Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Beamten. systembezogene annähernd gleichwertige Berücksichtigung. Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit in der beamtenrechtlichen Versorgung ist auch dann systembezogen annähernd gleichwertig zu der in der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn kein zeitlicher Gleichlauf der Berücksichtigungszeiten besteht.

 

Orientierungssatz

Kindererziehungszeiten sind aufgrund der seit dem 1.7.2014 in § 56 Abs 4 Nr 3 SGB 6 enthaltenen Fiktion, dass eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen als systembezogen annähernd gleichwertig gilt, auch dann nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung anzuerkennen, wenn die Kindererziehungszeiten in der Beamtenversorgung in einem geringeren Umfang als in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.06.2017; Aktenzeichen B 5 R 8/17 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. August 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten vom 17.03.1987 bis 16.07.1987 und 24.01.1989 bis 23.07.1989 streitig.

Die 1952 geborene Klägerin ist Mutter von sechs Söhnen, die am 1976, am 1979, am 1982, am 1984, am 1986 und am.1988 geboren wurden. Die Klägerin ist Beamtin des Landes Baden-Württemberg. Vom 01.02.1977 bis 13.06.1978 stand sie im Rahmen des Vorbereitungsdienstes in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Vom 28.07.1978 bis zum 09.08.1978 war sie zunächst in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst beschäftigt; seit dem 10.08.1978 ist sie zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt. Für die fünf jüngsten Söhne wird jeweils die Zeit von der Geburt bis zur Vollendung des sechsten Lebensmonats als voll ruhegehaltsfähige Dienstzeit im Beamtenverhältnis berücksichtigt. Die Zeiten vom 17.03.1987 bis 16.07.1987 und vom 24.01.1989 bis 23.07.1989 sind beamtenrechtlich keine ruhegehaltsfähigen Zeiten. Bei einer angenommenen Zurruhesetzung wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze mit Ablauf des 31.07.2017 würde der Ruhegehaltssatz 64,42 v.H. betragen; die fiktive Höchstgrenze des Ruhegehaltssatzes beträgt 71,75 v.H.

Am 22.08.2015 stellte die Klägerin bei der Beklagten Anträge auf Klärung ihres Rentenversicherungskontos sowie auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung. Sie gab an, die Kinder jeweils bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres erzogen zu haben. Der Ehemann der Klägerin bestätigte mit seiner Unterschrift, die Kinder nicht als anderer Elternteil überwiegend erzogen zu haben.

Mit Bescheid vom 14.11.2014 stellte die Beklagte die Versicherungszeiten bis zum 31.12.2007 verbindlich fest. Berücksichtigt wurden die Zeit von 29.05.1976 bis 31.07.1976 und vom 01.08.1976 bis 04.09.1976 wegen Schwangerschaft/Mutterschutz, die Zeit vom 01.08.1976 bis 31.12.1976 und vom 01.01.1977 bis 31.01.1977 als Pflichtbeitragszeit für Kindererziehung und die Zeit vom 10.07.1976 bis 31.01.1977 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung. Die Zeiten vom 11.09.1979 bis 18.12.1979, vom 05.07.1982 bis 11.10.1982, vom 03.08.1984 bis 09.11.1984, vom 06.08.1986 bis 12.11.1986 und vom 12.06.1988 bis 18.09.1988 wurden nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt, weil während des Mutterschutzes ein beamtenrechtliches Dienstverhältnis bestanden habe. Die Zeiten vom 01.02.1977 bis 31.07.1978, vom 01.11.1979 bis 31.10.1981, vom 01.09.1982 bis 31.08.1984, vom 01.10.1984 bis 30.09.1986, vom 01.10.1986 bis 30.09.1988 und vom 01.08.1988 bis 31.07.1990 könnten nicht als Kindererziehungszeiten vorgemerkt werden, da die Klägerin während dieser Zeit eine Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erworben habe. Die Zeiten vom 01.02.1977 bis 09.07.1986, vom 23.10.1979 bis 22.10.1989, vom 16.08.1982 bis 15.08.1992, vom 14.09.1984 bis 13.09.1994, vom 17.09.1986 bis 16.09.1996 und vom 24.07.1988 bis 23.07.1998 seien nicht als Berücksichtigungszeiten vorzumerken, da die Voraussetzungen für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe während dieser Zeiten Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften erworben.

Hiergegen legte die Klägerin am 12.12.2014 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, Erziehungszeiten, in denen sie keine Versorgungsanwartschaften erworben habe, seien nicht berücksichtigt. Hierzu legte sie eine Auskunft über die Versorgungsanwartschaft nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) vom 12.08.2014 vor, wegen deren Inhalts auf Bl. 55 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen wird.

Mit Widerspruchsbescheid...

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