Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsgrund. Zumutbarkeit des Abwartens der Entscheidung in der Hauptsache. Höhe des Bedarfs. Zumutbarkeit einer Vorfinanzierung aus dem Regelsatz. Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kein Anspruch auf Gewährung zusätzlicher Leistungen (als Mehrbedarf) für die Anschaffung von FFP2-Masken. Insbesondere ist der vom SG Karlsruhe in seinem Beschluss vom 11.2.2021 - S 12 AS 213/21 ER angenommene Bedarf von 20 FFP2-Masken pro Woche nicht nachvollziehbar.

2. Die (vergleichsweise geringen) Anschaffungskosten insbesondere für (einfache) medizinische Masken, die nach der Corona-VO des Landes ausreichend sind, können aus dem Regelsatz bzw aus den ersparten Aufwendungen aus den Bedarfen für Freizeit, Unterhaltung und Kultur, die bedingt durch die Corona-Pandemie zumindest anteilig entfallen sind, erbracht werden.

3. Darüber hinaus stand im Mai 2021 für Hilfeempfänger nach dem SGB II bzw SGB XII die Auszahlung von 150 Euro aus dem Sozialschutz-Paket III (juris: SozSchPakG III) an.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 16. März 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde des am 1992 geborenen, erwerbsfähigen Antragstellers, der vom Antragsgegner laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht (vgl. Änderungsbescheid des Antragsgegners vom 15.02.2021, mit dem Leistungen nach dem SGB II bis zum 31.08.2021 bewilligt worden sind) gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Freiburg vom 16.03.2021 hat keinen Erfolg. Mit diesem Beschluss hat das SG den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm einen Betrag von bis zu 129,00 Euro monatlich für FFP-2-Masken zu zahlen, abgelehnt. Der Antragsteller hatte die Gewährung dieses Mehrbedarfs erstmals am 30.12.2020 beim Antragsgegner beantragt. Dieser hat den Antrag mit Bescheid vom 01.02.2020 abgelehnt, den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2021 zurück. Die hiergegen erhobene Klage ist noch beim SG Freiburg anhängig (- S 5 AS 489/21 -). Der Antragsteller trägt vor, er benötige sog. FFP-2-Masken, da er aufgrund seiner Vorerkrankungen (Bluthochdruck, Tachikardie, Epilepsie sowie eine Tetraspastik) besonders gefährdet sei. Zudem pflege er seine Partnerin, die an einem geschwächten Immunsystem leide, und damit auch zur Gruppe der Risikopatienten gehöre.

Die am 18.03.2021 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangene Beschwerde gegen den dem Antragsteller am 16.03.2021 per Fax gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Dem Antragsteller sind bis einschließlich August 2021 Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden. Er hat die Höhe des zu gewährenden Mehrbedarfs zwar im Antrag des Beschwerdeverfahren ins Ermessen des Gerichts gestellt, im Schreiben vom 08.03.2021 aber vorgetragen, dass der im Eilverfahren geltend gemachte Bedarf, anlehnend an den Beschluss des SG Karlsruhe vom 11.02.2021 (- S 12 AS 213/21 ER -), jedenfalls 129,00 Euro monatlich betrage. Damit ist die Beschwerde insbesondere auch nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG bereits deshalb ausgeschlossen, weil in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Der Beschwerdewert von 750,00 Euro (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) ist damit nämlich erreicht. Die Beschwerde ist außerdem nach § 173 SGG insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Auf die zutreffenden und umfangreichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss wird zunächst ausdrücklich Bezug genommen.

Ergänzend ist auszuführen, dass nach Überzeugung des Senats der Antrag bereits daran scheitert, dass der Antragsteller keinen Anordnungsgrund bezüglich der begehrten monatlichen Zahlungen für FFP-2-Masken glaubhaft gemacht hat.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung d...

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