Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzrechtliche Behandlung von Ansprüchen der BA auf Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen
Orientierungssatz
Der Anspruch auf Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen gem § 223 Abs 2 S 1 SGB 3 aF, der im Anschluss an die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Rückforderungsbescheid geltend gemacht wurde, stellt keine Masseverbindlichkeit iS des § 55 Abs 1 Nr 1 oder Nr 3 InsO, sondern lediglich eine zur Insolvenztabelle anzumeldende Insolvenzforderung dar.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09. Februar 2006 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Rückforderungsanspruch in Höhe von 34.848 DM keine Masseverbindlichkeit darstellt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Rückforderung eines Eingliederungszuschusses eine Masseverbindlichkeit darstellt.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. G. GmbH. Diese beantragte am 18.01.1999 bei der Beklagen die Gewährung eines Eingliederungszuschusses anlässlich der Einstellung des Arbeitnehmers S. Mit Bescheid vom 10.02.1999 bewilligte die Beklagte einen Eingliederungszuschuss bei erschwerter Vermittlung für die Dauer vom 19.01.1999 bis zum 18.01.2000 in Höhe von monatlich 2.904,00 DM. In den dem Bewilligungsbescheid beigefügten Nebenbestimmungen wies sie darauf hin, dass der Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen sei, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspreche, längstens jedoch von zwölf Monaten, nach Ende des Förderungszeitraums beendet werde. In der Folgezeit bezog die Fa. G. GmbH Leistungen in Höhe von 34.848,00 DM.
Mit Beschluss vom 01.09.2000 eröffnete das Amtsgericht Ludwigsburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. G. GmbH und ernannte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Dieser kündigte als Insolvenzverwalter das Beschäftigungsverhältnis des S. zum 30.09.2000.
Auf das Anhörungsschreiben der Beklagten teilte der Kläger mit, der Mitarbeiter S. sei aufgrund der Insolvenz betriebsbedingt zum 31.08.2000 (richtig: 30.09.2000) gekündigt worden. Es hätten keine leistungs- oder verhaltensbedingten Gründe vorgelegen, die eine fristlose Vertragsbeendigung gerechtfertigt hätten. Wenn die Beklagte dennoch eine Rückzahlung des Eingliederungszuschusses verfügen wolle, sei deren Forderung gemäß §§ 174 ff. Insolvenzordnung (InsO) anzumelden.
Mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 07.11.2001 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung des Eingliederungszuschusses gemäß § 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und meldete in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. G. GmbH als Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO den Betrag von 34.848,00 DM als sonstige Masseverbindlichkeit nach § 45 InsO zur Eintragung in die Tabelle (§ 175 InsO) an. Zur Begründung führte sie aus, der Eingliederungszuschuss sei nur dann nicht zurückzuzahlen, wenn der Arbeitgeber berechtigt gewesen sei, dass Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt sei oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht habe. Das Arbeitsverhältnis mit S. sei vorliegend jedoch aufgrund betriebsbedingter Kündigung beendet worden. Es seien keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine andere Entscheidung hätten begründen können.
Hiergegen legte der Kläger am 07.12.2001 Widerspruch ein mit der Begründung, die Forderung stelle keine Masseverbindlichkeit, sondern eine Insolvenzforderung dar, die zur Insolvenztabelle anzumelden sei. Der Zuschuss sei für den Zeitraum vom 19.01.1999 bis 18.01.2000 und damit für eine Zeit vor Insolvenzeröffnung gewährt worden. Der Rückforderungsanspruch sei deshalb auch bereits vor Insolvenzeröffnung begründet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 223 Abs. 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung, die gemäß § 422 Abs. 1 SGB III vorliegend anzuwenden sei, sei der Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspreche, längstens jedoch von 12 Monaten, nach Ende des Förderungszeitraums beendet werde. Dies gelte dann nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt sei, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Die Kündigung wegen Zahlungsunfähigkeit bzw. wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers stelle keinen wichtigen Grund dar. Ein Befreiungstatbestand...