Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung/Pflegeversicherung. Versorgungsbezüge. Beitragspflicht von Renten aus französischen Zusatzrentensystemen ARRCO und AGIRC

 

Leitsatz (amtlich)

Renten aus den französischen Zusatzrentensystemen ARRCO und AGIRC sind keine Versorgungsbezüge iSd § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5, Abs 1 Satz 2 SGB V.

(Revision wurde vom Senat zugelassen).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.02.2012; Aktenzeichen B 12 KR 19/09 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 11. April 2002, 2. Februar 2004 und 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2004 sowie der Bescheid vom 14. April 2005 aufgehoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zwei Zusatzrenten, die der Kläger aus Frankreich erhält, in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung beitragspflichtige Versorgungsbezüge sind.

Der 1940 geborene Kläger bezieht seit 1. Oktober 2000 eine (vorgezogene) Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung B (DRV). Er ist seit 1. April 2002 als Rentner in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Außer seiner Rente von der DRV erhält der Kläger auch drei Renten aus Frankreich. Neben der gesetzlichen Rente von der französischen Rentenversicherung (“Caisse nationale d‚assurance vieillesse„ - CNAV) bezieht er zwei Zusatzrenten. Die Zusatzrente von IREPS (“Institution de retraites et de prévoyance des salariés„) gehört zum Altersversorgungssystem ARRCO (“Association pour le régime de retraite complémentaire des salarieés„) und die Zusatzrente von CIRCACIC (“Caisse interprofessionelle retraite des cadres architectes, du commerce, de l‚industrie et activités connexes„) zum Altersversorgungssystem AGIRC (“Association générale des institutions de retraite des cadres„). Beide Zusatzrenten sind für die Beschäftigten in Frankreich verpflichtend. Der Arbeitgeber muss die Beiträge für diese Versicherungen aus dem Gehalt des Beschäftigten an die Zusatzversicherungssysteme zahlen. In einer von der französischen Regierung an den Rat der Europäischen Union gerichteten Notifizierung erklärte die französische Regierung unter Bezugnahme auf Art 1 Buchst j der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 (VO 1408/71), dass diese Verordnung auf das “betriebliche Versorgungssystem„ ARRCO und das “betriebliche Versorgungssystem„ AGIRC Anwendung findet. Die VO 1408/71 wird seit 1. Januar 2000 auf beide Altersvorsorgesysteme angewandt.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11. April 2002 mit, dass die Zusatzrenten IREPS und CIRCACIC als betriebliche Zusatzrenten der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterlägen. Die Beiträge seien monatlich zu zahlen und sie werde die Beiträge aufgrund der bestehenden Einzugsermächtigung vom Konto des Klägers einziehen. Für die Krankenversicherung wurde der Beitrag auf monatlich 115,27 € und für die Pflegeversicherung auf monatlich 27,60 € festgesetzt. Rechtsbehelfe gegen dieses Schreiben wurden vom Kläger nicht eingelegt.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2003 bezifferte die Beklagte die monatlich vom Kläger zu zahlenden Beiträge für die Krankenversicherung auf 116,62 € und für die Pflegeversicherung auf 27,92 €. Auch gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger zunächst nicht.

Mit einem weiteren Schreiben vom 2. Dezember 2003 informierte die Beklagte den Kläger schließlich über die sich aufgrund des GKV-Modernisierungsgesetzes ab 1. April 2004 ergebenden Änderungen. Sie teilte ihm mit, bisher habe die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes (Stand 1. Juli des Jahres) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember des folgenden Kalenderjahres gegolten. Ab 1. April 2004 gelte der volle allgemeine Beitragssatz. Die Stichtagsregelung sei geblieben. Da die Beklagte zum 1. Juli 2003 einen allgemeinen Beitragssatz von 14,9 % gehabt habe, sei dieser ab 1. April 2004 maßgebend. An der Höhe des Pflegeversicherungsbeitrages aus den Versorgungsbezügen habe sich nichts geändert. Gegen dieses Schreiben wandte sich der Kläger am 22. Januar 2004 und machte geltend, mit einer Erhöhung des Beitragsatzes für seine französischen Zusatzrenten sei er nicht einverstanden. Es handele sich nicht um Betriebsrenten oder ähnliche Versorgungsbezüge. Die Beklagte verblieb bei ihrer Rechtsauffassung und wies den Kläger mit Schreiben vom 2. Februar 2004 darauf hin, dass er seit 1. April 2002 als Rentenbezieher pflichtversichert sei. Bei den französischen Zusatzrenten der “CIRCACIC„ und “IREPS„ handele es sich um Versorgungsbezüge iS des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5, Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). An dieser Rechtsauslegung habe sich auch durch das GMG zum 1. Januar 2004 nichts geändert. Es verbleibe damit bei der Beitragsberechnung seit 1. April 2002. Weder das Schreiben vom 2. Dezember 2003 noch das Schreiben vom ...

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