Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle. eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Leistungsfähigkeit. Festsetzung eines höheren Investitionsbetrages. keine fiktive Anrechnung tatsächlich nicht in Anspruch genommener öffentlicher Fördermittel
Orientierungssatz
1. Soweit es um die Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit geht, hat sich die gerichtliche Kontrolle auf die Nachprüfung zu beschränken, ob die Bewertungen der Schiedsstelle dem Sinngehalt dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe gerecht werden und, gemessen daran, in Anbetracht des von der Schiedsstelle vollständig ermittelten Sachverhalts vertretbar sind (vgl BVerwG vom 1.12.1998 - 5 C 17/97 = BVerwGE 108, 47).
2. Beschränkt sich die Schiedsstelle auf einen internen Vergleich, sind die einzelnen Positionen der Entgeltkalkulation daraufhin zu untersuchen, ob sie einer wirtschaftlichen Betriebsführung entsprechen (vgl BVerwG vom 1.12.1998 - 5 C 17/97 aaO).
3. Die fiktive Anrechnung tatsächlich nicht in Anspruch genommener öffentlicher Fördermittel bei der Bemessung des Investitionsbetrages lässt sich weder mit dem Nachrang der Sozialhilfe iS des § 2 SGB 12 noch mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit begründen. Die unternehmerische Entscheidung, gegebenenfalls auf öffentliche Förderung zugunsten anderer Vorteile zu verzichten, steht einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht grundsätzlich entgegen.
4. Die Nichtinanspruchnahme öffentlicher Fördermittel kann ferner nur dann unwirtschaftlich sein, wenn diese auch tatsächlich ausgezahlt worden wären.
Tenor
Die Entscheidung der Schiedsstelle Baden-Württemberg vom 2. März 2009 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Schiedsspruch, mit dem die Schiedsstelle den Investitionsbetrag für eine Wohnstätte für behinderte Menschen festgesetzt hat.
Die Klägerin betreibt als gemeinnützige GmbH die Wohnanlage einer Wohnstätte für erwachsene Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung mit 24 Plätzen. Sie besteht aus zwei Häusern mit je zwei barrierefreien Wohnungen für sechs Personen, davon ein Doppel-, im Übrigen Einzelzimmer. Die Nettogesamtgrundfläche einschließlich eines im Untergeschoss gelegenen "Begegnungsraumes" beträgt 1.030,18 m². Die Einrichtung war im Zuge einer Regionalisierung insbesondere als Ersatzneubau für ältere Wohnheime der Klägerin konzipiert. Im Jahr 2007 fanden zwischen der Klägerin und dem K. Gespräche über eine Förderung der Einrichtung aus Landesmitteln und Mitteln der Schwerbehindertenausgleichsabgabe statt. Zu einem Förderantrag und einer öffentlichen Förderung aus diesen Mitteln ist es im weiteren Verlauf nicht gekommen. Die Bauarbeiten wurden im September 2007 aufgenommen. Die Einrichtung ging im Dezember 2008 in Betrieb. Die Baukosten betrugen insgesamt € 2.115.600.-, die Kosten für die Einrichtung € 94.400.-; das Grundstück wurde für € 203.550.- erworben. An Förderung hatte die Klägerin € 350.000.- durch die Aktion erhalten.
Am 21. November 2008 schlossen die Beteiligten eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Unter Bezugnahme auf den Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII für Baden-Württemberg vom 15. Dezember 1998 wurden als Angebot die Leistungstypen der Eingliederungshilfe I.2.1 (stationäre Hilfe (ohne tagesstrukturierendes Angebot i.S.d. Ziffer I.4) für geistig und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene) mit 24 Plätzen, I.5.2 (Kurzzeitunterbringung in Einrichtungen ohne tagesstrukturierendes Angebot) als eingestreute Plätze im Rahmen der 24 Heimplätze sowie I.4.6 (tagesstrukturierendes Angebot für erwachsene Menschen mit Behinderungen, i.d.R. Senioren) mit sechs Plätzen vereinbart. Vergütungsvereinbarungen wurden getroffen für die Grund- und Maßnahmenpauschalen. Eine Einigung über den Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag), den die Klägerin im Schreiben vom 19. September 2008 mit € 20,95 pro Tag und Platz angesetzt hatte, konnte nicht erzielt werden.
Mit am 12. Dezember 2008 bei der Schiedsstelle eingegangenem Schreiben vom 4. Dezember 2008 beantragte die Klägerin die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens und die Festsetzung des Investitionsbetrages für das Leistungsangebot nach dem Leistungstyp I.2.1 auf € 20,59 pro Tag und Platz. Die Klägerin habe die Einrichtung mit eigenen Mitteln und mit Kapitalmarktdarlehen finanziert, da eine Beteiligung aus Landkreismitteln nicht möglich gewesen sei. Eine Bezuschussung über den K. aus Landesmitteln sei zwar als grundsätzlich möglich angesehen worden; in diversen Gesprächen mit verantwortlichen Mitarbeitern sei jedoch darauf hingewiesen worden, dass auf absehbare Zeit keine Mittel für die Finanzierung des Bauvorhabens bereitstünden. Ausgehend von einer Gesamtinvestitionssumme i.H.v. € 2.413.550.- se...