Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsklage. Klageänderung
Leitsatz (amtlich)
Die Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG erledigt sich durch den Erlass des Widerspruchsbescheids. Dieser kann vom Kläger im Wege der gewillkürten Klageänderung (§ 99 Abs. 1 SGG) in das Verfahren einbezogen werden, die in der Regel sachdienlich sein wird. Der Widerspruchsbescheid wird nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens der Untätigkeitsklage.
Die Statthaftigkeit der Klageänderung macht die geänderte Klage nicht ohne weiteres zulässig. Es müssen für sie sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sein, d.h. - bei korrekter Rechtsbehelfsbelehrung - auch die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 SGG gewahrt sein.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Sozialhilfe nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für den Zeitraum vom 1. Dezember 2003 bis 31. Dezember 2004.
Der am 1956 geborene Kläger, nach seinen Angaben von Beruf Baukeramiker und Grundofensetzer, war vom 1. April 1994 bis 13. Dezember 2004 bei der Gemeinde S. gewerberechtlich mit einem Gewerbe “Kachelöfen + Kamine, Raumgestaltung, Keramik (+ Porzellan), Internationales Kunsthandwerk„ angemeldet. Der Kläger ist seit April 2002 geschieden, aber seit Juni 2006 wieder verheiratet; mit seiner jetzigen Frau, die in der streitbefangenen Zeit Sozialhilfe bezogen hatte, hat er zwei Kinder (geb. 28. Dezember 2002 und 5. Januar 2005). Aus einer früheren Verbindung sind ebenfalls zwei Kinder hervorgegangen. Der Kläger ist melderechtlich nicht unter der Anschrift seiner Ehefrau in der L.straße 4 in U., sondern in der H.-Str. in U. gemeldet, nachdem er dorthin - ebenso wie seine zwischenzeitlich pflegebedürftige Mutter - im Zusammenhang mit der Zwangsräumung beider bisherigen Wohnungen am 13. Dezember 2004 von der Gemeinde S. eingewiesen worden war. Seit 1. Januar 2005 bezieht der Kläger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Erstmals hatte der Kläger im November 2002 - damals noch wohnhaft in der P.-Str. in U. - beim Beklagten Sozialhilfe beantragt. Seinerzeit hatte er den im April 1999 gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau und seiner Mutter geschlossenen Mietvertrag über die Anmietung von zwei Wohnungen mit einem LKW-Stellplatz in der P.-Str. zu einer Gesamtmiete von 1.320,00 DM sowie den Fahrzeugschein eines auf seine frühere Ehefrau zugelassenen Opel “Corsa„ (Erstzulassung Dezember 1988, amtl. Kennzeichen RT-... ) vorgelegt und ferner vorgebracht, ihm gehöre ein weiteres Fahrzeug (Marke Daimler-Benz, Erstzulassung Mai 1978, amtl. Kennzeichen RT-..., zugelassen auf die Firma des Klägers am 14. Dezember 2001); darüber hinaus verfüge er über kein Vermögen, habe aber Bankschulden über insgesamt noch etwa 460.000,00 DM. Nachdem der Kläger auf zweimalige Aufforderungen des Beklagten zu weiteren Angaben und Nachweisen nicht reagiert hatte, wurde der Antrag auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) mit Bescheid vom 2. Juni 2003 wegen Verstoßes gegen die Mitwirkungspflichten und daraus folgend auch ein besonderer Mietzuschuss abgelehnt. Der den - erst am 27. Juli 2003 eingelegten Widerspruch - als unzulässig zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 29. April 2004 wurde nach Rücknahme der Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen (VG) vom 5. April 2005 (7 K 1587/04) bestandskräftig.
Am 1. Dezember 2003 beantragte der Kläger beim Beklagten erneut die Gewährung von Leistungen nach dem BSHG. Hierzu gab er an, aus selbständiger Erwerbstätigkeit monatliche Einkünfte von etwa 150,00 Euro zu erzielen und für die Pflege seiner 83-jährigen Mutter Gegenleistungen in Höhe von monatlich etwa 370,00 Euro zu erhalten. Dem stünden monatliche Ausgaben von 550,00 Euro für die Miete sowie weitere - nicht bezifferte - Aufwendungen für die Haftpflicht-, Kraftfahrzeughaftpflicht- und Glasbruchversicherung gegenüber; Vermögen sei lediglich in Form eines Daimler-Benz LKW-Kastenwagens (amtl. Kennzeichen RT-... ) sowie eines weiteren Fahrzeugs der Marke Chrysler “Dodge Ram„ (Erstzulassung Juli 1983, amtl. Kennzeichen RT-... ; zugelassen auf die Firma des Klägers am 22. Juli 2003) vorhanden. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2003 forderte der Beklagte den Kläger unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten nach § 60 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) zu weiteren Angaben sowie zur Vorlage verschiedener Nachweise (u.a. letzte Einkommensteuererklärung bzw. Einkommensteuerbescheid, Bestätigung der Mutter über die Häufigkeit und Höhe der monatlichen Zahlungen, Stellungnahme eines Kraftfahrzeughändlers über den aktuellen Wert seiner Fahrzeuge, Mietbescheinigung, Scheidungsurteil) unter Fristsetzung zum 5. Januar 2004 auf, wobei für den Fall fehlender Mitwirkung die Versagung der Leistung gemäß § 66 SGB I angekündigt wurde. Mit Sc...