zur vorläufigen „Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft“ (im Folgenden: EKS) bei. Hiernach schätzte er sein Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit „Statistische Erhebungen“ für die Zeit von Juli bis Dezember 2018 auf monatlich 300,00 Euro und die Betriebsausgaben für sechs Monate auf insgesamt 250,00 Euro. Sein Einkommen aus der Tätigkeit „Dienstleistung und Handel im EDV-Bereich“ schätzte er auf insgesamt 360,00 Euro bei Betriebsausgaben in Höhe von 180,80 Euro.
Daraufhin bewilligte der Beklagte ihm mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 23.08.2018 für die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 31.12.2018 Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 800,68 Euro monatlich und berücksichtigte ausgehend von Einnahmen in Höhe von 330,00 Euro (300,00 Euro aus „Statistische Erhebungen“ und 30,00 Euro aus „Dienstleistung und Handel im EDV-Bereich“) unter Abzug eines Freibetrags in Höhe von 300,00 Euro monatliches Einkommen in Höhe von 30,00 Euro.
Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 12.01.2019 bewilligte der Beklagte ihm mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 17.04.2019 für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.03.2019 und vom 01.06.2019 bis 30.06.2019 monatliche Grundsicherungsleistungen in Höhe von 493,86 Euro. Auf Grundlage seiner Angaben in der vorläufigen EKS für diesen Zeitraum berücksichtigte er dabei ein Einkommen des Klägers aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 345,00 Euro (640,00 Euro aus „Statistische Erhebungen“ und 5,00 Euro aus „Dienstleistung und Handel im EDV-Bereich“ abzüglich eines Freibetrags in Höhe von 300,00) und für die Zeit vom 01.04.2019 bis zum 31.05.2019 in Höhe von monatlich 193,86 Euro unter Berücksichtigung eines Einkommens in Höhe von 645,00 (640,00 Euro aus „Statistische Erhebungen“, 5,00 Euro aus „Dienstleistung und Handel im EDV-Bereich“ und 300,00 Euro aus Betreuertätigkeit abzüglich eines Freibetrags in Höhe von 300,00 Euro).
Mit Schreiben vom 17.04.2019 forderte der Beklagte den Kläger auf, nach Ablauf des vorläufigen Bewilligungszeitraums vom 01.07.2018 bis zum 31.12.2018 seine tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben nachzuweisen und hierfür die Anlage EKS für jede seiner selbstständigen Tätigkeiten vollständig ausgefüllt und unterschrieben, sämtliche Nachweise der Einnahmen und Ausgaben in Gestalt von Belegen, Quittungen, Rechnungen und Nachweisen über die Vergütung seiner Betreuertätigkeit bis zum 15.05.2019 vorzulegen. Das Schreiben enthielt den Hinweis: „Sofern die für die endgültige Entscheidung erforderlichen Unterlagen trotz Fristsetzung und schriftlicher Belehrung nicht beigebracht werden, wird der Leistungsanspruch in der Höhe festgesetzt, wie es ohne Ihre Mitwirkung möglich ist. Für Monate ohne Nachweis besteht kein Leistungsanspruch. Die für diese Monate erbrachten Leistungen sind vollständig zu erstatten. Werden Unterlagen erst nachträglich nach Bestandskraft der endgültigen Entscheidung vorgelegt, kann die Festsetzung des Anspruchs grundsätzlich nicht mehr mit dem Vortrag angegriffen werden, dass ein anderes Einkommen erzielt worden sei, da der Grundsicherungsträger gem. § 41a Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II zu dieser Festsetzung berechtigt war. Im Widerspruchsverfahren oder im Antrag nach § 44 SGB X ist Maßstab nur noch, ob die Festsetzung als solche ordnungsgemäß durchgeführt wurde und die Voraussetzungen hierfür vorlagen.“
Weder auf dieses Schreiben noch auf die Erinnerung vom 22.05.2019 legte ...