Entscheidungsstichwort (Thema)
MdE. Höherbewertung. Friseurmeister
Orientierungssatz
Bei dem Beruf des Friseurmeisters handelt es sich nicht um einen sehr spezifischen Beruf mit einem relativ engen Einsatzbereich, dessen Aufgabe eine Höherbewertung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit gem RVO § 581 Abs 2 rechtfertigen würde. Bei dem Beruf des Friseurmeisters handelt es sich vielmehr um einen allgemein anerkannten und weit verbreiteten Beruf.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen einer Berufskrankheit Anspruch auf Verletztenrente zusteht.
Der am 25. Januar 1932 geborene Kläger absolvierte von 1946 bis 1949 eine Friseurlehre und ist seit Januar 1954 selbständiger Friseurmeister. Bis zur Berufsaufgabe führte er diesen Betrieb mit zwei Herrenstühlen und elf Damenplätzen, wobei der Kläger überwiegend im Damensalon (Haare färben, Dauerwelle legen, frisieren, schneiden) tätig war. Im Oktober 1990 teilte er der Beklagten mit, seit einem Jahr leide er an einer Allergie gegen fast alle Produkte in seinem Geschäft. Dabei laufe ihm die Nase und seine Augen tränten. Außerdem würden ihm die Schleimhäute im Mund und im Nasenbereich anschwellen, hinzu kämen Kopfschmerzen.
Dr. W., Allergologe in L., führte in seinem an Dr. E. L., gerichteten Schreiben vom 19. September 1990 aus, beim Kläger liege eine berufsbedingte Rhinitis und Conjunctivitis im Sinne einer Berufserkrankung nach Ziffer 4301 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vor. Hieraus resultierende Beschwerden bestünden seit ca. 4 Monaten.
Der Berufshelfer der Beklagten berichtete am 04. Dezember 1990, der Kläger sei wegen der Atemwegsbeschwerden wiederum arbeitsunfähig geschrieben worden; außerdem leide er an Herzrhythmusstörungen sowie an Bandscheibenbeschwerden. Nach Angabe des Klägers sei eine Berufsaufgabe wegen der Atemwegsbeschwerden erforderlich. Der Kläger habe seinen Friseursalon ab 01. Dezember 1990 verpachten können, außerdem habe er bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger am 29. Januar 1991 durch Privatdozent Dr. H., N. untersucht. Dieser führte in seinem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 28. März 1991 aus, die Untersuchungen mit Einschluß eines arbeitsplatzbezogenen Inhalationstests hätten bestätigt, daß beim Kläger eine beruflich verursachte allergische Rhinopathie als Berufskrankheit Nr. 4301 der BKVO vorliege. Eine obstruktive Atemwegserkrankung bestehe demgegenüber jedoch nicht. Hinweise auf eine Einschränkung der pulmonalen Leistungsbreite hätten funktionsanalytisch nicht objektiviert werden können. Die Vitalkapazität habe im Normbereich gelegen und die Atemwegswiderstände seien auch bei mehrfacher Kontrolle nicht erhöht gewesen. Die berufskrankheitenbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde auf weniger als 10% geschätzt.
Mit Bescheid vom 05. April 1991 gewährte die LVA W. dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. Dezember 1990. Mit Bescheid vom 13. August 1991 wurde sie für die Zeit ab 01. Februar 1991 in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewandelt.
Der Staatliche Gewerbearzt führte in seinem Gutachten vom 20. August 1991 aus, es bestehe eine Berufskrankheit gemäß Ziffer 4301 der BKVO, die in nicht entschädigungspflichtigem Ausmaß zur Anerkennung vorgeschlagen werde; die berufsbedingte MdE betrage 0%. Zu weiteren Maßnahmen der Prävention und Rehabilitation gemäß § 3 BKVO solle ein Minderverdienstausgleich erfolgen.
Die IKK L. teilte der Beklagten am 18. Oktober 1991 mit, der Kläger habe seine selbständige Tätigkeit zum 30. November 1990 aufgegeben, was vom Kläger mit Erklärung vom 05. Dezember 1991 bestätigt wurde.
Mit Bescheid vom 17. Januar 1992 wurde eine Rhinopathie (Austrocknung der Nasenschleimhaut) von der Beklagten als Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage zur BKVO anerkannt; als Eintritt des Versicherungsfalles gelte der 30. November 1990. Die Gewährung von Rente wegen der Berufskrankheit lehnte die Beklagte ab, da die Erkrankung eine MdE in rentenberechtigendem Grade über die 13. Woche hinaus nicht hinterlassen habe.
Mit Bescheid vom 28. Februar 1992 gewährte die Beklagte dem Kläger Übergangsleistungen nach § 3 der BKVO für die Zeit vom 01. Dezember 1990 bis 31. Januar 1991 in Höhe von insgesamt DM 3.413,78. Ab 01. Februar 1991 seien Übergangsleistungen nicht mehr zu gewähren, da der Kläger Erwerbsunfähigkeitsrente erhalte.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung im wesentlichen vor, sowohl mit der Einschätzung der berufskrankheitenbedingten MdE von 0% als auch insbesondere mit der Ablehnung der Bezahlung von Übergangsleistungen für die Zeit ab 01. Februar 1991 sei er nicht einverstanden. Über 36 Jahre habe er sich als selbständiger Friseurmeister Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet, die er nun nicht mehr nutzen könne. Aufgrund dessen sei er der Auffassung, daß die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Gesamt-MdE von derzeit 30 v.H...