Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7. Wie-Beschäftigung. Sonderbeziehung. lockere freundschaftliche Beziehung. Gefälligkeit. selbstverständliche Hilfeleistung. einmalige Hilfe bei der Ernte. enge Freundschaft der Familien. arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Gegenleistung. Entlohnung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Annahme einer Wie-Beschäftigung bei einem einmaligen Einsatz als Helfer bei der Ernte in einem landwirtschaftlichen Unternehmen ist dann ausgeschlossen, wenn eine freundschaftliche oder ähnliche soziale Beziehung besteht und diese die Grundlage der Hilfeleistung ist.
2. Eine freundschaftliche Beziehung liegt auch dann vor, wenn die engeren Familien des landwirtschaftlichen Unternehmers und des Helfers befreundet sind. Es ist unerheblich, ob die engste Freundschaft nur zwischen den Partnern des landwirtschaftlichen Unternehmers und des Helfers besteht und die Beziehung zwischen diesen etwas lockerer erscheint.
3. Eine Arbeitnehmerähnlichkeit besteht nicht, wenn keinerlei konkrete Gegenleistung für die Hilfe vereinbart oder in Aussicht gestellt wurde und allenfalls innere Erwartungen auf Zuwendungen des Unternehmers innerhalb der freundschaftlichen Beziehung (Einladung zum Essen) bestanden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Oktober 2022 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der 1965 geborene Kläger ist gelernter Maschinenschlosser und arbeitet nach seinen Angaben in der Qualitätssicherung Wareneingang in der C1 S1 GmbH.
Der Kläger erlitt am 12. August 2021 einen Unfall, als er bei Arbeiten in der Scheune des Landwirts D1 (GD) Strohballen geordnet hat, wobei die Strohballen über ein Förderband jeweils eine Ebene hochtransportiert und dann ca. 3-4 Meter weggestoßen wurden und ein Strohballen den Kläger am Rücken getroffen hat. Hierdurch ist er eingesackt und hat bei starken Schmerzen nicht mehr aufstehen können. G1 diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom Unfalltag eine BWK6-Fraktur mit Bogenbeteiligung und Dornfortsatzfraktur und eine ventrale Absprengung HWK5/6 differentialdiagnostisch älterer Genese
Der Landwirt GD, in dessen Betrieb sich der Unfall ereignet hatte, machte im Fragebogen vom 22. August 2021 Angaben über seinen Betrieb sowie den Unfall. In der Unfallanzeige vom selben Tag gab er an, der Kläger sei als befreundeter Helfer (weder verwandt noch verschwägert) tätig gewesen. Ferner führte er aus, der Kläger sei mit dem Stapeln von Klein-Strohballen/Hochdruckballen in den Heustock beschäftigt gewesen. Er sei von einem herabfallenden Kleinballen (Gewicht ca. 20 kg) auf den Kopf getroffen worden.
Der Kläger machte im Fragebogen vom 28. August 2021 Angaben zum Unfallhergang.
Im weiteren Fragebogen vom 3. Oktober 2021 bejahte GD die Frage, ob ohne die Tätigkeit des Klägers jemand anderes zeitnah die Tätigkeit hätte ausführen müssen. Die Tätigkeit sei alleine nicht möglich. Sonst hätte die Tätigkeit sein Sohn ausführen müssen. Dieser habe sich jedoch an dem Tag im Urlaub befunden. Darum sei die Mithilfe des Klägers erfolgt. Die Frage, ob der Kläger schon vorher im Unfallbetrieb tätig gewesen sei, verneinte GD. Die Hilfe sei nur einmalig erfolgt. Der Kläger sei am Unfalltag bis zum Eintritt des Unfalls 2,5 Stunden tätig gewesen. Wenn der Unfall nicht eingetreten wäre, hätte die Tätigkeit insgesamt 5-6 Stunden gedauert. Die Fragen, ob eine Entlohnung in bar oder in Naturalien vereinbart gewesen sei und ob der Kläger seine Hilfe von einer Entschädigung oder Bezahlung abhängig gemacht habe, verneinte er jeweils. Er verneinte gleichfalls die Frage, ob es sich um eine Tätigkeit im Rahmen der Nachbarschaftshilfe auf Gegenseitigkeit gehandelt habe. Auch die Frage, ob der Kläger schon früher ausgeholfen habe, verneinte er und bejahte hingegen, die Frage, ob die Hilfeleistung am Unfalltag nur ausnahmsweise erfolgt sei, die Hilfe sei nur einmalig gewesen. Er gab schließlich an, der Kläger sei mit ihm seit ca. 25 Jahren befreundet.
Der Kläger selbst gab in einem Fragebogen vom 8. September 2021 an, der Unfall habe sich bei der Hilfe/Unterstützung zwischen Nachbarn, Freunden oder Verwandten ereignet.
Auf Nachfrage der Beklagten führte GD am 14. November 2021 aus, sie hätten den Kläger am Vortag telefonisch für den 12. August 2021 um seine Hilfe gebeten. Die anfallenden Arbeiten seien bei dem Telefonat am Vortag besprochen worden. Die Einlagerung der Strohballen am Unfalltag sei ernte- und wetterbedingt unbedingt notwendig gewesen. Der Kläger sei eingewiesen worden und sei dabei seinen Anweisungen unterstellt gewesen. Sie hätten die Arbeiten gemeinsam erledigt. Die Frage, ob die Hilfeleistung im Rahmen einer wechselseitigen Aushilfe geschehen sei, verneinte der.
Auf weitere Frage der Beklagten teilte er am 17. Dezember 2021 mit, ein zeit...