Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Zugangsfaktors bei "vorzeitiger" Inanspruchnahme einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiterhin verfassungsgemäß. trotz Leistungsverbesserungen durch das RVLVG
Leitsatz (amtlich)
Die Kürzung des Zugangsfaktors für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist nicht deshalb verfassungswidrig geworden, weil der Gesetzgeber durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz; juris: RVLVG) weitere Leistungen eingeführt hat und die Kürzung des Zugangsfaktors der Sicherung der Finanzierungsgrundlagen diente.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 21.06.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Erwerbsminderungsrente auf der Grundlage eines Zugangsfaktors von 1,0.
Der am … 1970 geborene Kläger beantragte am 20.10.2011 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, den die Beklagte zunächst mangels Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen ablehnte (Bescheid vom 15.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2012). Im anschließenden Klageverfahren (S 11 R 3315/12) beim Sozialgericht Freiburg (SG) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, zu dessen Ausführung die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17.04.2014 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (30.06.2037) beginnend ab dem 01.01.2013 bewilligte und in Höhe von monatlich 303,00 € (brutto) errechnete, wobei die Rente unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenze für die Zeit ab 01.01.2013 nicht zu zahlen sei. Bei der Rentenberechnung legte die Beklagte dabei 24,2028 Entgeltpunkte, ermittelt aus den rentenrelevanten Zeiten und Entgelten, zu Grunde. Hieraus errechnete sie unter Berücksichtigung eines auf 0,892 verringerten Zugangsfaktors 21,5889 persönliche Entgeltpunkte. Die Kürzung des Zugangsfaktors von 1,0 um 0,108 auf 0,892 begründete sie mit der um 36 Kalendermonate vorzeitigen Inanspruchnahme der Erwerbsminderungsrente, wobei sie für jeden Kalendermonat eine Kürzung des Zugangsfaktors um 0,003, mithin um insgesamt 0,108 (36 Kalendermonate x 0,003) vornahm. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnungsgrundlagen und Berechnungen wird auf die Anlagen zum Bescheid vom 17.04.2014 verwiesen (Bl. 59 ff. Senats-Akte).
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, den er nicht weiter begründete. Mit Bescheid vom 12.06.2014 berechnete die Beklagte die Erwerbsminderungsrente im Hinblick auf eine Rentenanpassung für die Zeit ab dem 01.07.2014 neu, wobei sie die persönlichen Entgeltpunkte in der bisherigen Höhe zu Grunde legte und die Rente weiterhin wegen Überschreitens des Hinzuverdienstes nicht auszahlte.
Mit weiterem Bescheid vom 26.02.2015 hob die Beklagte den „bisherigen Bescheid“ „hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 01.01.2014“ auf, berechnete die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.01.2014 wegen einer Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes, der Rentenanpassung zum 01.07.2014 sowie eines geänderten Pflegeversicherungsbeitrags neu, setzte den laufenden monatlichen Rentenzahlbetrag für die Zeit ab dem 01.03.2015 auf 275,48 Euro fest und verfügte für die Zeit vom 01.01.2014 bis 28.02.2015 eine Nachzahlung i.H.v. 1.380,19 Euro. Bei der Rentenberechnung legte sie weiterhin - sowohl für die Zeit ab dem 01.01.2014 als auch für die Zeit ab dem 01.10.2014 - eine Summe aller Entgeltpunkte von 24,2028 aus der früheren Rente zugrunde, führte aus, dass „Entgeltpunkte, die bereits Grundlage einer früheren Rente waren den Zugangsfaktor der früheren Rente von 0,892“ behielten und wies die persönlichen Entgeltpunkte unter Zugrundelegung dessen (weiterhin) mit 21,5889 aus (24,2028 x 0,892). Wegen der Einzelheiten der Berechnungsgrundlagen und Berechnungen wird auf die Anlage 6 zum Bescheid vom 26.02.2015 Bezug genommen (S. 449 f. Verwaltungsakte).
Mit am 19.08.2015 zugegangenem Widerspruchsbescheid vom 13.08.2015 wies die Beklagte den Widerspruch, der sich nach § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch gegen die Bescheide vom 12.06.2014 und 26.02.2015 richte, zurück, weil Sach- und Rechtsfehler nicht erkennbar seien.
Hiergegen hat der Kläger am 21.09.2015 (Montag) beim SG mit dem Begehren Klage erhoben, ihm die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung „ohne versicherungsmathematische Abschläge“ zu gewähren. Er hat dazu zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz „bewiesen“ sei, dass die im Jahr 2011 noch gegebene Notlage des Sozialversicherungssystems nicht mehr bestehe, denn mit diesem Gesetz seien „Wohltaten“ an andere Versicherte als Erwerbsminderungsrentner im Umfang von geschätzt sechs Mrd. Euro vergeben worden. Damit bestehe - unter Hinweis auf einen Beschl...