Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Verfassungsmäßigkeit. Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3

 

Orientierungssatz

Durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zugunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB 2 sind Verfassungsrechte auch der Arbeitslosen nicht verletzt, die eine Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3 abgegeben haben. Ein Anspruch auf Fortzahlung von Leistungen in der bis zum 31.12.2004 gewährten Höhe besteht nicht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen B 11a/7a AL 62/06 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger einen Anspruch auf Weiterzahlung von Arbeitslosenhilfe über den 31.12.2004 hinaus hat.

Der ...1945 geborene Kläger ist seit August 2001 arbeitslos. Er bezog bis 24.11.2003 Arbeitslosengeld und seither mit einer kurzfristigen Unterbrechung bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Derzeit bezieht der Kläger Arbeitslosengeld II.

Am 31.10.2003 unterzeichnete der Kläger eine Erklärung zur Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen gem. § 428 Sozialgesetzbuch (SGB) III.

Nachdem sich der Kläger kurzfristig aus dem Bezug von Arbeitslosenhilfe abgemeldet hatte, beantragte er am 25.11.2004 die Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 25.11.2004. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.12.2004 wurde dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 25.11.2004 bis 31.12.2004 in Höhe von täglich 30,19 € (wöchentlich 211,33 €) bewilligt. In dem Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass die Leistung Arbeitslosenhilfe zum 31.12.2004 abgeschafft und durch das Arbeitslosengeld II ersetzt werde. Daher sei der Bewilligungsabschnitt befristet. Mit Schreiben vom 29.12.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid der Arbeitsgemeinschaft F vom 23.05.2005 wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherheit des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 542,28 € bewilligt.

Mit Schreiben vom 27.01.2005, gerichtet an die Agentur für Arbeit F und die Arbeitsgemeinschaft Stadt F (ARGE) beantragte der Kläger Leistungen in Höhe der bisherigen Arbeitslosenhilfe ab 01.01.2005 bis zum Beginn der gesetzlichen Rentenzahlungen und beantragte im Hinblick auf den Bescheid vom 02.12.2004 vorsorglich die Wiedereinsetzung in der vorigen Stand gem. § 27 SGB X, um ggf. Widerspruch einlegen zu können. Er beantragte den Erlass eines Aufhebungsbescheides über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe, der den rechtlichen Erfordernissen gerecht werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2005 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.12.2004 als unzulässig verworfen. Darin berief sich die Beklagte auf § 84 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzureichen sei. Der Bescheid sei am 03.12.2004 bei der Post aufgegeben und gelte folglich gem. § 37 Abs. 2 SGB X als am 06.12.2004 bekannt gegeben. Die Widerspruchsfrist habe daher am 07.01.2005 geendet. Der Widerspruch sei jedoch erst am 27.01.2005 und damit nach Ablauf der Frist eingegangen. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht erkennbar.

Mit Schreiben vom 02.05.2005, das am gleichen Tag bei dem Sozialgericht Freiburg einging, wurde Klage erhoben. Der Kläger führte aus, er habe die Erklärung gem. § 428 SGB III (sog. 58er-Regelung) abgegeben. Er habe bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe von durchschnittlich zuletzt 918,00 € monatlich erhalten. Das Arbeitslosengeld II betrage lediglich 542,28 € monatlich. Auf den Antrag des Klägers, ihm weiterhin Leistungen in Höhe der Arbeitslosenhilfe zu gewähren, sei die Beklagte nicht eingegangen. Sie habe behauptet der Widerspruch sei unzulässig, da die Widerspruchsfrist versäumt sei. Der Kläger habe mit dem Schreiben vom 27.01.2005 hauptsächlich einen Neuantrag gestellt. Diesen habe die Beklagte in einen Widerspruch uminterpretiert. Unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die vom Kläger abgegebene Erklärung gem. § 428 SGB III seien dem Kläger weiterhin Leistungen in der bisherigen Höhe zu bewilligen.

Durch Gerichtsbescheid vom 26.09.2005 wurde die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht führte aus, die Beklagte habe den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 02.12.2004 wegen Fristversäumnis zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Die Zustellungsfiktion des § 37 Abs. 2 SGB X, wonach der Bescheid als mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelte, sei nicht anwendbar, da sich in den Verwaltungsakten der Beklagten kein Absendevermerk befinde. Nur durch den Nachweis, dass der Verwaltungsakt zur Post aufgegeben sei, könne der Zugang nachgewiesen werden. Da dieser Nachweis nicht möglich sei, dürfe der Widerspruch nicht als verfristet zurückgewiesen werden.

Der Bescheid vom 02.12.2004 weise jedoch keinen Rechtsfehler auf. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe über den 31.12.2004 hinaus. Der vom Kläger ...

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